So 16-02-25 Die Erwachsenen sind zurück

Roger Köppel kommentiert …

Roger Köppel, der große Journalist einer kleinen schweizerischen Wochenzeitung, kommentiert in seiner ›Weltwoche Daily‹ beziehungsweise aus seinem ›Institut für fortgeschrittene Gegenwartskunde‹ das Weltgeschehen mit bemerkenswerter Beständigkeit jeden Morgen, fünf Tage die Woche, in aller Herrgottsfrühe und im Doppelpäck (es gibt eine schweizerische und, jeweils gleich im Anschluß, eine internationale Ausgabe). Motto: „unabhängig, kritisch, gutgelaunt“.

Bei gegebenem Anlaß kann er allerdings auch schon mal sehr deutliche Worte finden. So heißt es in seinem Beitrag vom letzten Freitag gleich zu Beginn: „Die Erwachsenen sind zurück. Donald Trump betritt die Bühne. Und auf einmal ist alles ganz anders als das, was man Ihnen in den letzten drei Jahren einzureden versuchte.“

Es ist wohl noch zu früh abzuschätzen, wohin das alles führen mag. Manche aber wittern jetzt schon Frühlingsluft. Bolle meint, man muß schon ziemlich stumpf sein, um den Mehltau nicht zu merken, der sich in den letzten Jahren über Deutschland, Europa und weite Teile der Welt gelegt hat. Spötter paraphrasieren das ja gerne wie folgt:

Eine Lösung der Probleme?
Leider rein rechtlich nicht möglich.

Dann ändert halt das Recht, Ihr Deppen! Geht nicht? Natürlich nicht. Darauf hat man ja, wie’s scheint, viele Jahre lang mit einigem Fleiß hingewirkt – vielleicht nicht mit voller Absicht, aber vom Ergebnis her schon. Irgendein Recht, gerne und vor allem auch EU-Recht oder gar Völkerrecht – jeweils in einer mehr oder weniger aparten und dem eigenen Beharrungs-Interesse dienlichen Auslegung –, macht es schlechterdings unmöglich, irgend etwas anzupacken oder gar zu ändern.

Und so will es Bolle scheinen, daß den Mehltau abzustreifen ein veritabler Job für Superhelden sein dürfte – eine Mischung aus Herkules‘ Aufräumarbeiten im Augiasstall und Alexanders Gordischem Knoten. Mit rein sozialisationsbedingt doch eher recht abgehalfterten, in der politischen Wolle gefärbten Partei-Apparatschiks wird da wenig auszurichten sein. Bolle wäre wohl der letzte, der die Yanks vorbehaltslos klasse findet. Eines aber muß man ihnen lassen: Als Volk sind sie spektakulär pragmatisch. Sie probieren was aus – und wenn’s nicht funktioniert, probieren sie halt was anderes. Wenn‘s sein muß, wählen sie auch Trump. Und tun dabei so, als wär nichts gewesen. Namentlich gegen Mehltau ist das wohl nicht das schlechteste Rezept.

Nächsten Sonntag übrigens sind Wahlen. Bolle meint: Wählt weise – zumindest aber wohlbedacht. Und laßt Euch bloß nicht kirre machen. Bolle hat natürlich gut reden. Soweit wir wissen, war er als Kind schon ausgesprochen gruppendruck-resistent. Man kann ihm hundertmal sagen, dieser oder jener (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) sei pöse, pöse, pöse oder, je nachdem, voll lieb und ganz doll fürsorglich. Die Worte hört er wohl – allein ihm fehlt der Glaube. Auch ist steter Tropfen das letzte, was ihm imponiert. Und so perlt derlei an ihm ab wie klare Kloßbrühe am Lotus. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 09-02-25 Krieg und Klima

Zū komplex – oder nur zū doof …?

Neulich hat Bolle endlich mal Tolstois ›Krieg und Frieden‹ (1868/1869) gelesen. Gelesen wäre allerdings übertrieben. Genauer genommen nämlich hat Bolle es gehört – und zwar als Einschlaf-Lektüre. Manch monumentalem Werk – nicht zuletzt übrigens auch der Bibel – nähert man sich wohl am besten so. Zumindest sehr viel besser als derlei – von wegen „keine Zeit“ – gar nicht erst in Angriff zu nehmen. Immerhin haben die Lesefrüchte – oder sollte man besser „Hörfrüchte“ sagen? – zu unserem heutigen Titel geführt.

Das alles ist aber mitnichten unser Thema. Unser Schildchen zeigt die Entwicklung des weltweiten CO2-Ausstoßes in den letzten 60 Jahren. Wie man erkennen kann, hat er sich seit 1960 in etwa vervierfacht. Das ist nicht gut – jedenfalls sehen das viele so.

Was Bolle indessen noch sehr viel weniger gut findet, ist, daß sich im gleichen Zeitraum die Weltbevölkerung ebenfalls vervierfacht hat – vergleiche dazu die von uns eingezeichnete rote Gerade. In erster Näherung könnte man also, ohne allzu falsch zu liegen, davon ausgehen, daß vier mal so viel Leute in etwa auch vier mal so viel CO2 in die Atmosphäre pusten.

So gesehen wäre es vielleicht keine dumme Idee zu überlegen, ob eine ernstliche Begrenzung der überbordenden Weltbevölkerung nicht vielleicht doch ein Schritt in die richtige Richtung wäre? Natürlich wird das „nicht jedem“ – wie es immer so schön heißt – zusagen. Manche werden monieren, das sei zu einfach – und schon von daher (!) populistisch. Andere werden meinen, es sei ja wohl das Recht eines jeden (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course), beliebig viele Kinder in die Welt zu werfen. Manche Ökonomen werden pflichtschuldigst daran erinnern, daß, damit die Wirtschaft wachse, selbstredend auch die Bevölkerung wachsen müsse, of course. Wieder andere – gerne ebenfalls Ökonomen – träumen von Entkoppelung. Wer sagt denn, daß vier mal so viel Leute auch vier mal so viel CO2 ausstoßen müssen? Vielleicht kommen sie ja mit, sagen wir, dreieinhalb mal so viel aus …? Ein Punkt, mit dem sich monate- beziehungsweise jahrelang die Schnatterrunden (vulgo: Talkshows) dieser Welt befüllen ließen.

Noch andere meinen, man müsse das pseudo-marktwirtschaftlich angehen und den CO2-Ausstoß politisch einfach nur so teuer machen, daß ihn sich – mal abgesehen von ein paar Hochgespülten, die naturgemäß und schon immer sehr viel gleicher waren als gleich – einfach niemand mehr leisten kann. Das übrigens ist eine Idee, die derzeit die bundesdeutsche Polit-Prominenz beflügelt. Was das für die Leute bedeutet, werden sie dann schon sehen. Nur sollen sie, bitteschön, bloß nicht auf dumme Gedanken kommen und gar noch die Falschen wählen.

Wo das alles hinführen soll, ist Bolle auch nicht klar, of course. Nur so viel: Möglicherweise sind wir als Weltzivilisation noch immer auf einem Niveau, das es zwingend erforderlich macht, daß es in gewissen Abständen immer mal wieder so richtig knallen muß – einfach nur, um die Leute wieder auf den Teppich zu holen. Goethe hat das 1796 in seinen ›Kophtischen Liedern‹ wie folgt gefaßt:

Du mußt steigen oder sinken,
Du mußt herrschen und gewinnen
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
Amboß oder Hammer sein.

Bolle meint: Na, denn Prost! – und fühlt sich intensiv an das Bild eines reinigenden Gewitters erinnert: Die Leute genießen die klare Luft – und die nächste Runde des immergleichen Spieles scheint in weiter Ferne, wenn nicht gar undenkbar. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 02-02-25 Akkulturationsformen

Akkulturationsformen.

Alle reden von Integration. Alle? Natürlich nicht. Bolle etwa hat da so seine Zweifel.

Der erste Punkt – wie so oft: Definiere ›Integration‹. John W. Berry, ein kanadischer Sozialpsychologe, hatte dazu 1970 schon sein Konzept des ›Acculturative Stress‹ vorgestellt. Dabei hat er mögliche Ausprägungen in einer 4-Felder-Tafel mit den Dimensionen ›Ist es wünschenswert, daß die Zugereisten ihre kulturelle Identität bewahren?‹ und ›Ist es wünschenswert, daß die Einheimischen Kontakt zu den Zugereisten herstellen bzw. halten?‹ dichotomisiert.

Dabei hat er den Fall Ja/Ja – also ›Die Zugezogenen sollen ihre kulturelle Identität bewahren‹ und ›Die Einheimischen sollen Kontakt zu ihnen herstellen bzw. halten‹ als ›Integration‹ bezeichnet. Und nur das.

Kontakt zu halten, während die Zugereisten ihre kulturelle Identität aufgeben, hat er ›Assimilation‹ genannt. Wir kennen das von den Borg aus StarTrek: „Sie werden assimiliert. Widerstand ist zwecklos.“ Auch das ist eine Form der Akkulturation, of course.

Daneben gibt es noch die ›Separation‹ mit der Botschaft: „Du darfst so bleiben wie Du bist – allerdings wollen wir nichts mit Dir zu tun haben“ und, last but not least, die ›Marginalisation‹: „Paß Dich gefälligst an. Zu tun haben mit Dir wollen wir trotzdem nichts.“

Und? Wie sieht’s in der real existierenden Wirklichkeit aus?

Nachdem Deutschland – gemeint ist natürlich die vom Volk inaugurierte Polit-Prominenz – jahrzehntelang mit sich gehadert hatte, ob D denn nun ein „Einwanderungsland“ sei oder nicht, hat sich, so zumindest will es Bolle scheinen, die Jellinek’sche normative Kraft des Faktischen (vgl. dazu Mo 09-12-24 Das 9. Türchen: Wenn die Waffen sprechen, schweigen die Gesetze) Bahn gebrochen – wie immer, wenn man handelt (oder gewähren läßt), ohne einen Plan im engeren Sinne zu haben.

In den 1960er Jahren wurden die damals für das Wirtschaftswunder in der Tat dringend benötigten Hilfskräfte – von Facharbeitern zu sprechen, wäre wohl durchaus übertrieben – noch verschämt oder vielleicht auch naiv als „Gastarbeiter“ bezeichnet. Gäste zum Arbeiten einzuladen fand Bolle damals schon zumindest sprachlich schief. Wie sich sehr schnell zeigen sollte, war es durchaus auch inhaltlich schief.

So richtig gerappelt im Karton hat es dann aber erst in jüngerer Zeit, nämlich 2015, als es hieß, was und wie auch immer, wir würden das schon schaffen. Deutschland sei schließlich … bla, bla, bla. Besonnenere – und wohl auch durchaus klügere – Ganz-Fast-Zeitgenossen wie etwa Peter Scholl-Latour (1924–2014), die meinten, wer halb Kalkutta aufnehme, werde nicht etwa Kalkutta retten, sondern selber zu Kalkutta werden, wurden dabei verlacht, verspottet und verhöhnt – zumindest aber blieben sie ungehört.

Während sich die gewählten Vertreter des Deutschen Volkes – sonst immer bei jeder popeligen Kleinigkeit auf das Ansehen des „Hohen Hauses“ bedacht – dieser Tage in aller Welt-Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgeben, brillieren Teile der Polit-Prominenz mit vielsagenden Buchtiteln wie etwa ›Mein Bach‹ oder ›Freizeit‹ – oder so ähnlich. Ist Deutschland also am sprichwörtlichen Arsch? Fast könnte es einem so scheinen. Allein: Bolle mit seinem agnostischen Optimismus will nicht mal an das Verderben glauben. Schließlich habe sich Deutschland schon öfters mal aus der sprichwörtlichen Scheiße rausgeritten. Daß sich die Deutschen jedesmal vorher überhaupt erst reingeritten hatten, ist natürlich Teil der Wahrheit – und soll hier nicht geleugnet werden.

Im übrigen läßt sich Berrys Modell recht gut mit Harris‘ ›Ich bin o.k. – Du bist o.k.‹ (1976) verknubbeln – vergleiche dazu den kleingedruckten Text in den vier Feldern. Dabei zeigt sich, wenn man es zu Ende modelliert, sehr leicht und recht mühelos, was von alledem funktionieren könnte – und was never ever. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 26-01-25 Das Elend der Wōkness

Das Elend der Wōkness.

Falls Bolle das richtig überblickt, haben wir schon längere Zeit keine 4-Felder-Tafel mehr bemüht. Die letzte ist wohl vom August 2024 (vgl. So 04-08-24 Fast fashion / Slow fashion). Das ist immerhin ein halbes Jahr her. Wohlan, denn.

Nehmen wir an, wir befänden uns in einem Zustand, der alles andere als wünschenswert ist – und im übrigen nicht einmal funktioniert. In unserer 4-Felder-Tafel entspricht das dem Feld „Grrr!“ (rötlich eingefärbt). Zeit also, den sprichwörtlichen Arsch zu bewegen und nach Möglichkeit den Zustand „Fein!“ anzustreben – einen Zustand also, der nicht nur wünschenswert wäre, sondern auch noch funktionieren würde (lindgrün eingefärbt).

Dabei ergeben sich – zumindest in einer 4-Felder-Tafel ist das so – zwei prinzipielle Möglichkeiten der Transformation. a) Wir stellen zunächst einmal einen Zustand her, der zwar womöglich noch zu wünschen übrigläßt – dafür aber immerhin schon mal funktioniert (Pfeil a). Ein Schritt in die richtige Richtung, also. Den entsprechenden Zustand haben wir hier ›square‹ genannt – was man durchaus mit ›spießig‹ übersetzen könnte.

Oder aber, Pfeil b), wir stellen einen Zustand her, der höchst wünschenswert sein mag, dabei aber leider eben nicht funktioniert. Den entsprechenden Zustand haben wir hier ›wōk‹ genannt – was für ›wolkenkuckucksheimelig‹ stehen mag. Der Überstrich (Makron) soll uns sagen, daß das ›o‹ langgesprochen sein will.

Aber kann das überhaupt sein? Kann ein Zustand, der annahmegemäß nicht funktioniert (siehe Tafel), irgendwie doch funktionieren? Aber Ja doch. Hier die Lösungsmöglichkeiten in der üblichen Reihenfolge: Zunächst einmal könnte man stramm behaupten, daß die Lösung eben doch funktioniert. Eine Weile mag man damit sogar durchkommen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Medien der gleichen Hypnose anheimgefallen sind (vox populi – vox mediorum) und selber ganz dolle daran glauben. Flankierend verpackt man den Zustand in wohltönende Worte. Ein veritables Problem als „Herausforderung“ zu verniedlichen ist dabei wohl noch eine der harmloseren Varianten. Womögliche Kritiker werden derweil als Querdenker abgekanzelt oder, falls sie allzu frech werden, gar als Verfassungsfeinde und „mit der ganzen Härte des Rechtsstaates“ in ihre Schranken verwiesen: Wenn das jeder machen wollte – wo kämen wir denn da hin? Falls das alles nichts nützt, erklärt man mit frecher Stirn, die Lösung müsse schließlich funktionieren, da alles andere ja mit geltendem Recht nicht vereinbar sei. In Bolles Kreisen nennt man das die Palmström-Variante: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Falls auch das nicht reicht, hat es sich bewährt, den Zustand erst einmal mit Geld, mit gaanz viel Geld, zu ersäufen. Prominente Stichworte an dieser Stelle wären etwa „Doppelwumms“ und „Sondervermögen“. Natürlich wird auch das auf Dauer nicht funktionieren, of course.

Der springende Punkt ist folgender: Bolle kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß das ›wōke‹ Feld die Hülsenfrüchtchen dieser Welt anzieht wie die sprichwörtliche Scheiße die Fliegen. Und das ist durchaus auch verständlich. Um von ›Grrr!‹ nach ›wōk‹ zu kommen, braucht man lediglich ein heißes Herz. Von ›Grrr!‹ nach ›square‹ zu kommen ist sehr viel anspruchsvoller – und dabei auch weniger herzerfrischend.

Falls Bolle das richtig beobachtet hat, ist die Ampel ja daran zerbrochen, daß der Kanzler mal eben noch ein paar weitere Milliärdchen (sagt man so?) in die Ukraine pumpen wollte, die er zwar mitnichten hatte, sie gleichwohl aber pumpen zu können hoffen durfte. Allein: da war sein Minister vor. Nach Kanzlers Bekunden (und um es in der Diktion von Professor Crey aus Spoerls ›Feuerzangenbowle‹ zu sagen): „Lindner, Sä send albern. Ehnen fählt die settliche Reife.“ Kurzum: Der Kanzler wollte, wie seit Jahren gang und gäbe, einmal mehr den wōken Weg (funktioniert zwar nicht wirklich, ist aber doch ’ne dolle Sache) gehen, während sein Minister, wohl nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Verfassung, den squaren Weg (wäre zwar schön – ist aber leider nicht möglich) als „alternativlos“ angesehen hat.

Das Ende vom Lied ist, rein historisch gesehen, immer das gleiche. Wenn endlich klar ist, daß das alles dann eben doch nicht und wirklich nicht funktioniert: Betreten gucken, lange Gesichter machen – und im wind of change verkünden, daß man schließlich selber auch schon immer dagegen war. Dann nämlich schlägt die Stunde der Widerstandskämpfer, die alsdann wie Pilze aus dem Boden schießen. Neue Runde, altes Spiel. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 19-01-25 Hefeteig und Hysterie

Schlicht und elegant – und ohne Etikett.

Manchmal – und das findet Bolle höchst charmant und auch durchaus elegant an diesem Universum – stellt sich die eine oder andere Einsicht auf faszinierend verschlungenen Pfaden ein. Neulich – das war noch während der Weihnachtszeit – kam es Bolle blitzartig in den Sinn, daß man das für Hölzerbrot unverzichtbare Kastenweißbrot (vgl. dazu Sa 07-12-24 Das 7. Türchen: Wollense Toast …?), wenn schon kaum noch kaufen, so doch immerhin durchaus auch selber backen kann – ganz nach dem alten Kinderlied: Backe, backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen. Wer will guten Kuchen backen, der muß haben sieben Sachen … Kennen wa ja. Auf Eier, Milch und Schmalz können wir dabei getrost verzichten – und auf Safran sowieso. Easy cooking! Etwas Hefe allerdings muß sein. Als Rührschüssel hatte Bolle auf die Schnelle nur seinen alten Wok zur Hand. Sapienti sat – der Philosoph liebt’s autotroph (im weiteren Sinne, of course). Zum Glück gab es auch nicht viel zu rühren.

Was aber, wenn? Wenn der Philosoph – Genügsamkeit hin, Genügsamkeit her – auf die Idee verfällt, eine regelrechte Rührschüssel brauchen zu müssen? In früheren Zeiten hätte man das Haushaltswarengeschäft seines Vertrauens aufgesucht – und dort in aller Regel schnell gefunden, was einem in Form und Funktion angenehm deucht.

Heute führt der erste Weg meist erstmal ins Netz. So auch bei Bolle. Dabei hat das Netz den großen Vorzug, daß man mit Rückmeldungen der Nutzer auf Tuchfühlung kommt. Bolle kennt kaum einen schöneren und unverstellteren Zugang zu Hülsenfrüchtchens Leben und Erleben.

So meinte eine Nutzerin zu einer der feilgebotenen Schüsseln, selbige sei ja wohl „lamentable“ – was so viel wie ›erbärmlich‹ oder ›bemitleidenswert‹ heißen soll. Ein schönes Wort, das Bolle noch nicht kannte. Im weiteren hieß es, man habe das Material, aus dem die Schüssel gefertigt ist, als „gesund“ angepriesen – was immer auch das heißen mag. Allein – und hier wird’s kritisch – klebte auf der Innenseite der Schüssel ein garstig Etikett, das mit mechanischen Mitteln zu entfernen sich als praktisch unmöglich erwiesen habe. Bolle greift in solchen Fällen ja stets zur chemischen Lösung – etwa einem Tröpfchen Benzin. Dem konnte bislang noch kein Etikett widerstehen. Allein unsere Nutzerin war der Ansicht, daß dadurch etwas appliziert würde, das schädlich sei für Lebensmittel. Folglich sei das Material der Schüssel mitnichten gesund – und von einem Kauf müsse demnach abgeraten werden.

Bolle meint da nur: Sancta simplicitas! Immerhin ist es ein hübsches Beispiel dafür, wie ein vergleichsweise miniscules Problem (Tröpfchen Benzin) der Lösung eines viel größeren Problems (Etikett muß ab) „nachhaltig“ – um mal eines von Hülsenfrüchtchens Lieblingswörtern zu verwenden – im Wege stehen kann. Und selber steht man da – und muß heillos verheddert durchs Leben hoppeln. Aber so kann’s gehen, wenn‘s an Urteilskraft gebricht. Dann doch lieber fleißig Fakten checken – zum Beispiel „Benzin böse“. Kann es da verwundern, daß Bolle derartiges als heillos hysterisch einzustufen geneigt ist? Wie hoch etwa der Nagellackverbrauch besagter Nutzerin sein mag – Nagellack statt Benzin tut’s nämlich auch –, will Bolle lieber gar nicht wissen. Und was das mit dem aktuell ablaufenden „Wahlkampf“ nebst seiner Wahlvolk-Dynamik zu tun haben mag, ebensowenig. Bolle meint, ein flüchtiger Blick auf die Plakate sollte vorläufig vollends genügen. Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 12-01-25 Tu felix Austria

Freude unterm Weihnachtsbaum.

Zuerst hatte Bolle sich ja gefragt, ob wir – nach 24 virtuellen Adventskalender-Türchen – noch einmal mit einem weihnachtlichen Motiv daherkommen sollen. Schließlich – so hatten wir es selbst verkündet – endet die Weihnachtszeit definitiv am 6. Januar mit dem Epiphaniasfest bei den Protestanten bzw. den Heiligen Drei Königen bei den Katholiken (vgl. dazu Mi 04-12-24 Das 4. Türchen: Keine Zeit für Weihnachtszeit?). Allein: man lernt nie aus. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit nämlich – genau genommen bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) – währte die Weihnachtszeit noch fast einen Monat länger, und zwar bis Mariä Lichtmeß am 2. Februar. So lange durften demnach auch Christbäume die heimischen Wohnzimmer erhellen. Nach Bolles Rechnung hätten wir es demnach mit vollen drei Monaten Weih­nachts­zeit zu tun (31. Oktober bis 2. Februar). Womögliche Winterdepressionen ließen sich somit allein auf den Monat Februar begrenzen. Am 1. März nämlich ist bei Bolle – und zwar völlig unabhängig von der Wetterlage – definitionsgemäß Früühlingsanfang. In einigen Gegenden, wo die Sonne der Kultur etwas niedriger steht, ist von Mariä Lichtmeß übrigens immerhin der Mumeltiertag übergeblieben (vgl. dazu etwa den einschlägigen Film (USA 1993 / mit Bill Murray als Phil Connors und Andie MacDowell als Rita / Regie: Harold Ramis).

Aber brauchen wir überhaupt eine Begründung? Natürlich nicht. Unser Bildchen zeigt Gerald Grosz, einen ehemaligen österreichischen Spitzenpolitiker, wie er mit unverstellter, geradezu kindlicher Freude unterm Weihnachtsbaum die jüngsten Ereignisse bei unserem südlichen Nachbarn kommentiert: „Die Ampel ist in die Luft geflogen.“ – „Der fortgesetzte Demokratiebruch, die fortgesetzte Ausgrenzung der österreichischen Wählerinnen und Wähler hat ein Ende gefunden.“

Bolle meint: Manchmal – und gar nicht mal so selten – haben die Ösis schlechterdings die Nase vorn. Oder einfach Glück. Tu felix Austria, eben – oh glückliches Österreich.

Hierzulande dagegen gestalten sich die Dinge sehr viel beharrlicher. Zwar ist auch hier die Ampel in die Luft geflogen – nachdem die Fliehkräfte einfach zuu stark wurden (was immerhin 3½ Jahre gedauert hat). Allein: der fortgesetzten Ausgrenzung der undemokratischen Wähler (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) könnte das durchaus sogar noch Vorschub leisten.

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen – und fassen wir uns dabei kurz. Laut Polit-Barometer ergibt sich für Deutschland derzeit das folgende Bild:

Sonntagsfrage.

Wenn wir davon ausgehen, daß das alles halbwegs stimmt, und wenn wir davon ausgehen, daß es die drei 4%-Parteien tatsächlich nicht in den Bundestag schaffen werden, dann ergäbe sich nach Bereinigung der Daten folgendes:

So sieht’s demnach aus.

Die Graphik zeigt – in alphabetischer Reihenfolge im Uhrzeigersinn – die sich daraus ergebende prozentuale Stimmenverteilung: AfD 26 Prozent, CDU/CSU 38 Prozent, Grüne 19 Prozent und schließlich noch SPD mit 18 Prozent. Eine echte Flurbereinigung, also. Die Kleineren wären weg vom Fenster, die Größeren verleiben sich deren Anteile ein.

Damit ergeben sich zwei grundsätzliche Deutungsmuster: Einerseits würde das – wie sollen wir sagen? – eher bürgerliche Lager, also CDU/CSU nebst AfD, über eine fast Zwei-Drittel-Mehrheit verfügen (siehe Markierung). Andererseits – auch so kann man das sehen –  hätten die sogenannten „christlichen“ Parteien (die wohl nur noch aus Gewohnheit so heißen, und um bestimmte Zielgruppen besser ansprechen zu können) die freie Wahl zwischen einer Koalition mit den sich selbst als eher progressiv empfindenden Kräften oder den ganz mächtig Progressiven. In beiden Fällen würde sich, je nachdem, eine recht deutliche Mehrheit von 56 beziehungsweise 57 Prozent ergeben. Bolle hört es heute schon am Wahlabend tönen: Wir danken den aufrechten Demokraten für den klaren Regierungsauftrag – und versprechen unseren Wählerinnen und Wählern ein entschiedenes Weiter-So.

Eine regelrechte Implosion des wackeren „Weiter-So“ der „demokratischen Parteien“ nach österreichischem Vorbild jedenfalls wird es in Deutschland bis auf Weiteres vermutlich nicht geben. Der Deutsche an sich (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) ist bekanntlich kein Revolutionär. Aber kieken wa ma. Vielleicht steckt der sprichwörtliche Teufel ja doch noch im Detail – und der kluge Prophet wartet ohnehin die Ereignisse ab. Im übrigen haben wir uns erlaubt, zwecks seelischer Erbauung Grosz‘ weihnachtliche Tanzeinlage in den Anhang zu packen. Bolle findet es einfach zuu niedlich. Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 05-01-25 Lieb Herzelein, magst stille sein

Herzelein, magst stille sein.

Es tut sich was auf der Welt. Schleichend zwar – im Zeitraffer aber doch recht deutlich. Und wann, wenn nicht um diese Jahreszeit, könnte man besser kurz innehalten und ein wenig Abstand nehmen, um sich Rechenschaft zu geben, wie man zu den Dingen stehen mag? Ist es nicht gerade das junge, das taufrische Jahr? Und wohnt nicht jedem Zauber auch ein Anfang inne?

Es ist fast auf den Tag genau 6 Jahre her, daß Greta Thunberg beim Weltwirtschaftsforum in Davos unter dem Beifall der Weltöffentlichkeit – vor allem aber natürlich der Medien dieser Welt (vgl. dazu Mi 18-12-24 Das 18. Türchen: Vox populi – vox quojus?) – verkündete, sie wolle, daß wir Panik schieben: I want you to panic!

Bolle war damals schon nicht wohl dabei. Steht das doch in krassem Gegensatz zur Grundaussage des Anhalters durch die Galaxis, wo es spätestens seit 1978 schon auf dem Buchdeckel geschrieben steht, und zwar in großen, freundlichen Lettern: Bloß keine Panik! Bolle kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß da mächtig was untergegangen ist im Laufe von nur gut einer Generation – auch, wenn es möglicherweise die letzte sein mag.

Vor allem will Bolle nicht einleuchten, daß man ein Problem – irgendein x-beliebiges Problem – besser, schneller, leichter oder überhaupt lösen kann, indem man Panik schiebt. Bolle war, vor Jahren schon, einmal Zeuge einer dieser Wie-nicht-bestellt-und-doch-abgeholt-Lektionen, mit denen das Universum nicht oft, aber doch gelegentlich, aus heiterem Himmel aufzuwarten beliebt. Bolle befand sich auf einer Party im kleinen Kreise in einem der sozialistischen Plattenbauten – die mit der herkömmlichen Berliner Traufhöhe (22 Meter) wenig am Hut hatten, und zwar in einem der obersten Stockwerke. Direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite, gab es plötzlich einen Wohnungsbrand: Lodernde Flammen und mächtig viel Rauch. Im Grunde war es wie im Kino: unverstellte, aber sichere Sicht auf das Malheur vis-à-vis. – Lalülala, of course. Und? Was haben die Feuerwehrleute (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) gemacht? Sie haben seelenruhig und gemessenen Schrittes die Lage gepeilt, ihre Ausrüstung ausgerollt und das Nötige in die Wege geleitet. Von Hektik – oder Panik gar – nicht die Spur. Bolle hatte fast den Eindruck, daß man eher schlendert als hetzt oder hechelt. Es gibt Momente im Leben, da bleibt es nicht aus, an den Anhalter durch die Galaxis samt seiner Buchdeckel-Weisheit denken zu müssen.

Auch war das wohl kein Ausnahme-Phänomen. Jahre später hat Bolle mal eine Doku über einen dieser Katastrophen-Helfer/Retter/Schützer-Vorabend-Filme gesehen. Da waren sowohl der Schauspieler als auch der „echte“ Retter im Gespräch – und man war sich völlig einig, daß es in real life eher so läuft wie in Bolles Beobachtung. Panik völlig fehl am Platze. Da man den Zuschauern aber ein gehöriges Maß an Action bieten will, werden solche Filme dann eben panisch aufgepeppt. Nun, denn.

Kurzum: Jedem, der beruflich mit sowas zu tun hat, ist klar, daß Panik das letzte ist, was hilft. Daß sich jemand wie Greta Thunberg gleichwohl ein gehöriges Maß selbiger wünscht, mag ihrer jugendlichen und auch ihrer professionellen Unerfahrenheit geschuldet sein. Daß aber die Medien dieser Welt derlei Unsinn hysterisch hochgehyped haben – und selbiges noch immer tun, und zwar unvermindert – egal, ob es ums Klima geht, um Kriege oder Katastrophen aller Art, mag da schon bedenklicher stimmen. Und so kommt Bolle nicht umhin, sich zu wünschen, daß mehr gedacht werden möge. Gedacht – und dann gemacht. Das Herzelein mag derweil stille schweigen. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mi 01-01-25 Ein gutes Neues Jahr Euch allen!

Dum spiro spero – Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Und schon wieder – und wie so oft. Ein altes Jahr ist um – ein neues fängt an. Der König ist tot – es lebe der König. Irgendwie muß man damit ja umgehen. Letztlich sind es doch immer wieder die gleichen Fragen:

Was haben wir gedacht?
Was davon gemacht, was angebracht?
Mitunter auch: was haben wir gelacht.

Und? Wie meinte Erich Kästner 1950 schon – also vor nunmehr 75 Jahren? Hier in der Bolle-Version:

„Wird’s besser? Wird’s schlimmer?“
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
höchst ungefährlich.

Dabei soll mit ›ungefährlich‹ natürlich nicht ›frei von Gefahr‹ gemeint sein, sondern, ganz im Gegenteil, eine Adjektivierung des adverbiellen ›ungefähr‹. Soll heißen: Wir kennen die Zukunft, kaum anders als das Leben selbst,  nur höchst ungefähr – wenn überhaupt. Nichts Genaues weiß man nicht – und wird man auch nie wissen können. Und vielleicht ist das auch ganz gut so.

Wenn man schon nichts wissen kann – so kann man doch was hoffen. Das ist zwar kein vollwertiger Ersatz – fühlt sich aber zumindest gut an. Und so meinte schon Cicero (106–43 v. Chr.) in einem seiner Briefe: Dum spiro spero (solange ich atme, hoffe ich) – was wir hier mit ›Die Hoffung stirbt zuletzt‹ frei übersetzen wollen. Und vielleicht ist auch das ganz gut so.

Unser Bildchen stammt übrigens aus dem Jubiläumsprojekt ›Lichtgrenze – 25 Jahre Mauerfall‹, das sich der Berliner Senat für das Jahr 2014 ausgedacht hatte. Damals sollten – und sind auch – knapp 7.000 leuchtende Luftballons gen Himmel aufgestiegen, um aller Welt zu zeigen, wo die Grenze zwischen Gut und Böse seinerzeit verlief – mitten durch die Stadt. Einem aufgeweckten jugendlichen Ossi kann man das heute kaum mehr vermitteln. Lieber wählt er, zum Entsetzen der Guten, die AfD. Doch das nur am Rande. Das alles ist nunmehr auch schon wieder 10 Jahre her. Dabei dient das Photo Bolle seitdem als Hintergrundbild auf allen seinen Geräten – und hat es, in Postergröße, auch schon in eine Photographie-Ausstellung geschafft. Eine klitzekleine Ausstellung zwar – aber immerhin. Es zeigt eine Mutter mit ihrem Sohn, wie sie gerade eine oder zwei der knapp 7.000 Luftballon-Abschußrampen, die entlang der alten Mauer aufgestellt waren, in räuberischer Absicht entwenden. Sie waren die einzigen nicht. Bolle sieht darin in reiner Form Hoffnung – oder zumindest Zukunftsgewandheit, vielleicht garniert mit einem Schuß Erwerbsfleiß – verkörpert. Bolle mußte seinerzeit hoch und heilig versichern, daß man auf dem Photo niemanden wird identifizieren können. Ehrensache, of course. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 29-12-24 Ladespaß

Ladespaß.

Dieses Jahr ist das erste Jahr, in dem es sowohl den agnostisch-kontemplativen Adventskalender als auch unsere Sonntagsfrühstückchen gibt. Warum? Weil letztere erst seit Mitte Mai dieses Jahres (nein, nicht „diesen“ Jahres) eingeführt sind. Dafür – das sei nicht unerwähnt – aber mit schönster Regelmäßigkeit.

Was den Adventskalender angeht, haben wir uns, den Wünschen unserer geneigten Leserschaft Rechnung tragend, überwiegend um Human-Touch-Themen gekümmert und schnöden Polit-Zirkus ein wenig außen vor gelassen. Schließlich war Weihnachtszeit und außerdem läuft uns das nicht weg.

Heute wollen wir – halb Human Touch, halb harte Welt (Goethe 1779) – einen Blick auf Bolles Ladespaß werfen. Wie? Ladespaß? Ist es nicht furchtbar lästig, die ganzen Gerätschaften, die man so braucht (oder zumindest zu brauchen meint), pausenlos mit frischem Saft zu füttern, als habe man es mit einem halben Dutzend Tamagotchis zu tun? Das durchaus. Allein – immer, wenn Bolle mal wieder eines seiner Geräte mit der nötigen Energie versorgen muß, kann er nicht umhin, sich zu freuen, daß es sich ja nur um Kleingeräte handelt, die zu füttern soo viel Aufwand dann ja auch wieder nicht ist. Unser Bildchen zeigt Bolles Ladestation – die sich wohl noch in durchaus vertretbaren Grenzen hält. Und so bleibt es nicht aus, daß Bolle beim Anstöpseln seiner Gadgets gelegentlich nach der Melodie eines uralten Karneval-Schunkelliedes vor sich hersummt: 🎵 Am liebsten aber laden wir // was handlich ist und klein. 🎵 Im Original heißt es: 🎵 Am liebsten aber baden wir // im Bier und auch im Wein. 🎵

Um den Kontrast zu verstärken, wollen wir uns vorstellen, daß Bolle ein Elektro-Auto hätte – eine Gerätschaft also, die wirklich richtig viel Energie braucht und sich durchaus nicht gemütlich vom Schreibtisch aus aufladen ließe. Da sei Gott vor, of course – sprach der Agnostiker.

Vor Jahrzehnten schon hatte Bolle von seinem damals besten Freund, einem angehenden Elektro-Ingenieur, gelernt, daß man in Fachkreisen zwischen Nachrichtentechnik und Energie­technik unterscheidet. Dabei ist Nachrichtentechnik alles, wo elektrische Energie der Speicherung und Verbreitung von Informationen dient. Energietechnik dagegen ist das, wo Strom ernstlich Arbeit verrichten muß – also zum Beispiel Maschinen antreiben, zu denen nicht zuletzt auch die E-Autos gehören, of course.

Nun – für Nachrichtentechnik braucht man vergleichsweise wenig elektrische Energie, für Energietechnik vergleichsweise viel. Das aber ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht. So gibt es zum Beispiel Unkenrufer (ein höchst seltenes Wort, übrigens), die rausgefunden haben wollen, daß Lithium – also der Rohstoff für die gleichnamigen Akkus – auf diesem Planeten nur in sehr viel geringeren Mengen vorhanden ist, als das für eine extensive Energietechnik wünschenswert oder gar erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang läßt der Ukraine-Krieg aufs Heftigste grüßen. Da nämlich geht es nicht zuletzt um – Lithium.

Nach allem ist E-Autos aufzuladen also womöglich ähnlich abenteuerlich wie Gänse am Heiligen Abend zu braten (vgl. dazu Sa 07-12-24 Das 7. Türchen: Wollense Toast …?) – nur halt eben ganzjährig. Entsprechend halten sich die Leute auch zurück. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Natürlich mag es sein, daß das alles doch noch ein gutes – oder zumindest weniger schlechtes – Ende nimmt. Noch ist schließlich nicht aller Tage Abend. Ob da aber was gelingen kann, wenn man den technischen Fortschritt in die Hände von, ausgerechnet, Berufspolitikern legt, scheint Bolle mehr als fraglich. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Di 24-12-24 Das 24. – und für diesmal letzte – Türchen: Frohe Weihnachten Euch allen!

Die Zähmung des Feuers.

Wir hatten ja neulich erwähnt, daß es unseren Vorfahren vor immerhin 1,5 Millionen Jahren schon gelungen war, das Feuer zu zähmen, um zum Beispiel Mammuts oder Marshmallows schmackhafter zuzubereiten. Mit ›zähmen‹ ist dabei gemeint, ein Feuerchen auf die Stelle zu begrenzen, wo man es haben will – daß also die Feuerstelle brennt, und nicht gleich das ganze Dorf oder zumindest die ganze Höhle. Der nächste Schritt, der allerdings erst sehr, sehr viel später kam – vor 32.000 Jahren beziehungsweise vor gerade mal 8 Minuten auf der anthropologischen Uhr –, war dann die Erfindung des Feuerzeuges. Man mußte also das Feuer nicht mehr finden und einfangen und dann mühsam hüten und bewahren und bloß nicht erlöschen lassen. Nein, ab sofort konnte man jederzeit nach Belieben ein Feuerchen entzünden, wenn man eines brauchte. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit übrigens galt es unter Hausfrauen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) als ganz schlechtes Omen, wenn einem das Feuer im heimischen Herde ausging. Ein Feuer zu hüten – obwohl man doch längst Feuerzeuge oder Streichhölzer hat – steckt offenbar recht tief im kollektiven Unbewußten.

Das alles aber ist natürlich nichts gegen Bolles Feuerzähmung neulich – also vor wenigen Tagen erst. Kaum war das Adventskalendertürchen fertig (vgl. dazu Mo 16-12-24 Das 16. Türchen: Bewegte bunte Bilder), da kam es Bolle in den Sinn, warum denn nicht ein Feuerchen auf dem Schreibtisch entfachen?

Man könnte das natürlich kitschig finden – und das war auch Bolles erster Gedanke. Allein: definiere ›Kitsch‹. In Bolles Arbeitsdefinition, die sich für praktische Zwecke als durchaus ausreichend erwiesen hat, ist ›Kitsch‹ in guter Näherung ›Form ohne Funktion‹. Wenn sich also zum Beispiel jemand ein Klavier in den Salon stellt, obwohl er es gar nicht zu spielen weiß. Oder wenn jemand sich eine Bibliothek einrichtet, obwohl er gar nicht lesen kann oder es zumindest nicht tut. Hauptsache, es sieht gut aus. In Bolles Kreisen nennt man derlei übrigens ›symbolische Selbstergänzung‹: Man hübscht sein Ego auf, indem man sich mit Dingen umgibt, mit denen man zwar nichts anfangen kann, die aber was hermachen sollen.

Ist das Schreibtisch-Feuerchen also Kitsch? Demnach im Grunde eher nicht. Ein richtiges Feuerchen hat ja im wesentlichen vier Funktionen: Es wärmt, es leuchtet und erfreut das Herzelein, es knistert anheimelnd und es saugt die schlechte Luft aus dem Zimmer. Zwei der vier Funktionen erfüllt das Schreibtisch-Feuerchen durchaus, beim Rest muß es leider passen, of course. Aber immerhin: Von ›ohne Funktion‹ – zumindest von ganz ohne Funktion – kann also keine Rede sein. Der Rest ist – wie so oft im Leben – eine Frage der praktischen Erfahrung. Bolle jedenfalls findet sein Feuerchen klasse. Man hat was zu gucken und kommt dabei ganz ohne Telly aus. ›Telly‹ steht für TV oder Glotze und ist so very british, daß es als Wort kaum einer kennt. Bolle hat es seinerzeit mal bei Roald Dahls Matilda (1988) aufgeschnappt – eine entzückende Geschenkidee für das nächste Weihnachtsfest, übrigens. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel. Frohe Weihnachten!