So 01-06-25 Rauchen wie Gott in Frankreich

Twins – Zwillinge (1988).

Um es mal mit Obelix zu sagen: Die spinnen, die Franzosen. Aber nicht nur die. Bei Lichte betrachtet sind es wohl eher die Zeiten an sich, die spinnen. Bolle meint ja, wie so oft, als erstes: Definiere ›spinnen‹. Probieren wir es mit einer Umschreibung: Vielleicht ist ›Spinnen‹ ja nur so eine Art „Realitätsunwilligkeit“ – wie Roger Köppel, der große Journalist der kleinen Schweizer Zeitung, das neulich mal genannt hat.

Was ist passiert? Die Grande Nation hat sich zu der Idee verstiegen, Rauchen ab demnächst nicht nur mehr in geschlossenen Räumen verbieten zu wollen, sondern weitestgehend auch unter freiem Himmel – also in Parks und öffentlichen Gärten, aber auch an Bushaltestellen, bei Sport und Spiel auf den Tribünen, und natürlich in der Nähe von Schulen, of course.

Wo Kinder sind, da muß der Tabak weichen. Soweit die Argumentations-Attrappe. Es gebe nun mal ein Recht der Kinder auf saubere Luft. Im Freien! Hört, hört! Bolle meint, hier durchaus einen Hauch von Hysterie ausmachen zu können, und – let’s go crazy – auch einen Hauch von Filigran-Faschismus, der definitionsgemäß ja will, daß alle gleich sein wollen sollen. Von wegen liberté toujours. Die ganze Liberté-Idee scheint Bolle mittlerweile ja ohnehin so eine Art Auslaufmodell zu sein. Wie nur kann es möglich sein, daß die Grande Nation sehenden Auges im Kern zu einer Grande Imitation, also einem seelenlosen Abklatsch ihrer selbst, verkommt? Aber vielleicht hängt Bolle das alles auch einfach nur zu hoch. Wer weiß?

Im übrigen handelt es sich hier auch um einen Fall von ›Edel versus Eigentlich‹, also Bolles EvE-Theorem: Jedes eigentliche Vorhaben, und sei es noch so schändlich, läßt sich bei hinreichender konstruktivistischer Kreativität locker mit einem Zuckerguß edler Absichten glasieren. Alles für die lieben Kleinen. Und die Freiheit? Die stirbt natürlich unterm Zuckerguß.

Und wie schnell das alles ging und geht – zumindest in der Rückschau im Schnelldurchlauf. Unser Bildchen zeigt eine Szene aus ›Twins – Zwillinge‹ (USA 1988 / Regie: Ivan Reitman / mit Arnold Schwarzenegger, Danny DeVito, Kelly Preston und Chloe Webb). Dort hatten sich die beiden Zwillingsschwestern bei einem Einkaufsbummel im Supermarkt – also drinnen – noch ganz entspannt ein Zigarettchen brüderlich geteilt. Im Supermarkt! So weit hat es Bolle nie getrieben. Und das alles ist gerade mal knapp 40 Jahre her – also nur etwa gut eine Generation. Was nur mag da schiefgelaufen sein bei der Aufzucht der kleinen Racker (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)? Wie nur kann es sein, daß ›Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll‹ zu ›Veganismus, Laktose-Intoleranz und Helene Fischer‹ verkümmern konnten? (Womit natürlich mitnichten irgendwas gegen Helene Fischer gesagt sein soll, of course). Und wie kann es sein, daß sich Lucky Luke etwa – im Nachdruck der Hefte auch rückwirkend, versteht sich – mit einem Grashalm im Mäulchen begnügen muß statt mit ‘ner ehrlichen selbstgedrehten Ziggi?

Seinerzeit, das weiß Bolle noch ganz genau, gab es im ›Schwarzen Café‹ am Savignyplatz noch ein ›Schwarzes Frühstück‹ für Minimalisten (oder vielleicht auch Existentialisten) zu haben. Eine Tasse schwarzen Kaffees mit einer schwarzen Zigarette. Sapienti sat – Der Philosoph wird davon satt.

Aber muß man denn unbedingt rauchen? Natürlich nicht. Ein jeder (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) mag das halten, wie es ihm zu Nutz und Frommen scheinen mag. Auf die Frage einer Studentin, warum er denn rauche, ist es Bolle – ohne nachzudenken, also so richtig zenmäßig – in einer großen Pause einmal rausgerutscht: „Weil ich irgend etwas brauche im Leben, das völlig sinnlos ist.“ Ansonsten käme er sich vor wie der Arbeitsgaul ›Boxer‹ in Orwells ›Animal Farm‹ (1945) oder wie einer dieser deprimierend derangierten Borgs aus ›Star Trek‹. Bolle hatte sich immer schon gefragt, worin die wohl ihren Lebenssinn sehen mögen. Indes: am klügsten ist es wohl, wenn man erst gar nicht fragt. Immerhin: Bolles Begründung hatte, wie es schien, durchaus einiges an Überzeugungskraft – wie das mit Zen-Sprech ja öfters mal so ist. Jedenfalls war diesbezüglich Ruhe im Karton.

Übrigens: Frankreichs private Terrassen sollen „selbstverständlich“ von der Regelung ausgenommen bleiben, of course. Bolle meint, dann is ja jut. Kieken wa ma, was die Zukunft bringen mag. Beim Zeitgeist weiß man schließlich nie. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

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