In Frankreich fahren weiter viele Züge nicht, heute ist die dritte landesweite Großdemonstration angesagt. Das Land debattiert seit zwölf Tagen mit ungebrochenem Generalstreik über Emmanuel Macrons Rentenreform. Seine Bewegung „La République En Marche!“ verteilt im Land lauter Zettelchen mit vielen Häkchen, für seine PR ist alles geklärt: „Für eine einfachere, gerechtere Rente für alle“, steht da. Doch das Misstrauen gegenüber dem agilen Staatspräsidenten bleibt.
Gefunden im Handelsblatt Morning Briefing. Lassen wir für dieses mal die Rente außen vor und kümmern wir uns um den Wortwitz – klarer gesagt: den Wort-Aberwitz. An dieser Stelle ist zunächst bemerkenswert, daß in den Medien ganz überwiegend der Begriff »Reform« gutgläubig oder zumindest gutmütig aufgegriffen wird. Bolle meint, es sollte gesetzlich verboten werden, etwas als »Reform« zu bezeichnen, wenn nicht zumindest zwei Drittel der unteren Schichten davon profitieren. Alles andere sei Etikettenschwindel. Die Franzosen sind da offenbar weiter – und flugs sind wir wieder bei Wortwitz, zum zweiten: Die Franzosen mißtrauen nicht – sie durchschauen. Die „Reform“ des „agilen Staatspräsidenten“ (siehe oben) verfolgt in erster Linie den Zweck, das Rentenvolumen zu schmälern. Ob das gut und richtig bzw. womöglich gar „alternativlos“ ist – noch so ein Fall von Wortwitz – sei hier dahingestellt. Falls Ja, sollte man das aber klipp und klar auch so sagen. Das wäre im vorliegenden Fall mal eine hübsche Aufgabe „für seine PR“. Mit „lauter Zettelchen mit vielen Häkchen“ ist es dabei offenkundig nicht getan – vor allem nicht bei revolutionserprobten Franzosen. Zum Abschluß Bolles Rat an die heimische Presse: Haltet es mit Rudolf Augstein: Schreiben, was ist. Oder wechselt über zur PR. Aber das ist ein anderes Kapitel.