Es könnte alles so einfach sein, meint Bolle. Menschen haben – neben ihren physiologischen Bedürfnissen wie essen, trinken, schlafen, und so weiter – auch kognitive Bedürfnisse. Eines davon ist das Problemlösungsbedürfnis: Es fühlt sich gut an weiterzukommen. Der „ehrwürdige Meister Kong“ (Kong Fu Zi bzw., latinisiert, Konfuzius) wußte das schon vor 2.500 Jahren. Höchste Zeit, daß auch die Pädagogen der Neuzeit das langsam mal zur Kenntnis nehmen. Wir können also – und tun das ja auch überwiegend – den „Stoff“ in „Module“ und „Lerninhalte“ zerschreddern, um abschließend den „bausteinbezogenen Qualifikationsstand [zu] messen“. „Listen-Lernen und wieder auskotzen“ nennt Bolle das. Wir könnten aber auch, und zwar sehr viel geschmeidiger und vor allem fruchtbarer, „Lernen als Leistung“ durch „Lust am Lernen“ ersetzen – und zwar ersatzlos und rückstandsfrei. Brauchen wir dazu übertriebenen Digital-Schnickschnack? Natürlich nicht.
Daß die Schredder-Technik nicht unbedingt Sinn macht, war nicht nur Konfuzius klar, sondern, unter vielen anderen, zum Beispiel auch Goethe, dem Dichterfürsten. In seinem Faust I (Zeile 1936-1939) läßt er Luzifer in Gestalt des Mephistopheles luzid ablästern:
Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.
Zur Erhellung hier ein kleiner Mikro-Dialog, wie er sich in einer Mathematikstunde allen Ernstes zugetragen haben soll:
Schüler: Wozu brauchen wir das?
Lehrer: Keine Ahnung. Steht so im Lehrplan.
Na toll. That leaves no room for discussion, indeed. Könnte das, bitteschön, mal jemand den Lehrenden dieser Welt – von der Kita bis zur Uni – beibiegen? Wäre langsam an der Zeit. Aber das ist ein anderes Kapitel.