Der Osten hat gewählt. Fast möchte man sagen: schon wieder. Letzten Sonntag duften wir die dritte Wahl binnen dreier Wochen (plus einem Tag) erleben. Dabei hat eine solche Häufung einiges für sich. Wie unter dem Brennglas erschließt sich dem Beobachter die Stimmung im Volke.
Und? Was ist passiert? Grob gesagt könnte man sagen: Ene mene Miste, es rappelt in der Kiste. Die FDP ist aus allen drei Parlamenten geflogen, die Grünen und die Linke aus immerhin zwei Parlamenten. Allein die Volkspartei SPD ist nirgends rausgeflogen. In zwei Parlamenten ist sie mit 6 bzw. 7 Prozent der 5%-Hürde allerdings bedenklich nahegekommen.
Was die Exekutive angeht – also das, was das Wahlvolk eigentlich interessiert: In allen drei Parlamenten wurden die bestehenden Regierungen abgewählt. Zwar hat sich die Polit-Prominenz nach Kräften bemüht, sich die Ergebnisse schönzusäuseln. Allein die Schockwellen reichten bis nach Berlin. Dort wurde im Rahmen der üblichen Ränkespiele dem Parteivorstand der Grünen ein Rücktritt – gewissermaßen für Volk und Vaterland, zumindest aber im Hinblick auf die Wahlen nächstes Jahr – verordnet, und der Vorstand der Jung-Grünen ist nicht nur zurück-, sondern gleich ganz aus der Partei ausgetreten. Kurzum: das große Flattern allerorten.
Dabei könnte alles so einfach sein. Wenn das Volk sich aus rein praktischen Gründen schon nicht selber regieren kann, dann sollte es wenigstens entscheiden können, wer es regieren soll, beziehungsweise zumindest, wer es nicht länger regieren soll.
Karl Popper hatte das seinerzeit wie folgt auf den Punkt gebracht: Sinn und Zweck einer Demokratie bestehe darin, daß es dem Volke als Souverän möglich sei, die Herrschenden gegebenenfalls „ohne Blutvergießen“ abwählen zu können.
Nun ist der Deutsche (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) an sich ja wirklich kein Revolutionär. So soll Lenin einmal gesagt haben: „Revolution in Deutschland? Das wird nie was. Bevor die Deutschen einen Bahnhof besetzen, lösen sie erst mal eine Bahnsteigkarte.“
Aber davon ab: Die Herrschenden bei Mißfallen ohne Blutvergießen auszutauschen ist in Deutschland – anders als etwa in den USA – ohnehin nicht möglich (vgl. dazu etwa Sa 10-12-22 Das zehnte Türchen …). Das einzige, was in Deutschland möglich ist, ist eine Verschiebung der Machtverhältnisse in der Legislative. Die Herrschenden werden dort gewählt bzw. (via Koalitionsverhandlungen) ausgekungelt.
Und diese Kungeleien können durchaus absurde Züge annehmen. Um bloß nicht das zu machen, was das Volk will, soll nun ebenso plötzlich wie nolens volens zusammenwachsen, was wohl wirklich nicht zusammengehört. Die seriöseren unter den politischen Beobachtern munkeln schon, daß die Zustände in Deutschland auf ein Zwei-Parteien-System hinauslaufen: Die Blockparteien beliebiger Couleur auf der einen Seite, die AfD auf der anderen.
Mit Hinblick auf drei Jahre – man möchte sagen – Ampelmurks sind durchaus Zweifel angebracht, ob das funktionieren kann und wird. Bolle jedenfalls hat da so seine Zweifel.
Dabei war Demokratie noch nie so wichtig wie heute. Schließlich wurde sie mit Fleiß als das Distinktionsmerkmal dieser Welt herausgeputzt: Demokratie einerseits, Despotie andererseits: Die Guten sind die Demokraten, die Bösen die Despoten.
Daraus folgt, wenn man es mit Begrifflichkeit und Logik nicht allzu genau nimmt, daß das, was Demokraten tun, per se gut ist, und das, was Despoten tun, per se schlecht und böse. Man könnte auch sagen: Die Bösen spalten, die Guten haken sich unter. Bolle meint: Zustände wie in Hollywood.
Und wehe, das Volk spielt nicht mit. Dann muß es natürlich verboten werden, of course. Zumindest aber weggebissen. Auf die Vorkommnisse bei der Konstituierung des Thüringer Landtages (nebst deren Zerrspiegelung in manchen Mainstream-Medien) wollen wir hier lieber nicht weiter eingehen.
Manchmal würde sich Bolle ja ein Mindestmaß an Common Sense wünschen – hier verstanden als grundsätzliches Einvernehmen auf der Meta-Ebene, also oberhalb der Objekt-Ebene (also dem, um das es im Einzelnen gerade gehen mag). Doch vergebens predigt Salomo …
Übrigens sind heute schon wieder Wahlen. Dieses mal in Österreich. Kickln wa ma … Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.