Bolle hätte es ja nie für möglich gehalten, daß er auf seine alten Tage rein vernunftvermittelt noch mal richtig gläubig werden würde. Insbesondere einem Agnostiker steht das schließlich schlecht zu Gesichte.
Auf die Frage „Glaubst Du an Gott?“ sollte jede auch nur halbwegs entwickelte Seele (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) unvermittelt mit „Definiere Gott“ antworten müssen. Alles andere macht wirklich wenig Sinn – um nicht zu sagen: gar keinen.
Die Frage hingegen „Glaubst Du an Studien?“ würde nolens volens jede noch so niedrig liegende Latte intellektuellen Anstandes reißen. Hier wird es allen Ernstes wirklich albern. Aber genau das passiert zur Zeit – zumindest wenn man dem, was in kontemporären Talk Shows Abend für Abend verbraten wird, auch nur einen Hauch von Glauben schenken mag.
Da wird von „Faktenverdrossenen“ schwadroniert bzw., als stilistische Variante, von Leuten, die „keine Lust auf Fakten“ hätten. Man muß sich das mal klar vor Augen führen: Was, bitteschön, haben „Fakten“ denn mit „Lust“ zu tun? Wie es scheint, hat da so mancher (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) jegliche Distanz zu bzw. jegliche Einsicht in „Blubbersprech“ verloren. Was bleibt, ist arrogante Attitüde – die Wahrheit für andere. Die aber manifestiert sich konsequenterweise um so vehementer. Irgendwas muß einem ja bleiben im Leben …
Soll man denn gar nichts mehr glauben dürfen? Natürlich nicht. Allerdings man sollte, falls die Frage das erfordert, die Kurve zum „me“ nicht verfehlen: Wer bin ich, darauf zu antworten? (vgl. dazu, einmal mehr, unsere Grundlagen-Graphik bzw., zuletzt, Fr 10-12-21 Das zehnte Türchen …).
Also lieber ein bescheidener, demütiger Agnostiker als ein arroganter, besserwisserischer und hochmütiger Klugscheißer – stets redlich bestrebt, andere mit der eigenen Wahrheit zu beglücken. Bolle jedenfalls sieht das so.
Zugegeben: Es hat schon finsterere Zeiten gegeben – mit noch sehr viel durchgeknallteren Potentaten, die – egal ob im demo- oder autokratischen Gewande – von vaterlandskonformen Zeitgenossen sehr viel mehr als nur einen „Pieks“ erwartet und gefordert haben. Aber erstens sollte uns derlei nicht unbedingt als Vorbild dienen und zweitens wäre das dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …