So 01-01-23 Ein gutes Neues Jahr Euch allen!

Ode an die Leude …

So, Ihr Lieben. Wieder ist ein altes Jahr von hinnen geschieden. Hier zur Einstimmung auf das Neue Jahr ein Verschen für Euer virtuelles Poesiealbum. Der Text hat sich Bolle neulich regelrecht aufgedrängt zwischen einer Last-Minute-Weihnachtsgans und einer rein jahreszeitlich doch etwas deplazierten Geburtstagsfeier. Gesungen wird es nach der Melodie von „Was müssen das für Bäume sein …“, of course.

Das Jahr 2022 war ja nicht zuletzt wohl auch ein Jahr der Sprüche – namentlich was die Volksbeglückung seitens der Politik-Prominenz angeht. Wenn man schon nichts – oder doch nur wenig – kann, dann muß man den Leuten wenigstens versuchen einzureden, daß man im Grunde doch voll toll ist. Bei „63%“ – so der einschlägige Code auf Twitter – mag das sogar fruchten. Der Rest vom Volk muß dafür um so mehr leiden ob solcher leistungsfreien Anmaßungen.

Was den Text unseres Liedchens angeht, mußten wir im Interesse größtmöglicher Nähe zum Original einige harte Kompromisse eingehen. Aber was soll’s. Wobei die ›Zwiebelfische‹ übrigens gar nicht mal so unpassend sind, wie man auf den ersten und möglicherweise doch eher flüchtigen Blick hin vielleicht meinen könnte. Im engeren Sinne handelt es sich bei ›Zwiebelfischen‹ um unpassende Lettern, wie sie sich beim Bleisatz mitunter ergeben haben – etwa weil der Stift (so hießen die Lehrlinge früher) es beim Zurücklegen der einzelnen Lettern in die passenden Schachteln an der nötigen Sorgfalt hat mangeln lassen und dabei etwa ein kursives „s“ in der Schachtel für die normalen „esse“ gelandet ist – was dem Gesellen beim Setzen eines frischen Textes unmöglich auffallen konnte. Von der ursprünglichen Wortbedeutung her meint ›Zwiebelfisch‹ allerdings ›minderwertige Ware‹. Von hier aus aber ist es nicht allzuweit zur Übertragung auf ›Leute, vor denen man nicht allzu ehrerbietig den Hut zu ziehen braucht‹. Damit ist eine rein sachliche Feststellung gemeint, of course, und nicht etwa ein wie auch immer gearteter möglicher Mangel an „Wertschätzung“ per se im weitesten Sinne. Bolle ist schließlich altmodisch genug zu meinen, daß Wertschätzung etwas ist, das man sich erwerben muß – und nicht etwa leistungsfrei und mit frecher Stirn mal eben so „einfordern“ kann.

Und damit wären wir mittenmang beim ›Demokraten-Profil‹ (vgl. Mi 21-12-22 Das einundzwanzigste Türchen …). Dort hatten wir (1) Urteilsfähigkeit, (2) Souveränität und (3) Freiheit von übertriebener Bangbüchsigkeit als das Holz bestimmt, aus dem sich Demokraten schnitzen lassen. An dieser Stelle liegt – davon ist Bolle mehr denn je überzeugt – wohl doch noch einiges im Argen. Aber nächstes Jahr wird ja bekanntlich alles besser, of course.

Soviel für heute. Wir wünschen Euch ein gutes Neues Jahr. Auch werden wir, versprochen ist versprochen, in Bälde wieder voneinander hören – falls uns bis dahin nicht der Himmel auffen Kopp fallen sollte. Möglich wär’s sehr wohl – beim gegenwärtigen Zustand von Volk und Vaterland (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course). Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mi 21-12-22 Das einundzwanzigste Türchen …

Die Grenzen der Demokratie …

Hier der Vollständigkeit halber zunächst der ›Schiller‹, auf den sich Blumenthal gestern bezogen hatte (vgl. Di 20-12-22 Das zwanzigste Türchen …), im Zusammenhang. Wir wollen Euch das nicht vorenthalten – auch wenn es in dieser Verdichtung etwas deprimierend klingen mag.

Was also wären die Anforderungen, die an das Volk zu stellen sind, damit Demokratie, die mehr ist als nur ein Partizipations-Placebo oder gar nur eine fluffige Umschreibung für ›Herrschaft der Guten‹, funktionieren bzw. „gelingen“ kann – wie es in anderen Zusammenhängen in herrlichem Neusprech immer so schön heißt?

Eigentlich sind es, auf den Punkt gebracht, nur drei Zutaten, die nicht nur höchst wünschenswert wären, sondern die uns nachgerade unverzichtbar erscheinen wollen.

Zum einen bräuchte das Volk eine hinreichend ausgebildete Urteilsfähigkeit. Hierbei handelt es sich im Grunde nur um einen altmodischeren Ausdruck für das, was wir gestern ›prognostische Kompetenz‹ genannt haben.

Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Bolle hat einige Jahre in Folge bei Einführungsveranstaltungen für Erstsemester den folgenden running gag zum Besten gegeben: „Im wesentlichen geht es hier um Lesen, Schreiben, Rechnen.“ Damit hatte er erst mal einen Lacher. Einen leicht irritierten Lacher zwar – aber immerhin einen Lacher. Aber wie so oft ist auch hier der Scherz das Loch, durch das die Wahrheit pfeift. Urteilsvermögen fällt nicht vom Himmel und wächst auch nicht auf Bäumen. Vielmehr muß es sich entwickeln. Und das kann ganz schön dauern.

Zum zweiten bräuchte es eine gewisse Souveränität. Im Grunde liegt das mehr als nahe. Schließlich ist das Volk der Souverän. Und was wäre ein Souverän ohne Souveränität? Für den Anfang wäre schon einiges mit hinreichender Resistenz gegen Gruppendruck sowie einem gesunden Mißtrauen gegenüber aufgeblasenen Autoritäten gewonnen. Wenn alle (oder furchtbar viele) mit den Wölfen heulen, so sollte das für einen souveränen Souverän noch lange kein Grund sein einzustimmen. Und Autoritäten kochen schließlich auch nur mit Wasser.

Und drittens und letztens schließlich wäre eine hinreichende Freiheit von Bangbüchsigkeit – wir könnten auch sagen: Freiheit von Schissertum – wünschenswert. Genau so, wie es Friedrich von Logau (1605–1655) seinerzeit so trefflich auf den Punkt gebracht hat (vgl. dazu auch unser Türchen vom letzten Jahr: Mo 20-12-21 Das zwanzigste Türchen …).

Leb ich / so leb ich!
Dem Herren hertzlich;
Dem Fürsten treulich;
Dem Nechsten redlich;
Sterb ich / so sterb ich!

Warum ist das so? Nun – wer Schutz durch seinen Nächsten sucht, wird vor allem Herrschaft ernten.

Fassen wir zusammen: Urteilsfähigkeit, Souveränität sowie Freiheit von übertriebener Bangbüchsigkeit. Das in etwa ist das Holz, aus dem sich Demokraten schnitzen ließen, die mehr sind als nur gelegentliche Kreuzchen-Macher. Man könnte es auch so formulieren: Ein Demokrat braucht unbedingt ein Mindestmaß an agnostisch-kontemplativer Grundstimmung. Damit aber sind wir – Bolle meint, man kann das schwerlich anders sehen – himmelweit von den Zuständen in der hierzulande real existierenden Demokratie entfernt. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Di 20-12-22 Das zwanzigste Türchen …

Mehr oder minder …

Wir haben uns in diesem Jahr an dieser Stelle ja vergleichsweise gründlich mit der Klärung der Dreifaltigkeit ›Demokratie / Rechtsstaat / Verfassungsstaat‹ befaßt – einer der ersten Mehrteiler in unseren agnostisch-kontemplativen Frühstückchen überhaupt – und dabei festgestellt, daß da begrifflich doch noch einiges im Argen liegt. Wie aber soll konfusem bzw. diffusem Denken jemals klares Handeln entspringen?

Wir wollen unsere Trias morgen mit einem vierten Teil abschließen und uns dabei zweierlei fragen: Erstens, wie kann es sein, daß eine Trias aus vier Teilen besteht? Nun, das ist leicht erklärt: Seit Douglas Adams 1992 – also vor nunmehr 30 Jahren schon – den gar fünften Teil seiner Trilogie ›Per Anhalter durch die Galaxis‹ herausgegeben hat, sollten wir uns an derlei längst gewöhnt haben. Der Konfusionen gibt es durchaus drastischere.

Zweitens und vor allem aber wollen wir uns fragen, wie wir uns den Dreh- und Angelpunkt einer Demokratie (im weiteren Sinne) vorstellen wollen – den leibhaftigen Souverän. Ist das einer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course), der einen Stift halten und ein Kreuzchen machen kann? Oder sollten wir die Latte hier nicht vielleicht ein wenig höher legen?

Begnügen wir uns für heute mit einem kleinen Gedankenexperiment. Stell Dir vor, Du seiest Mitglied eines 11-köpfigen Mikrokosmos und ihr habet Euch voll und ganz der Demokratie-Idee verschrieben. Alle Entscheidungen werden ausnahmslos per Mehrheitsbeschluß getroffen. Alles, was mindestens 6 Stimmen auf sich vereinigen kann, wird also gemacht. Alles andere nicht. Stimmengleichheit sei ausgeschlossen, da alle, so wollen wir annehmen, aus guter demokratischer Überzeugung an jeder Abstimmung teilnehmen und Stimmenthaltungen völlig verpönt sind und nie vorkommen.

So weit, so gut. Nun stell Dir vor, einer von Euch verfüge über eine geradezu überschießende prognostische Kompetenz. Der Einfachheit halber wollen wir annehmen, daß Du selbst das bist – obwohl es hierauf nicht ankommt. Not unlike Kassandra ist Dir immer klar, welche Konsequenzen eine bestimmte Entscheidung kurz-, mittel- und auch langfristig haben wird. Unter diesen Umständen wäre es gar nicht so einfach, Euch ein, sagen wir, trojanisches Pferd unterzujubeln.

Allerdings liegt hier die Betonung auf „wäre“. Annahmegemäß unterliegt ja auch diese Entscheidung dem Mehrheitsbeschluß. Was aber, wenn der Rest Deines Mikrokosmos von der netten Geste des Absenders völlig entzückt ist oder von der filigranen Maserung des Holzes fasziniert – und sich nach dem Motto „Ein Pferd ist nie verkehrt“ durchaus für die Aufnahme selbigens in Eure heiligen Hallen erwärmen kann?

Hier hilft kein Zetern und kein Schreien, kein Haareraufen und kein Kleidzerreißen (wie es bei Esra 9, 3 in einem ähnlich gelagerten Fall heißt). Wenn es Dir also nicht gelingt, wenigstens fünf Deiner Stammesbrüder (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) von Deiner besseren Einsicht zu überzeugen, dann steht es schlecht um die Entwicklungsperspektiven Eures Stammes.

Natürlich ist ein solches Verfahren zumindest anstrengend – zuvörderst für Dich, letztlich aber auch für Deine Sippe. Geschmeidige Entschließung stellt sich Bolle anders vor – von „Effizienz“ gar nicht zu reden. Kurzum: ob und inwiefern Du für Dich und Deinen Mikrokosmos Erfolg haben wirst mit Deiner prognostischen Kompetenz, hängt nicht allein von Deinen Fähigkeiten ab – die wir hier im Gedankenexperiment als gegeben unterstellt haben – sondern gleichermaßen von der Einsichtsfähigkeit des Dich umgebenden Volkes.

Das aber wirft unmittelbar die Frage auf, welche Anforderungen an das Volk zu stellen sind, damit Demokratie, die mehr ist als nur ein Partizipations-Placebo oder gar nur eine fluffige Umschreibung für ›Herrschaft der Guten‹, funktionieren kann. Das wollen wir morgen kurz skizzieren. Für heute nämlich wär das doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mi 14-12-22 Das vierzehnte Türchen …

Das Ich und der andere (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)

Vor lauter Demokratie haben wir fast vergessen zu definieren, was wir uns denn unter den Leuten, die in einer Demokratie leben, vorzustellen haben – im günstigsten Falle also den Demokraten. Ein ›Demokrat‹ ist nach landläufiger Auffassung ›ein Anhänger der Demokratie‹. So gesehen kann Bolle schon mal kein Demokrat sein – weil er ja schon Agnostiker ist und damit jeglicher Form von „Anhängerschaft“ abhold.

Probieren wir es also eine Nummer kleiner und definieren: Ein Demokrat ist ›einer, der davon überzeugt ist, daß die Demokratie die beste aller möglichen Staatsformen ist‹. Auch hier muß Bolle passen. Wie wir ja gesehen haben, läuft Demokratie – zumindest so, wie wir sie gegenwärtig erleben müssen – auf eine Staatsorganisationsform mit institutionalisiertem Partizipations-Placebo hinaus. Dummerweise ist Bolle in diesen Dingen viel zu bewandert, um diesen Köder zu schlucken – und schon gar nicht freudig. Mit ›Herrschaft der Guten‹ und ähnlichen Entgleisungen soll man Bolle natürlich ohnehin nicht kommen, of course.

Probieren wir es also noch eine Nummer kleiner: Ein ›Demokrat‹ ist ›einer, der davon überzeugt ist, daß informierte und verständige Bürger ihre Geschicke selbst bestimmen und den jeweils Herrschenden gerade eben so viel Macht einräumen sollten wie eben nötig ist, um den Laden zusammenzuhalten‹. Hier wäre Bolle schon eher dabei. Obwohl – auch das wirft Fragen auf. Ganz zuvörderst natürlich die Frage, was wir uns denn unter einem ›informierten und verständigen Bürger‹ vorstellen wollen. Versuchen wir es mit einer Abgrenzung von hinten: zumindest also jedenfalls keinen, der alles frißt, was ihm die jeweiligen Herrschenden im Laufe der Zeit so alles aufzutischen belieben.

Und schon haben wir ein nettes kleines Anschlußproblem: ›informierte und verständige Bürger‹ fallen nicht vom Himmel und wachsen auch nicht auf Bäumen. Hier gäbe es durchaus einiges zu tun – und damit meint Bolle nicht die Digitalisierung der Klassenzimmer. Nicht, daß der Demokratie demnächst womöglich noch die Demokraten ausgehen …

Volksvertreter, die das Volk mit TikTok-Clips bei Laune halten wollen – lustig, lustig, traleralera! – wollen sich jedenfalls nicht ganz so gut in Bolles Demokraten-Verständnis fügen. Ebensowenig wie die Tendenz, alles, was einem nicht perfettamente ins Weltbild paßt, nonchalant unter den Tisch zu kehren oder als „verschwörerisch“ bzw. gar „demokratiefeindlich“ abzukanzeln. Den Standpunkt des anderen verstehen zu können geht jedenfalls anders. Verstehen können heißt ja nicht einnehmen müssen. Aber für manchen ist offenbar selbst das schon „zu komplex“. Und so kommt es, daß im Namen der Einigkeit aller aufrechten Demokraten der Begriff an sich ad absurdum geführt wird.

Und überhaupt: als ob „Einigkeit“ eine originär „demokratische“ Tugend wäre. Übertriebene Einigkeit kennzeichnet wohl eher totalitäre Systeme. Und so berühren sich die Enden. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Di 13-12-22 Das dreizehnte Türchen …

Dussel und Denken.

Wir wollten es heute und möglichst auch in den kommenden Tagen ja etwas gemütlicher angehen lassen. Schließlich ist bald Weihnachten.

Kürzlich erst (vgl. Sa 10-12-22 Das zehnte Türchen …) haben wir darauf hingewiesen, daß bei unklarem Denken schwerlich mit klarem Durchblick und erst recht nicht mit folgerichtigem Handeln zu rechnen ist. Dabei ist ›Dusseldenk‹ natürlich ein Widerspruch in sich – aber irgendwie muß man die wahrgenommene Wirklichkeit ja begrifflich fassen. Insofern ist das leider unvermeidlich. Auch könnte der Begriff auf manchen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) leicht abwertend wirken. Aber auch das läßt sich nicht ändern. Immerhin hat Bolle sich alle Mühe gegeben, das Phänomen sprachlich so freundlich und so gefällig wie möglich zu fassen. Als stilistische Vorlage mußte dabei übrigens Orwells ›Doppeldenk‹ herhalten – die ältere deutsche Übersetzung von ›doublethink‹. Später wurde daraus ja bekanntlich ›Zwiedenk‹ – was für unsere Zwecke aber rein gar keine Rolle spielt, da es uns hier um eine rein sprachliche Anlehnung gehen soll.

Nun beginnt unklares Denken regelmäßig mit unklaren bzw. gar nicht erst vorhandenen Definitionen. Hier ein Beispiel aus dem richtigen Leben: Neulich erst hat ein durchaus prominenter und auch an Lebensjahren gereifter Ex-Minister in einer der Polit-Plaudertaschenrunden folgendes zum Besten gegeben: „Die gehen nicht mehr zur Wahl, die wählen AfD – die wollen unsere Demokratie zerstören.“ So etwas geht natürlich nur mit Dusseldenk – denn erstens steht es dem Souverän frei, ob er überhaupt wählen will. Zweitens steht es ihm frei, was er wählen will. So viel Souveränität muß sein. Und drittens schließlich ist so etwas wie „unsere Demokratie“ ein Widerspruch in sich. Eine Demokratie, die man mit einem Possessivpronomen („unsere“) fassen kann, kann keine Demokratie im definierten Sinne sein – allenfalls im Sinne von ›Herrschaft der Guten‹. Das allerdings wäre albern. Hätte er gesagt: „Die wollen unsere Regierung abwählen“ („zerstören“ ist wohl ein zu hartes Wort dafür): Keine Einwände. Hat er aber nicht gesagt – und, wie’s scheint, offenbar auch nicht gemeint.

Und? Was machen die anderen Plaudertaschen? Nicken beifällig in die Runde. Aufrechte Demokraten unter sich. Und dann wundern sich die Leute, daß das Publikum abschalten und lieber Weihnachtslieder hören oder gar singen mag. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mo 12-12-22 Das zwölfte Türchen …

Die Katze und der Schwanz.

Heute kommen wir – pünktlich zur Halbzeit unseres diesjährigen virtuellen agnostisch-kontemplativen Adventskalenders – zum letzten Teil unserer Trias.

Wir haben gesehen, daß das Beste, was man über ›Demokratie‹ sagen kann, ist, daß sie ein solides Partizipations-Surrogat liefert. Alle dürfen glauben, daß sie was zu sagen haben. Tatsächlich zu sagen haben sie aber wenig. Immerhin fühlt es sich besser an als die schiere Ohnmacht. Auch haben wir gesehen, daß ›Demokratie‹ schon deshalb nicht ›Herrschaft des Volkes‹ bedeuten kann, weil es „das Volk“ als Entität schlechterdings nicht gibt. Also bleibt nur ›Herrschaft der Mehrheit‹. In ›Bolles lästerlichem Lexikon‹ heißt es dazu:

Demokratie ist die Unterwerfung der Minderheit durch die Mehrheit.

Das ist wohl noch die ehrlichste Definition.

Was den ›Rechtsstaat‹ angeht – also die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive – haben wir gesehen, daß es eine solche Gewaltenteilung in Deutschland und den meisten europäischen „Demokratien“ einschließlich der EU schlechterdings nicht gibt. Vielmehr gilt das Prinzip „one fits all“. Die Regierung macht sich selber die Gesetze, nach denen sie sich dann ganz rechtsstaatlich richtet.

Beides zusammengenommen kann natürlich leicht dazu führen, daß sich ein ganzes Land samt seiner Verfassung in Windeseile weit von einem „Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ (Merkel 2017), entfernt. Betrachten wir nur die Lässigkeit, mit der in den letzten Jahren praktisch sämtliche Grundrechte mal eben auf Eis gelegt wurden. Aber gab es nicht gute Gründe? Durchaus. Aber „gute Gründe“ gibt es immer. Wo ein Wille ist, ist schließlich immer auch ein Argument. Juristen lernen das schon in der Ausbildung. So heißt es etwa in § 28 IfSG (Infektionsschutzgesetz), daß „die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen“ trifft und daß dafür die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Art 2 II S. 1 GG), der Freiheit der Person (Art 2 II S. 2 GG), der Versammlungsfreiheit (Art 8 GG), der Freizügigkeit (Art 11 I GG) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 I GG) „insoweit eingeschränkt“ werden.

Wie wir sehen können, ist alles rechtsstaatlich sauber geregelt. Die Regierung (einschließlich der Behörden) müssen sich an die Gesetzeslage halten. Dumm nur, daß so etwas wie „die notwendigen Schutzmaßnahmen“ eine sogenannte Generalklausel ist. Was immer die „zuständige Behörde“ für „notwendig“ halten mag, kann sie als „Schutzmaßnahme“ anordnen. Daß die Grundrechte dabei auf der Strecke bleiben, ist dann halt so: Excusez, mon ami, mais c’est la guerre – Entschuldige, mein Lieber, aber wir befinden uns im Krieg (Wilhelm Busch: ›Monsieur Jacques à Paris während der Belagerung im Jahre 1870‹).

›Verfassungsstaat‹ bedeutet, daß der Gesetzgeber an einen „Grundbestand überpositiven Rechts“ – also Recht, daß sich die Regierung in Gestalt des Gesetzgebers nicht mal eben so selber ausdenken kann – gebunden ist. So sieht es (oder so sah es zumindest) auch das Bundesverfassungsgericht. Auch dann nicht, wenn die Regierung die Mehrheit des Volkes hinter sich weiß? Auch dann nicht. Warum nicht? Weil das offenbar die einzige Möglichkeit ist, die stets drohende ›Unterwerfung der Minderheit durch die Mehrheit‹ zumindest in Grenzen zu halten.

Fassen wir unsere kleine Trias zusammen: Da haben wir es mit einer ›Demokratie‹ zu tun, die im Grunde nur für ein Partizipations-Placebo steht, einem ›Rechtsstaat‹, der der Idee der Gewaltenteilung spottet, und einem ›Verfassungsstaat‹ mit seiner Idee von „unverhandelbaren Werten“, die auch durch eine Mehrheit nicht gekippt werden können – von denen sich aber niemand traut, klar zu sagen, welche Werte genau das sein sollen. Kurzum: Wenn das System kippt, dann kippt es eben. Da helfen weder Demokratie noch Rechtsstaat und auch kein Verfassungsstaat. Damit wären wir bei Luhmann: Das System erzeugt die Elemente, aus denen es besteht, mittels der Elemente, aus denen es besteht.

Lohnt es sich, dafür zu sterben? Oder wenigstens zu frieren? Bolle findet: Thanks, I’m fine. Und welche Rolle spielt dabei die Presse, die sogenannte 4. Gewalt? Die knappe Antwort: Eine tragende – was durchaus alles andere als complimentary gemeint ist. Das aber sind dann doch schon wieder ganz andere Kapitel.

So 11-12-22 Das elfte Türchen – der dritte Advent …

Geh Er (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) nur brav zur Wahl …

Kommen wir heute zum 2. Teil unserer Trias ›Demokratie/Rechtsstaat/Verfassungsstaat‹ – dem Rechtsstaat. „Ein Rechtsstaat ist ein Staat, der einerseits allgemein verbindliches Recht schafft und andererseits seine eigenen Organe zur Ausübung der staatlichen Gewalt an das Recht bindet.“ So steht es gleich einleitend bei Wiki – und so ist es auch recht gut auf den Punkt gebracht.

Und so stellt man sich das auch gerne vor: Rechtsstaatlichkeit bedeutet demnach, daß die Regierung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln darf. Kurzum: Die Legislative begrenzt die Macht der Exekutive. Mal eben so par ordre du mufti zu regieren ist also ebenso ausgeschlossen wie Absolutismus-Allüren aller Art, allen vorweg Ludwig XIV (1643−1715) mit seinem Motto L’etat c’est moi. Im Grunde doch ein schöner Fortschritt!

Das Problem an dieser Stelle: Wer oder was hält die Regierung davon ab, zunächst die passenden Gesetze zu verabschieden, um dann im Anschluß völlig gesetzeskonform, also rechtsstaatlich zu agieren? Nach dieser Definition wäre wohl durchaus auch die DDR als Rechtsstaat einzustufen, ebenso wie heute beispielsweise China oder Nordkorea oder – let’s go crazy – etwa das Dritte Reich. Auch hier hatte alles seine gesetzliche Grundlage – dafür haben die Juristen schon gesorgt. Die Antwort fällt ausnahmsweise einmal leicht: Die Regierung ist für die Gesetzgebung nicht zuständig – sie hat sich lediglich an die Gesetze zu halten.

Dumm nur, wenn es sich – wie das in Deutschland regelmäßig der Fall ist – bei Legislative und Exekutive um dieselben Leute handelt. In der Tat werden in Deutschland die allermeisten Gesetzesvorlagen von der Regierung (!) eingebracht. Das kann man sich gar nicht klar genug machen!

Bolle war als junger Jura-Student Teilnehmer einer Veranstaltung einer parteinahen Stiftung einer großen Volkspartei. Dort meinte einer der Seminarleiter jovial, natürlich gebe es in Deutschland keine Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative im herkömmlichen Sinne. Vielmehr handele es sich bei Lichte betrachtet eher um eine „Funktionenteilung“. Bolle fand das damals schon listig formuliert. Gleichwohl war ihm dabei unwohl. Und so ist es heute noch.

Das einzige gewaltenteilerische Element in Deutschland ist die Zustimmungspflicht des Bundesrates bei manchen Gesetzen. Hier kann es durchaus sein, daß im Bundesrat andere parteipolitische Mehrheiten herrschen als im Bundestag – Regierungsvorlagen also nicht einfach so durchgewunken werden können. So etwas ist aus Regierungssicht natürlich lästig. Wie soll man da „durchregieren“ können? Und so begab es sich zum Beispiel 2017 allen Ernstes, daß die designierten Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag einen „Pakt für den Rechtsstaat“ vereinbart hatten – mit dem einzigen Zweck, einen womöglich widerspenstigen Bundesrat gleich im Vorfeld entsprechend einzubinden. Erklärter Sinn der Sache war natürlich, „den Rechtsstaat handlungsfähig [zu] erhalten“ und „das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie“ zu stärken. Bolle könnt‘ glatt kotzen. Aber wo ein Wille ist, da ist eben auch ein Argument.

Fassen wir zusammen: Nachdem wir gestern kaum ein gutes Haar an der Demokratie gelassen haben: Warum sollte es ausgerechnet dem Rechtsstaat besser ergehen? Bleibt noch der ›Verfassungsstaat‹, den wir uns für morgen aufheben wollen. Schließlich handelt es sich dabei wiederum um ein ganz anderes Kapitel.

Sa 10-12-22 Das zehnte Türchen …

Kurzdialog: — Bolle ist doof! — Definiere ›doof‹.

Hier also – wie vorgestern schon erahnt und gestern regulär angekündigt, der erste Teil unserer kleinen Trias ›Demokratie/Rechtsstaat/Verfassungsstaat‹.

›Demokratie‹ gehört – man kann das wohl kaum anders sagen – linguistisch gesehen zur Gruppe der meliorativen Blähwörter: Klingt gut bzw. soll gut klingen, ist dabei aber wenig trennscharf. In Bolles Kreisen spricht man auch von „Wünsch-Dir-was“-Wörtern. Die systematische Verwendung solcher Begriffe nennt man ›Waber-Laber‹. Dabei ist derartiger Sprachgebrauch gar nicht mal so selten: Prominente Beispiele wären etwa ›Leistung‹ (als Grundbegriff der „Leistungsgesellschaft“) oder auch ›Wettbewerbsfähigkeit‹ (als Grundbegriff wirtschaftspolitischer Ausrichtung).

Damit eignet es sich als Begriff hervorragend zur Errichtung quasi-staatsreligiöser Systeme. Wenn man der kontemporären Polit-Prominenz oder auch weiten Teilen der Presse so zuhört, könnte man meinen, ›Demokratie‹ sei so etwas wie die ›Herrschaft der Guten‹ (vgl. dazu auch So 06-12-20 Das sechste Türchen — Nikolausi …). So krass darf man das natürlich nicht sagen, of course – auch wenn „gefühlt“ genau das gemeint ist: Israel als einzige Demokratie im Nahen Osten, Indien als größte Demokratie in Fernost, etc. bla bla – immer im Gegensatz zu den weniger Guten.

Was aber meinen wir inhaltlich, wenn wir von ›Demokratie‹ reden? Ganz wörtlich die Herrschaft des Volkes, of course. Dabei gilt es als zulässig, wenn das Volk zumindest mittelbar herrscht, indem es seine Herrscher alle Jubeljahre einmal wählen geht.  Diese Lesart hat übrigens auch Popper überzeugt – der die Vorzüge einer Demokratie ganz bescheiden darin sieht, daß es möglich ist, die Herrschenden bei Mißfallen „ohne Blutvergießen“ abwählen zu können.

Dumm nur, daß nach dieser Definition Deutschland eben keine Demokratie wäre. In Deutschland kann man nur seine Legislative wählen – die dann wiederum aus ihren Reihen eine Regierung bildet. In den USA zum Beispiel ist das anders. Da wird der Präsident (fast) direkt vom Volk gewählt, und zwar jeweils zeitversetzt – so daß es nicht selten vorkommt, daß Regierung und Parlament verschiedenen Lagern entstammen. In Deutschland dagegen kann man seine Regierung nur abwählen, indem man zunächst andere Parteien in die Legislative wählt. Was die dann damit machen – von Koalitionsbildungen bis hin zur Bestimmung des Regierungschefs – steht weitestgehend in den Sternen.

Was ist dann der Inhalt? Das Zauberwort heißt ›Partizipation‹. Gib den Leuten um Dich herum – egal, ob wir hier von einem Staatswesen reden, einem Unternehmen oder auch nur einer Familie – das Gefühl, daß sie auch was zu sagen haben, und schon werden sie Dir sehr viel williger folgen. Das Gefühl reicht völlig – wirklich zu sagen haben müssen sie nichts. In Bolles Kreisen sind das elementare sozialpsychologische Einsichten. Die Frage ist: kann man auf ein so windiges und so leicht zu durchschauendes Konzept eine ganze Staatsreligion aufbauen? Die Antwort: man kann, wie’s scheint. Auf der „gefühlten“ Ebene liegt die intellektuelle Latte nun mal nicht allzu hoch. Dazu ein Kurzdialog zwischen den drei Königen aus dem Morgenlande – wie ihn Lilli Bravo aufs Feinste auf den Punkt gebracht hat:

Der erste König: „Ein fliegendes Kind im Nachthemd möchte, daß wir dem Baby einer Jungfrau Geschenke bringen.“ — Der zweite: „Crazy! Ich bin dabei!“ — Der dritte: „Klingt plausibel.“

Wie wir unschwer erkennen können – zumal jetzt zur Weihnachtszeit der Christenmenschen, stehen auch andere große Ideen kognitiv auf eher tönernen Füßen. Darauf also kommt es offenbar nicht an. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Do 08-12-22 Das achte Türchen …

Schlag nach bei Churchill …

Der Scherz ist oft das Loch, durch das die Wahrheit pfeift (vgl. dazu auch Fr 25-10-19 Besorgte Demokraten). Die Chinesen wußten das schon immer. Nur daß der Scherz mitunter als regelrechter Schmerz rüberkommt. So auch gestern. Bolle war mal wieder kurz ein paar Wege besorgen. Nichts Großes: Nur Shoyu und Schrippchen fürs vorweihnachtliche Frühstückchen. Und es begab sich Folgendes: Der halbe Liter Shoyu sollte 6,99 Euro kosten. Bolle wollte mit einem Zehner bezahlen und der Kassierer richtigerweise 3,01 Euro rausgeben. Da fiel Bolle auf, daß er noch ein 2-Euro-Stück im Kleingeldfach hatte. Also schob er das dem Kassierer rüber. Der blickte nur halb verwundert und halb irritiert. Da half auch Bolles Hinweis nichts, daß sich so das Wechselgeld geschmeidiger gestalten ließe. Nach einer kurzen Erläuterung wartete der Kassierer mit dem Argument auf, er habe nur noch wenige 5-Euro-Scheine. Also! Woraufhin Bolle einen weiteren 5-Euro-Schein zum Besten bot. Das aber war jetzt wirklich zu viel. Unter Schmerzen trennte sich der Kassierer lieber von einem seiner letzten 5-Euro-Scheine. Damit hätte die Shoyu-Transaktion finanziell abgeschlossen sein können. Gleichwohl bot Bolle an, nunmehr zwei 5-Euro-Scheine gegen einen Zehner zu tauschen. Da sich die Sachlage für unseren Kassierer jetzt doch wieder deutlich übersichtlicher gestaltete, ging er gerne darauf ein. So kam es, daß Bolle unter dem Strich eine Rechnung über 6,99 Euro unter Hingabe von 17 Euro beglichen, dafür portjuchhe-schonende 10,01 Euro Wechselgeld erhalten und gleichzeitig die 5-Euro-Not des Kassierers zumindest ein wenig gelindert hat.

Auf mögliche Weiterungen wollen wir hier und heute gar nicht eingehen. Bolle sieht so etwas ja immer gleich demokratie- bzw. staatsorganisationstheoretisch. Wenn hinreichend viele Bürger im Lande ähnlich helle sind – und manches spricht nach 50 Jahren Bildungskatastrophe sehr dafür – wie wollen die dann jemals ernstliche Probleme lösen oder auch nur wählen gehen? Wir werden darauf zurückkommen.

›Portjuche‹ ist übrigens ein „richtiges“ Wort. Wie kann man das wissen? Nun, indem man etwa bei DWDS (Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache) nachschlägt. Dort heißt es, der Begriff sei ›umgangssprachlich, scherzhaft, veraltend‹ für ›Portemonnaie‹ und im übrigen sehr selten. Allerdings hat Bolle eine ausgesprochene Schwäche für aussterbende Wörter. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Sa 18-12-21 Das achtzehnte Türchen …

Hört auf Lehrer Lämpel — hört auf die Wissenschaft!

Bei unserem heutigen Türchen handelt es sich um den Kern vom »Schluß« von Wilhelm Buschs »Max und Moritz«, of course. Ein Wunder, daß das noch nicht auf dem Index steht – von wegen etwa der vierte Streich mit der Explosion von Lehrer Lämpels Meerschaumpfeife:

Nase, Hand, Gesicht und Öhren
Sind so schwarz als wie die Möhren.

Das ist zwar inhaltlich nicht gaanz richtig – Möhren sind eher gelb-orange – aber bitteschön. Wenn’s den kontemporären Befindlichkeiten dient …  Und ist nicht schon Wilhelm Busch im Namen von Schwester Ästhetik recht freizügig mit der Sprache umgegangen? Bolle meint: Was der Ästhetik recht ist, ist der Ethik billig. Oder etwa nicht?

Neulich hat Bolle, ganz am Rande nur, natürlich, mit einem Öhr in eine Talkshow reingehört. Da saßen sie alle, die alten weißen Männer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) und konnten sich vor seliger Selbstgerechtigkeit gar nicht einkriegen zu betonen, wie unverständlich doch das Unverständnis der Unwilligen sei. In Bolles Kreisen nennt man so etwas „mangelnde Akkuratesse der Sozialperspektivität“ – das völlige Unvermögen, sich eine andere als die eigene Perspektive auch nur vorstellen zu können. Eine Fähigkeit übrigens, die unter Primatenforschern als Zeichen von Intelligenz gilt. Daß man überdies anderen Perspektiven unmöglich mit Argumenten beikommen kann, hatten wir neulich schon (vgl. Do 16-12-21 Das sechzehnte Türchen …) anhand eines sehr schlichten Exempels geklärt. Doch weiter mit unserer Talkshow: Dort hieß es, man müsse dem „mit allen Mitteln des Rechtsstaates entschlossen entgegentreten“. Schließlich gelte:

In Gefahr und großer Noth
Bringt der Mittel-Weg den Tod.

Wenn das kein hübsches Motto für eine verhagelte Schönwetterdemokratie ist …  Der Spruch stammt aus Friedrich von Logaus (1605–1655) umfangreicher Epigramme-Sammlung. Da steht übrigens durchaus noch einiges mehr – wie etwa:

Leb ich / so leb ich!
Dem Herren hertzlich;
Dem Fürsten treulich;
Dem Nechsten redlich;
Sterb ich / so sterb ich!

Das hätte ohne weiteres auch vom Erlöser der Christenmenschen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) stammen können – wenn auch vielleicht etwas gleichnishafter formuliert. Von Logau für sein Teil war vom 30-jährigen Krieg (1618–1648) gestählt und hatte offenkundig noch Koordinaten im Kopp. Bolle meint: Mit solchen Leuten in Talkshows würd ick doch glatt mit mehr als nur nem halben Öhr hinhören. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …