Manchmal ist es aber auch vertrackt. Eigentlich war unser Beitrag vom letzten Dienstag (Di 23-03-21 Hinterm Argument geht’s weiter …) ja nur als kleiner Zwischenruf gedacht. Und dann so was. Erst hat die Kanzlerin öffentlich Asche über ihr Haupt gestreut – nur um dann, in einer exklusiv gehaltenen Talkshow zur besten bildungsbürgerlichen Sendezeit, verschärft inhaltlich zu werden. Ob der Renitenz mancher Landesfürsten sei sie wahrlich not amused. Ihr Amtseid gebiete ihr, da gegebenenfalls ordnend einzuwirken. Der Journalismus 2.0, der qua Profession wohl gerne mal die sprichwörtlichen Flöhe husten hört, hat das in eine offene „Drohung“ umgemünzt, eine „Breitseite“ bzw. eine „Kampfansage“ gar – und gefolgert, die Kanzlerin wolle offenbar „mehr Kompetenzen an sich ziehen“ bzw. denke darüber nach, den Ländern „klare Ansagen“ zu machen.
Daß das nicht ganz einfach werden wird, hatten wir gestern bereits erwähnt (So 28-03-21 Die Osterruhe vor dem Sturm). Verschärfend hinzu kommen demokratie-typische Nebenbedingungen, die mit der Sache an sich rein gar nichts zu tun haben: Die Kanzlerin ist auf dem Ritt in die Abendsonne, während immerhin zwei der Landesfürsten in den Startlöchern stehen und gerne selber Kanzler werden wollen.
Und? Was macht der Journalismus 2.0? Wünscht sich in fester Kanzlerinnen-Treue ein „hartes Durchgreifen“ und nutzt ansonsten den „Flickenteppich“ munter als Fußabtreter. Geschichte? Wozu? Wir haben doch Corönchen.
David Ricardo, ein Volkswirt klassischer Provenienz, sah sich schon 1811 veranlaßt anzumerken, daß er Leuten, die überwiegend auf den Augenblick schielen, mit Skepsis begegne. Solche Leute seien notwendigerweise leichtgläubig, da sie kein Bezugssystem hätten, um ihre Fakten zu sortieren.
Und so müssen wir hören, daß sich der Föderalismus als dysfunktional erwiesen habe. Also weg damit? Das gleiche Argument allerdings ließe sich – let’s go crazy – ohne weiteres auch gegen die Demokratie, zumindest aber gegen die Gewaltenteilung an sich, vorbringen.
Zwar ist das, hoffentlich, so nicht gemeint. Aber das Muster dahinter stimmt schon bedenklich. Hier ein gegebenes Problem, das nach einer Lösung schreit. Und in der Tat ist eine Lösung in Sicht. Problem gelöst. Sollte man meinen. Wenn da nur nicht Tobin’s Argument mit dem over-all climate wäre (vgl. etwa Di 02-02-21 Von Gänseblümchen und Brennesseln). Die Abschaffung bzw. Einschränkung des Föderalismus könnte sehr leicht zu einem ganz ähnlich gelagerten Problem an irgendeiner anderen Stelle führen.
Ein Mitglied der schreibenden Zunft hat übrigens den sprichwörtlichen Vogel abgeschossen, als er, mit empörter Stimme, über Ministerpräsidenten berichtete, die tun würden, was sie für richtig halten. Ja, was denn sonst? Nur, um dann hinzuzufügen: Selbst die von der CDU. Bolle hält das in der Tat für empörend – meint dabei aber die aus berufenem Munde doch etwas seltsam anmutende Vorstellung über die Rolle von Staat und Partei in einer Demokratie. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.