Mo 19-12-22 Das neunzehnte Türchen …

Seelenfrieden …

Wir hatten gestern ja angedeutet, daß alles – oder jedenfalls sehr vieles – letztlich auf etwas so altmodisch oder gar schon mystisch klingendes wie ›Seelenfrieden‹ hinausläuft. Dabei ist Seelenfrieden – wie wohl alle tiefergehenden Begriffe – ein Teekesselchen. Damit kann einmal die Stimmung gemeint sein, mit der man sich einer Sache – egal welcher – zuwendet. Zum anderen kann damit das Ergebnis ebendieser Zuwendung gemeint sein – also die Stimmung, in der man sich befindet, wenn ein System funktioniert und man weiß warum. Das würde also dem Fall #1 unseres gestrigenTürchens (So 18-12-22 Das achtzehnte Türchen – der vierte Advent …) entsprechen.

In Pirsigs ›Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten‹ ist Phaidros (gewissermaßen der Protagonist und Ich-Erzähler) mit anderen zu Gast bei einem befreundeten Künstler. Phaidros schreibt zum Broterwerb technische Handbücher und Gebrauchsanleitungen. In einem früheren Leben, das er umständehalber aufgegeben hat, war er Hochschullehrer für das Fach Englisch. Phaidros hat ein Anliegen und wirft es als Thema in die Runde:

„Ich wollte nur sagen“, fange ich nochmal an, als ich mich endlich durchsetzen kann, „daß ich zu Hause eine Anleitung habe, die ungeahnte Möglichkeiten zur Verbesserung technischer Texte erschließt. Sie beginnt mit den Worten: ›Die Montage japanischer Fahrräder erfordert großen Seelenfrieden.‹“

Damit erntet er natürlich als erste Reaktion einen freundschaftlichen Lacher. Gleichwohl spürt die Runde, daß dahinter sehr viel mehr stecken könnte als nur ein guter Joke, und er erweckt ernstliche Aufmerksamkeit. Einer der Freunde fordert den „Herrn Professor“ auf, das Gesagte näher zu erläutern, und Phaidros hebt an:

„Seelenfrieden ist genaugenommen überhaupt nichts Oberflächliches“, erläutere ich. „Es ist das einzige, was zählt. Was ihn fördert, ist gute Mechanikerarbeit; was ihn stört, ist schlechte Mechanikerarbeit. Was wir als die Brauchbarkeit einer Maschine bezeichnen, ist nur eine Objektivierung dieses Seelenfriedens. Der letzte Prüfstein ist immer unsere eigene Gemütsruhe. Wenn man die nicht hat, wenn man beginnt, und sie sich nicht während der Arbeit bewahrt, dann läuft man Gefahr, seine eigenen persönlichen Probleme buchstäblich in die Maschine einzubauen.“

Hier finden sich also, in bestmöglicher Verdichtung, die beiden Begriffsinhalte des Teekesselchens. Einerseits die Stimmung, mit der man an eine Sache herangehen sollte – etwa wenn man ein „japanisches Fahrrad“ montieren will, und andererseits die Stimmung, in die „gute Mechanikerarbeit“ – also etwa das fertig montierte Fahrrad – einen versetzt.

Für heute wollen wir uns damit bescheiden – bis auf einen kleinen Hinweis in eigener Sache, vielleicht. Bolle liebt ja ganz grundsätzlich Selbstbezüglichkeit – wenn also etwa die Dinge, über die man redet, plötzlich im richtigen Leben in Erscheinung treten. So war es auch hier. Nach einem System-Update, das nicht wirklich zwingend nötig gewesen wäre, sah sich Bolle unversehens mit einer ganzen Reihe von Fall #4-Konstellationen konfrontiert und hatte reichlich Gelegenheit, das Dozierte – Wie bewege ich mich möglichst geschmeidig in der 4-Felder-Tafel, ohne einen Knall zu kriegen? – ganz lebenspraktisch anzuwenden. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

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