Abflußfrei ist ein herrliches Wort. Zum einen – und meistens ist wohl das gemeint – kann es bedeuten, daß der Abfluß frei ist – daß also Sachen oder Dinge, die nicht länger gebraucht werden, sich flüssig flugs entfernen können.
Andererseits kann es aber, tout au contraire, auch bedeuten, daß ein System frei von Abflüssen jeglicher Art ist. Die Folge ist, schau, schau, ein Stau. Was tun, sprach Zeus? Nun, wenn es schon nicht gelingen will, den Abfluß frei zu kriegen, dann sollte man wenigstens versuchen, den Zulauf einzudämmen.
Letztlich ist es wohl eine Frage des Gleichgewichts, beziehungsweise es geht, wie eine chinesische Weisheit das auszudrücken pflegt, darum, seine Mitte nicht zu verlieren. Womit wir bei unserem Schildchen wären: Von der Gosse zu den Sternen ist’s kein bequemer Weg – wobei die Gosse gar nicht mal so schlecht zum Abfluß paßt.
Vor Jahren einmal hatte Bolle das Schnäuzchen gestrichen voll: Statt sich den ganzen Tag von wahnsinnig wichtigen Nuhs zudröhnen zu lassen, hatte er sich eine regelrechte Null-Diät auferlegt und gar keinen diesbezüglichen Input mehr zugelassen. Und? Hat er was versäumt? Wohl kaum. Bolle kann sich recht gut erinnern, wie ein Kommilitone beim Mensa-Plausch mit den krassesten Neuigkeiten rüberkam. Bolle konnte alles, wirklich alles, als entweder höchst absehbar oder recht trivial abtun – oft genug beides. Verpaßt hatte er offenbar nichts, rein gar nichts. Na also – geht doch, wird er sich damals gedacht haben.
Wirklich wirken in der Welt kann man demnach wohl nur, wenn man versucht, die Fülle der Erscheinungen auf ihren jeweiligen Nucleus granuli, den Kern vons Körnchen sozusagen, zurückzuführen. Das mag zwar anstrengender sein – Denken tut ja bekanntlich weh –, letztlich aber ist es wohl befriedigender.
Mit Meinungsfreiheit verhält es sich übrigens recht analog. Meinungsfreiheit kann bedeuten, daß einer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) seine Meinung frei äußern kann, ohne übermäßige Repressalien fürchten zu müssen. Meinungsfreiheit könnte aber auch bedeuten, daß einer völlig frei von jeglicher Meinung ist – zumindest von einer in irgendeiner Weise abweichenden Meinung. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.