Gegen Ende unseres kleinen agnostisch-kontemplativen Adventskalenders wollen wir noch mal so richtig tüchtig gesellschaftskritisch werden – dabei aber strikt im Rahmen unserer Human-Touch-Themen bleiben.
Das Bildchen zeigt einen Fund, wie er sich bei einem von Bolles gelegentlichen Weihnachtsbummeln zufällig ergeben hat. Von „Einkäufen“ zu reden, wäre schließlich glatt übertrieben.
Was soll das sein? Ein Regenschirm, schon klar. Ein Stock? Mit einer Länge von etwa 70 Zentimetern – Bolle hatte seinen Zollstock nicht dabei – ist er definitiv zu kurz für fast jeden (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course). Bolles Billo-Stockschirm etwa hat eine Länge von 88 Zentimetern – das mag noch eben angehen, der Versace eine Länge von 93 Zentimetern. Gardemaß!
Bolle meint ja, wenn schon Stockschirm, dann sollte er auch was mit Stock zu tun haben. Und das setzt nun mal eine bestimmte Länge voraus, eine gewisse Stabilität und nicht zuletzt auch einen bestimmten Krümmungsradius des Griffes, damit man den Schirm, wenn es mal nicht regnet und man sich auch nicht stützen möchte, bequem an den Arm hängen kann. Form ohne Funktion ist nun mal Kitsch. In dieser Hinsicht ist Bolle recht streng.
Ansonsten kommt es bei einem Schirm ja eher auf die Spannweite an. Hier liegen alle für diesen Beitrag eigens getesteten Schirme mit 100–110 Zentimetern in einer brauchbaren Größenordnung. Selbst ein Knirps – die es übrigens auch schon wieder seit knapp 100 Jahren gibt – bringt es bei einer Länge von nur etwa 30 Zentimetern noch auf 90 Zentimeter Spannweite.
Das alles erinnert natürlich ein wenig an Tommy Jauds ›Millionär‹ (2007) – ein Roman, der von einem gewissen Simon Peters handelt, der, nachdem er arbeitslos geworden ist, zusehen muß, wo er bleibt. Wie das Leben so spielt, denkt er sich eine Tätigkeit als Produktkritiker aus.
Gleich einleitend heißt es dort: Ein Drittel der Menschheit ist bekloppt. Manchmal ist es auch die Hälfte, das hängt vom Wetter ab. Unsinn? Vielleicht erklärt mir dann ja mal jemand, warum fast alle Fußgänger bei den ersten Regentropfen sofort ein unfaßbar blödes Gesicht machen und die Schultern hochziehen. Glauben sie im Ernst, sie würden durch eine dämliche Grimasse und hochgezogene Schultern auch nur einen einzigen Tropfen weniger Regen abkriegen? Das ist eine rhetorische Frage mit einer sehr, sehr traurigen Antwort: Sie glauben es!
Was die Quantifizierung der Bekloppten angeht, ist Bolle übrigens weniger optimistisch als Tommy Jaud. Pars pro toto: Neulich ist Bolle eine Zirkel-Graphik folgenden Inhalts unter die Augen gekommen: CDU baut Mist — alle wählen SPD — SPD baut Mist — alle wählen CDU — CDU baut Mist, … und so weiter, ad libitum. Ein Zirkel, eben. Ein wenig erinnert das an Sartres Einakter ›Geschlossene Gesellschaft‹ (1944), für den Bolle übrigens als Schüler schon den Titel ›No exit‹ vorgezogen hat. Am Rande bemerkt soll man auch „Zwerge“ – wie etwa in ›Zwergenschirm‹ – nicht mehr sagen dürfen. Laut DWDS (Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache) sei das nicht nur „abwertend“ (wie so oft), sondern glatt „diskriminierend“ – also noch einen Zacken heftiger. Na toll. Wenn’s denn dem Wachstum dient … Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.