So 14-09-25 Wenn’s doch der Wahrheitsfindung dient

Wittgenstein und Wichtelein …

Leute brauchen Orientierung. Das bedeutet nicht zuletzt zu wissen, was wahr ist und was nicht. Dabei wird – zumindest Bolle scheint das so zu sein – das Wissen um die Wahrheit nach einem mehr oder weniger gründlichen Modellierungsprozeß anhand aller jemals gewonnenen Eindrücke (Welt II) als Weltbild (mappa mundi) abgelegt (Welt III) und ist fürderhin handlungsleitend. Wobei bereits die Einsicht, daß das Weltbild nur ein Bild ist und mitnichten die Welt an sich (Welt I), offenbar nur fortgeschritteneren Gemütern – Agnostikern etwa – vorbehalten ist.

Welt im Bild …

Alle anderen verbringen ihr halbes, wenn nicht gar ihr ganzes Leben damit, andere von ihrem Wirklichkeitsmodell zu überzeugen – notfalls auch mit Gewalt: „Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag‘ ich Dir den Schädel ein.“ (Bernhard von Bülow 1903 in einer Reichstagsrede).

Wer meint, Recht zu haben, sucht sich zuvörderst „Fakten“ – so will es der Zeitgeist. Je mehr Fakten, desto Recht – wie manche ja zu meinen scheinen. Zwar sind ›Fakten‹ kaum mehr als ›Wahrheit aus der Froschperspektive‹ oder, wie Don Quixote de la Mancha (1605/1615) es seinerzeit gefaßt hat: „Tatsachen, mein lieber Sancho, sind die Feinde der Wahrheit.“

Wer‘s noch etwas dicker mag, der stützt sich gern auf Studien – als so einer Art Fakten-Bazooka:  „Seht her, hier steht’s. Die Studie hat ergeben.“ Zweifel ausgeschlossen. Bolle meint nur: Amen! Dann wird es wohl so sein.

Neulich hat eine Tageszeitung, die sich selbst für ein Qualitätsmedium hält, getitelt, daß sich „Füße hoch“ doch nicht lohne, da das Einkommen selbst bei Mindestlohn deutlich höher sei als bei Bürgergeldbezug. In der Kellerzeile (Bolles Gegenstück zur Dachzeile) hieß es ausführend, dies habe eine „neue deutschlandweite Studie“ ergeben. Arbeiten sei also „immer attraktiver“ – man habe schließlich „bis zu 662 Euro“ mehr.

Da hegt und pflegt jemand (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) in seiner Welt III die Ansicht, daß sich Arbeiten für ihn nicht lohne, etwa weil es bei seiner bescheidenen Ausbildung und einer entsprechend kläglichen Einkommenserwartung unter den gegebenen Umständen einfach keinen Sinn mache. Doch halt: nun kommt die Studie und verkündet, daß es, tout au contraire, für ihn (!) eben doch Sinn mache. Wer hat Recht? Die Antwort ist müßig, of course.

Ob es „attraktiver“ ist, bis zu 662 Euro mehr im Monat zu haben, entscheidet allein der potentielle Arbeitnehmer – und nicht etwa die Autoren einer Studie. In Bolles Kreisen nennt man das Konsum/Freizeit-Präferenz: Der Arbeitnehmer – und nur der – entscheidet, wieviel seiner Lebenszeit ihm zusätzliche Konsummöglichkeiten wert sind.

Im übrigen bedeuten 662 Euro mehr – man beachte hier vor allem auch den Fleiß und die Gründlichkeit der Autoren: alles präzise auf den Euro genau durchstudiert – gerade mal 22 Euro pro Kalendertag. Die aber ließen sich – so könnte man das durchaus sehen – bei sorgfältiger, umsichtiger und methodischer Haushaltsführung (in Bolles Kreisen heißt das ›SUM‹) leicht und locker wieder einspielen – etwa, indem man selber kocht, selber backt, und überhaupt so manches selber macht.

Von all dem aber schweigt der Studie Bräsigkeit. Allein das ist höchst charakteristisch für Studien aller Art. Sie belichten und beleuchten irgendeinen isolierten Teilaspekt des Daseins und geben das dann als die wirkliche Wahrheit aus. Bolle meint nur: Pustekuchen! Augen auf beim Weltbild-Basteln. Mit Fakten fressen und Studien schlucken jedenfalls ist es wirklich nicht getan.

Übrigens: Von Kümmern um Kinder und so – Marx hat das seinerzeit ›Reproduktion‹ genannt – war hier überhaupt noch gar nicht die Rede. Wenn etwa Mutti (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) sich auf Arbeit vergleichsweise sinnlos und schlechtbezahlt plagt,  derweil die lieben kleinen Schlüsselkinder mangels Zuwendung und unter tüchtiger Beihilfe von so manchem TV-Format zuhause systematisch verblöden, dann ist das sicher auch nicht ganz im Sinne des Erfinders. Auch hierzu weiß die Studie nichts zu sagen. Kurzum: Es ist offenbar gar nicht so einfach, auch nur einen Zipfel der Wahrheit zu erhaschen – schon gar nicht, wenn es um Wahrheit für andere geht. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 06-07-25 Kranksein – unser Preis fürs Dasein?

Medicus curat, natura sanat – Der Arzt kuriert nur, es heilt die Natur.

Ach herrje! Üblicherweise hat Bolle mit neugeborenen Babys ja nicht allzu viel zu tun. Manchmal aber eben doch – zumindest auf Entfernung. Und, wie das Leben so spielt, hat es unser heutiges Schildchen kürzlich erst aus den unendlichen Weiten des Netzes auf Bolles Festplatte verschlagen. Ein unmittelbarer Zusammenhang besteht dabei allerdings nicht – jedenfalls nicht daß Bolle wüßte.

Auch hat Bolle keine Ahnung, ob das alles wirklich wahr ist – oder ob wir es hier nicht eher mit dramaturgischer Verdichtung oder gar mit dramatischer Zuspitzung zu tun haben. Immerhin ist es ein hübsches Beispiel dafür, daß es im Spannungsfeld zwischen ›wahr sein‹ und ›für wahr halten‹ immer genau vier dichotome Möglichkeiten gibt – beziehungsweise neun, wenn man einen Agnostiker fragt (siehe Tafel).

WiWa – Wirklich wahr …?

Die Menge an Impfungen, die so ein Würmchen heutzutage über sich ergehenlassen soll, noch ehe es auch nur das zweite Lebensjahr vollendet hat, ist wirklich beachtlich und lappt locker ins Zweistellige. In Bolles Kindertagen war das anders. So viel kann als sicher gelten.

Nehmen wir an, an der Darstellung sei was dran (pos). Warum dann die Impforgien? Die naheliegende Antwort: Die Mütter (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) glauben es einfach nicht (false). In diesem Falle wären sie laut Tafel schlicht und ergreifend Verblödungsopfer (B1: false/pos). Allein das wird dem Baby wenig nützen. Dann muß es halt mit Allergien und Ekzemen leben, mit Steroiden und Ritalin.

Daß da was dran ist, dafür spricht die wohl kaum zu leugnende Beobachtung, daß Leute früher deutlich weniger mit Allergien zu tun hatten und auch weniger mit Ritalin. Wir hatten uns neulich erst gefragt (vgl. So 01-06-25: Rauchen wie Gott in Frankreich), wie es denn sein kann, daß ›Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll‹ binnen weniger als vierzig Jahren zu ›Veganismus, Laktose-Intoleranz und Helene Fischer‹ verkümmern konnten – und dabei mitnichten was gegen Helene Fischer gesagt haben wollten, of course.

Was haben die Leute denn früher gemacht? Easy – wenn die Lebenskräfte so schwach waren, daß sie nicht mal mehr gegen regelmäßig noch viel schwächere Bazillen (im allerweitesten Sinne) bestehen konnten, dann sind sie halt von hinnen geschieden – ganz nach dem sehr genialen langjährigen (1996–2008) Werbeslogan eines bekannten Bollchen-Herstellers: Sind sie zu stark, bist du zu schwach. Exitus also – aus die Maus.

Natürlich will das niemand, weder für sich noch für die lieben Kleinen – das sieht Bolle ein. Selbst ein so gottesfürchtiger Mann wie Martin Luther (1483–1546) konnte es nur schwer verwinden, daß der Herr in seinem unerforschlichen Ratschlusse gleich zwei seiner drei geliebten Töchter frühzeitig zu sich gerufen hatte. Vermutlich hätte auch er – von wegen ›Das liegt in Gottes Hand‹ – zum Penicillin gegriffen, wenn es das damals schon gegeben hätte.

Allein – was folgt daraus? Solange die ärztliche Kunst noch nicht so weit ist, daß sie wirklich heilen kann (statt nur zu kurieren) – und das kann und wird noch lange dauern –, solange wird es unabwendbar sein, daß ebendiese Kunst dafür sorgt, daß sich die Volksgesundheit zum Schlechteren entwickelt: Wer nicht stirbt, bleibt, sofern er nicht von selbst gesundet, dank medizinischer Hilfe krank – und drückt damit den Schnitt. Wer dagegen ablebt, fällt aus der Statistik raus – und hebt damit den Schnitt. Durchaus bitter, letztlich aber doch wohl wahr. Genau so hat das übrigens Walter Krämer, ein Statistik-Prof an der TU Dortmund, in einem Dreiteiler ›Fortschrittsfalle Medizin‹ im Spiegel 1989 einmal sehr umfassend dargelegt. Der Spiegel selbst hatte sich seinerzeit von seinem eigenen Gastbeitrag vorsichtshalber vorsichtig distanziert – was ja auch nicht alle Tage vorkommt.

Von der Wiege bis zur Bahre: Wir stecken überwiegend ziemlich fest im Medizinbetrieb – um nicht zu sagen: im Getriebe. Und solange sich die Heilkunst in weiten Teilen mit gewissermaßen „heillosem Kurieren“ bescheiden muß, wird sich daran auch nichts ändern. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 13-04-25 Die sklerotische Gesellschaft

Manchmal rauf und manchmal runter …

Zugegeben: so was ähnliches hatten wir schon mal (vgl. dazu So 11-08-24 Börsen-Crashli). Laut Bolles Börsenbarometer geht es nun mal

Manchmal rauf und manchmal runter
Manchmal über, manchmal unter,
Manchmal kunter, manchmal bunter.

Das sind die nackten Fakten, die vertrackten. Doch genug der Lyrik. Dinge ändern und verändern sich. Nichts könnte normaler sein. Da sitzt ein neuer Präsident im Weißen Haus – oh Gott, oh Gott, oh Graus. Und wir sind, als Gesellschaft, gar nicht darauf vorbereitet. Weia! Bolle fragt sich, was zum Teufel gibt es da denn vorzubereiten? Sollte es nicht für jeden professionellen Politikus simpelster Standard sein, auf Begebenheiten in der Welt, sei es innen, sei es außen, routiniert und mit gebotener Lässigkeit zu reagieren – ohne immer gleich hysterisch zu hyperventilieren? Und der Journalismus 2.0? Immer stramm und an vorderster Front mit dabei. Vermutlich bedingt das eine das andere. Fachkräftemangel allerorten. Oder, in Bolles Luhmann-Fassung (vgl. dazu Mo 12-12-22 Das zwölfte Türchen …).

Das System erzeugt die Elemente,
aus denen es besteht,
mittels der Elemente,
aus denen es besteht.

Auf längere Sicht kann das natürlich nicht gutgehen, of course. Das wird unmittelbar klar, wenn wir für ›Elemente‹ spaßeshalber ›Deppen‹ einsetzen – wobei, no offence, mit Deppen lediglich ein Synonym für ›Dumme‹ gemeint sein soll, also Leute mit offenkundiger kognitiver Kurzsichtigkeit.

Kann, oder sollte man solchen Leuten einen Vorwurf machen? Nichts sei Bolle ferner. Allenfalls könnte man sich fragen, warum in drei Teufels Namen solche Leute meinen, sich ausgerechnet in Politik und Presse tummeln und das Volk mit ihrer Kurzsichtigkeit infizieren zu müssen? In einsichtigeren Momenten ist Bolle die Antwort natürlich klar: Nirgendwo sonst lassen sich mit so wenig Talenten so viele Talente verdienen – um es mal mit einem Wortspiel aus ›Asterix und Kleopatra‹ (1963) auszudrücken.

Zu unserem Beispiel oben heißt es – einmal komplett durch den Blätterwald – mit seinem Zollpaket habe der amerikanische Präsident die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt und damit auch Vermögen von Privatanlegern in Milliardenhöhe quasi über Nacht ausradiert. Pöser, pöser Präsident!

Zu einer solchen Einschätzung kann man natürlich nur kommen, wenn man Donald Trump ohnehin voll übel findet und dringend Fakten sucht und findet oder wenn sich zu der kognitiven Kurzsichtigkeit eine chart-technische Ebensolche hinzugesellt. Blickt man nur ein ganz klein wenig über den sprichwörtlichen Tellerrand, dann wird unmittelbar klar, daß sich der DAX auf exakt dem gleichen Niveau befindet wie um Weihnachten herum (vgl. den gestrichelten Doppelpfeil) und gleichzeitig (von der Dezember-Blase einmal abgesehen) auf dem höchsten Niveau des gesamten letzten Jahres.

Ähnliche hysterische Hyperventilationsphänomene lassen sich mit Leichtigkeit beim Umgang mit Corönchen, beim Ukraine-Krieg und, sicherlich nicht ganz zuletzt, bei der „Erderhitzung“ ausmachen. Bolle sieht den tieferliegenden Grund ja in einem reichlich kaputten Weltbild der Protagonisten (mappa mundi vitiosa beziehungsweise, in Härtefällen, mappa mundi friata). So kann das natürlich nichts werden, of course – vergleiche Goethes Knopflochtheorem. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 23-03-25 Konfuzius reloaded

Total klar, das.

Manchmal, meint Bolle, kann es wirklich nicht schaden, auf die alten Meister zurückzugreifen. Etwa auf Kong Fu Tse – den ehrwürdigen Meister Kong. Meister Kong hatte seine Zeitgenossen mit seiner Antwort auf die Frage, was denn das Wichtigste sei, um den Staat in Ordnung zu bringen,  seinerzeit schon – gelinde gesagt – irritiert.

Statt also – wie so manche Weltverbesserer der Gegenwart – zu sagen, wir bräuchten mehr Wachstum (oder mehr Klimaschutz oder mehr Kriegstüchtigkeit oder weniger Spaltung der Gesellschaft – oder mehr oder weniger was auch immer), schien ihm etwas so abstraktes wie klare Begriffe das wichtigste. Und davon auch nicht etwa „mehr“ – sondern überhaupt.

Wie? Das soll’s gewesen sein? Klare Begriffe – und alles wird gut? Natürlich nicht. Allein das hat Kong Fu Tse auch gar nicht gesagt. Ganz im Gegenteil. Gesagt hat er, daß ohne klare Begriffe alles immer schlimmer wird. Schaut man sich um auf der Welt, könnte man glatt geneigt sein, dem zuzustimmen.

Aus Bolles Sicht war der Durchmarsch des Gender-Gaga einer der ersten und dabei „nachhaltigsten“ Verstöße wider den Geist. Und – Bolle lieebt Selbstbezüglichkeiten – da geht es auch schon los. Definiere Nachhaltigkeit: ›Nachhaltig‹ ist etwas, das auf Dauer funktioniert. Komplizierter ist es an dieser Stelle eigentlich nicht. Auch dann nicht, wenn der Begriff mittlerweile dermaßen inflationär verwendet wird, daß einem regelrecht schwummrig werden kann. Übergeblieben ist ein leeres Loch, in das ein jeder (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) einfüllen kann, was immer ihm beliebt. Mit Klarheit im weitesten Sinne hat das nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Die Sprache – und damit das Denken und damit das Handeln – wird, falls Kong Fu Tse Recht haben sollte, einfach nur komplizierter. Die Klarheit bleibt dabei glatt auf der Strecke.

Bolle kann sich noch gut an den Moment erinnern, als ihm das heute übliche Wort ›Entwicklungszusammenarbeit‹ das erste mal zu Ohren kam. Was das? Es handelt sich hierbei, im besten konfuzianischen Sinne, um Entwicklungs-Hilfe. Zusammenarbeit gibt es nur unter Gleichen. Auch hat das nichts mit „Augenhöhe“ zu tun – noch so ein modischer Dussel-Denk-Begriff.

Und warum das Ganze? Die übliche Begründung lautet meist, man dürfe nicht auf den Gefühlen der Unterprivilegierten beziehungsweise der Schwächeren beziehungsweise der Minderheiten beziehungsweise der was auch immer herumtrampeln. Ein hehres Ziel – das sieht Bolle ein. Aber hat es auch was mit Klarheit zu tun? Natürlich nicht.

Wir wollen hier und heute nicht allzuweit ausholen. Nur so viel: Als Bolle noch Tertianer war, gab es direkt neben dem Pausenhof einen Kiosk – und an dem Kiosk gab es Mohrenköpfe. In der großen Pause konnte man sich, ohne zu hetzen, zu dem Kiosk begeben, für 50 Pfennige eine Tüte mit fünf Mohrenköpfen erstehen und selbige bei einem Rundgang um das Schulgebäude genüßlich verzehren. Pausenbrot nach Pennälerart. Daß Bolles Pausenbrot irgend etwas – und sei es auch nur im allerweitesten Sinne – mit der Diskriminierung von Mohren zu tun haben könnte, wäre Bolle nie in den Sinn gekommen. Allen anderen ebensowenig. Die hießen einfach so. Klare Sache, klarer Begriff.

Bolle plädiert an dieser Stelle ja für das gewohnheitsrechtlich gut bewährte Rechtsinstitut ›Alte Rechte‹. Wenn etwas seit Jahrhunderten so oder so genannt wurde, dann ist es durchaus und zumindest eine Frage wert, warum ein und dieselbe Sache plötzlich unter neuem Begriff firmieren soll. Um die Gefühle der Mohren nicht zu verletzen? Bolle findet das alles sehr, sehr windig. Könnte man von den Mohren nicht ein gewisses Maß an Eigenleistung erwarten? Namentlich also deutlich mehr Souveränität im Umgang mit Mohrenköpfen? Schließlich hat Bolle ja auch rein gar nichts dagegen, wenn ihn ein Chinese als Langnase bezeichnet, ein Schwarzer als Weißbrot oder etwa ein Türke als Kartoffel. Na und? Volkswitz, eben. Wenn aber das Volk klarer tickt als seine selbstempfundenen Eliten, dann sind der konfuzianischen Konfusion Tor und Tür geöffnet. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 16-03-25 Pferd verkehrt und Ritterehre oder Der super-duper Masterplan

Der Problemlösungszirkel (PLZ) oder De arte solvendi.

Sie haben es tatsächlich getan. Of course, möchte man ergänzen. Sie haben – obwohl doch längst schon abgewählt – in den letzten Zügen ihrer Agonie dem Volke noch mal eben eine Phantastilliarde Sonderschulden aufs Auge gedrückt. Schulden, an denen die sprichwörtlichen kommenden Generationen noch ein ganzes Weilchen werden zu knabbern haben.

Damit das alles aber gleich viel freundlicher klingt, warten die gedungenen Sprachdesigner mit dem Begriff „Sondervermögen“ auf – einer Wortschöpfung, die eigentlich nur Sinn macht, wenn man ein entsprechendes kognitives Sondervermögen – dumm geboren, nichts dazugelernt, Rest vergessen – auf Seiten der Rezipienten unterstellt. Namentlich beim Journalismus 2.0 macht sich Bolle da nicht allzuviel Sorgen.

Macht das alles wenigstens Sinn? Aber Ja doch. Schließlich stehe demnächst mal wieder der Russe vor der Tür. Heute gehört ihm Rußland – und morgen die halbe Welt. Im übrigen müsse dringend das Klima gerettet werden und vor allem der Niedergang „unserer“ Demokratie. Sancta simplicitas!

Aber versuchen wir, uns Schritt für Schritt mit der dahinterstehenden Logik vertraut zu machen: Ist-Analyse: Wir haben zu wenig Geld. Ziel: Wir brauchen viel, gaanz viel Geld. Plan / Check der Mittel: Laßt uns ein tüchtiges Husarenstück auflegen. Das war wohl der Plan. Ein Check der Mittel erübrigt sich an dieser Stelle – schließlich ist die Akquisition der Phantastilliarden ja originärer Gegenstand des Problemlösungszirkels.

Das wirft natürlich mit Wucht die ›Ja, und nun‹-Frage auf. Phantastilliarden zu akquirieren ist die eine Sache. Was damit anfangen eine ganz andere. Da aber schweigt der Fürsten Törichtkeit. Die Details, so heißt es gut und gerne, seien natürlich noch zu klären, of course.

Geld allein macht nicht glücklich, wie der Volksmund weiß. Auch bringt Geld allein noch lange nichts zustande, wie Bolle zu ergänzen weiß. Ohne Geld ist es schwierig, irgend etwas zu bewirken, irgendein Ergebnis zu erzielen. Daraus folgt rein aussagenlogisch, daß, sofern einer was bewirkt hat, ein Mindesmaß an Mitteln im Spiel gewesen sein muß – vergleiche dazu ›Check der Mittel‹ in unserem Bildchen.

Daraus folgt aber nicht – und wirklich rein gar nicht – daß der Einsatz von Mitteln zu einem Ergebnis führen muß oder auch nur wird. In Bolles Kreisen notiert man derlei in etwa wie folgt:

Hier steht G für Geld beziehungsweise aktivierbare Ressourcen im weitesten Sinne, E steht für ein angestrebtes Ergebnis, „→“ für eine Implikation (wenn, dann) und das Häkchen schließlich steht für eine Verneinung. Mehr muß man dazu gar nicht wissen. Im Grunde also ist es mit Geld wie mit Beton: Es kommt drauf an, was man draus macht. Um aber was draus machen zu können, wäre es vielleicht keine dumme Idee, mit sich selber über die folgenden drei Punkte ins Reine zu kommen.

Erstens: Wie konnte es überhaupt zu den gegenwärtigen Zuständen kommen? Mit „zuwenig Geld“ würde sich Bolle nur ungern zufriedengeben wollen. Ob sich unter diesen Umständen mit „mehr Geld“ entscheidend was wird reißen lassen, bleibt daher eher fraglich.

Zweitens wäre es wohl hohe Zeit, endlich mal das Modewort „Investition“ begrifflich wieder auf den Teppich zu holen. Bei einer Investition handelt es sich herkömmlicher- und richtigerweise um eine Sachkapitalerhöhung (Anlagen, Maschinen, Werkzeuge, sowie wirtschaftlich wirksame Infrastruktur) mit der Absicht, die Arbeit leichter und vor allem schneller zu machen und so mehr Güter in kürzerer Zeit herstellen zu können. Zur Zeit aber ist es so, daß jede Verschleuderung von Geldmitteln als „Investition“ deklariert wird: Schleifchen drum. Merkt ja keiner. Wenn man lange genug – also zum Beispiel über Jahrzehnte – so verfährt, beantwortet sich unser erster Punkt praktisch von selbst: Wie konnte es so weit kommen? Die Antwort: Genau so! Beim Humankapital – doch das nur am Rande – gestalten sich die Verhältnisse noch sehr viel krasser: Klassenräume voller sekundärer Analphabeten, die lediglich tüchtig mit Tablets geflutet werden müßten – und alles werde sich zum Guten wenden. Weia!

Drittens schließlich sollte man sich darüber Rechenschaft ablegen, wo man überhaupt hinwill als Volkswirtschaft – oder gar als Land. Warum? Weil, wenn Du nicht weißt, wo Du hinwillst, mußt Du dich nicht wundern, wo Du ankommst. Darum. Das aber bedeutet zu gestalten – statt nur Probleme zu verwalten. Zu wissen, wo man hinwill, bedeutet übrigens zugleich, zu wissen, wo überall man eben nicht hinwill beziehungsweise zumindest nicht hin kann – weil es schlechterdings unmöglich beziehungsweise unsäglich dümmlich ist, auf jeder x-beliebigen Hochzeit weltweit tanzen zu wollen.

Bei allen dreien dieser Punkte aber hapert es derzeit aufs Heftigste. Mit weiteren Phantastilliarden wird sich das nicht lösen lassen. Als Kind schon war Bolle vertraut mit der höchst anschaulichen Wendung „Da ist der Wurm drin“. Was tun? Wurmkur oder Segel streichen? Beim gegenwärtig verfügbaren Polit-Personal – ganz überwiegend ohne jeden Hauch von Ritterehre – würde Bolle ganz unoptimistisch eher auf Segel streichen tippen. Für eine Wurmkur müßte es zunächst einmal so richtig rappeln im Karton. Aber wer weiß, wer weiß …?

The time has come, the Walrus said,
To talk of many things:
Of shoes – and ships – and sealing wax –
Of cabbages – and kings –
And why the sea is boiling hot –
And whether pigs have wings.

So hat es Lewis Caroll in seinem ›Through the Looking-Glass‹ 1871 schon gefaßt. Eine Übersetzung wollen wir uns hier sparen, weil die Weisheit im Nonsense liegt. Wer es dennoch wissen will, möge unter Mo 04-01-21 Letzte Fragen – total so! nachschlagen. Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 23-02-25 De ratione belli

Wie sich die Bilder gleichen …

De ratione belli? Vom Sinn des Krieges? Ja, kann ein Krieg denn sinnvoll sein?

Soweit Bolle das überblicken kann, würden die meisten – namentlich die sogenannten einfachen Leute – ein ruhigeres und friedliches Leben, gern auch mit kleineren Höhen und Tiefen, einer aufregenden beziehungsweise aufreibenden Existenz als Kriegsheld durchaus vorziehen.

Natürlich gibt es auch ganz andere. Als ebenso prominentes wie klassisches Beispiel mag uns Achilleus dienen. Vor die freie Wahl gestellt, ein kurzes, aber ruhmreiches Leben zu leben oder aber ein langes ohne sonderliche Fährnis und Gefahr, hatte er sich seinerzeit in jungen Jahren schon ausdrücklich für ersteres entschieden. Und so kam es dann auch. Obschon – ähnlich wie Sigfried in der Nibelungensage – praktisch unverwundbar, traf ihn vor den Toren von Troja der Pfeil des Paris – und zwar ausgerechnet an seiner sprichwörtlichen Achillesferse. Exitus. Heldentod.

Andererseits: Hätte Achilleus sein Leben in seiner thessalischen Heimat in ruhigen Bahnen verlebt, so wüßten wir heute rein gar nichts von ihm. Von hinnen geschieden wäre er, Stand hier und heute, allerdings so oder so.

Hatte also Bob Dylan nicht ganz Unrecht, als er 1963 seine Frage nebst sibyllinischer Antwort in die Welt geworfen hatte?

Yes, and how many times must the cannonballs fly
Before they’re forever banned?
The answer, my friend, is blowin‘ in the wind.
The answer is blowin‘ in the wind.

Nur wenig später – in den 1970er Jahren – kam Jane Goodall, eine britische Ethologin, dann aber mit ihren Schimpansenkriegen. Schimpansen bekriegen sich unter bestimmten Umständen kaum weniger mies und fies als wir Menschen in unserer Rolle als deren entwicklungsgeschichtliche Nachfahren. Einer von Goodalls Kollegen hat das wie folgt auf den Punkt gebracht: Wenn die Gewehre hätten – sie würden sie benutzen.

Unser Bildchen haben wir übrigens in Steingarts Morning-Briefing gefunden. Es ist offenkundig angelehnt an das „historische“ Bild der Jalta-Konferenz gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Für alle, denen das Original nicht unmittelbar vor Augen stehen sollte – hier ist es:

Jalta 1945 — mit Churchill, Roosevelt und Stalin.

Das Bild zeigt die seinerzeit wesentlichen Akteure Churchill, Roosevelt und Stalin. Von den Franzosen wollen wir hier stille schweigen. Vor allem aber Adi, der große Diktator, war damals ganz und gar nicht  dabei. Und so – genau so – ergeht es jetzt dem, wie die Yanks das neuerdings sehen, kleinen ukrainischen Diktator. Möglicherweise haben sie damit sogar Recht. Oder, wie Bolle manchmal zu bemerken pflegt: Augenhöhe gibt es nur unter gleichen.

Krieg ist Streit. Und Streite wollen entschieden sein. Alles andere führt zu einem nicht-enden-wollenden Hickhack. Dabei gibt es, grosso modo, rein sozialpsychologisch drei beziehungsweise vier Ebenen für einen Streit-Entscheid –

Streit-Entscheid-Ebenen.

… wobei die Ebenen in dieser Reihenfolge Wirkung entfalten. Wenn also zum Beispiel einer einen Streit argumentativ beziehungsweise kognitiv austragen will, der andere aber mit einer Tracht Prügel droht: Wer wohl wird sich durchsetzen?

Ist das schön? Oder gerecht? Natürlich nicht. Immerhin ist es klar. Und darin mag ein großer und nicht zu unterschätzender Vorzug liegen. Nichts anderes wohl hat Karl von Clausewitz gemeint mit seinem Diktum:

Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

An dieser Stelle wäre einiges zu vertiefen. Beschränken wir uns auf das Unverzichtbare: Wenn man es mit jemandem zu tun hat, der einem (um im Bild zu bleiben) eine Tracht Prügel (oder schlimmeres) androht, dann macht ein Rücksprung auf eine der höheren Ebenen so rein gar keinen Sinn. „Ich akzeptiere aber nicht, daß Du mich prügeln willst.“ Das wäre einfach nur lächerlich – und nichts als lächerlich.

Natürlich kann man ankündigen, den großen Bruder zu rufen, und der haut Dich dann. Das allerdings funktioniert, wenn überhaupt, nur dann und nur solange man einen großen Bruder zur Hand hat, der wirklich groß und stark ist und überdies aufgeschlossen mitzuspielen.

Hier hat sich, vergleiche unseren Beitrag letzte Woche (So 16-02-25 Die Erwachsenen sind zurück) über Nacht ganz Entscheidendes getan. Wieso und warum läßt sich vorläufig nur erahnen. Zeitgeist, vielleicht? Bei Clausewitz liest sich das so:

„Wir sehen also, wie von Hause aus das Absolute, das sogenannte Mathematische, in den Berechnungen der Kriegskunst nirgends einen festen Grund findet …“. Mit anderen Worten: Shit happens, mitunter.

Seit 1879 übrigens schon ist der folgende, meist fälschlicherweise Bismarck zugeschriebene Spruch belegt: Es wird nie mehr gelogen als vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd. Von ›Nach der Jagd‹ weiß Bolle wenig zu berichten. Von ›Während des Krieges‹ so einiges – und zwar seit 2008. Von ›Vor der Wahl‹?  Sagen wir so: Die professionellen Seelenmasseure (siehe die Übersicht ›Streit-Entscheid‹) sind rührig unter uns. Auf die Gefahr hin, uns zu wiederholen: Wählt weise – zumindest aber wohlbedacht. Die Fakten liegen sämtlich auf dem Tisch – wenn auch gelegentlich durch eine Serviette mehr oder minder geschickt verdeckt. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 16-02-25 Die Erwachsenen sind zurück

Roger Köppel kommentiert …

Roger Köppel, der große Journalist einer kleinen schweizerischen Wochenzeitung, kommentiert in seiner ›Weltwoche Daily‹ beziehungsweise aus seinem ›Institut für fortgeschrittene Gegenwartskunde‹ das Weltgeschehen mit bemerkenswerter Beständigkeit jeden Morgen, fünf Tage die Woche, in aller Herrgottsfrühe und im Doppelpäck (es gibt eine schweizerische und, jeweils gleich im Anschluß, eine internationale Ausgabe). Motto: „unabhängig, kritisch, gutgelaunt“.

Bei gegebenem Anlaß kann er allerdings auch schon mal sehr deutliche Worte finden. So heißt es in seinem Beitrag vom letzten Freitag gleich zu Beginn: „Die Erwachsenen sind zurück. Donald Trump betritt die Bühne. Und auf einmal ist alles ganz anders als das, was man Ihnen in den letzten drei Jahren einzureden versuchte.“

Es ist wohl noch zu früh abzuschätzen, wohin das alles führen mag. Manche aber wittern jetzt schon Frühlingsluft. Bolle meint, man muß schon ziemlich stumpf sein, um den Mehltau nicht zu merken, der sich in den letzten Jahren über Deutschland, Europa und weite Teile der Welt gelegt hat. Spötter paraphrasieren das ja gerne wie folgt:

Eine Lösung der Probleme?
Leider rein rechtlich nicht möglich.

Dann ändert halt das Recht, Ihr Deppen! Geht nicht? Natürlich nicht. Darauf hat man ja, wie’s scheint, viele Jahre lang mit einigem Fleiß hingewirkt – vielleicht nicht mit voller Absicht, aber vom Ergebnis her schon. Irgendein Recht, gerne und vor allem auch EU-Recht oder gar Völkerrecht – jeweils in einer mehr oder weniger aparten und dem eigenen Beharrungs-Interesse dienlichen Auslegung –, macht es schlechterdings unmöglich, irgend etwas anzupacken oder gar zu ändern.

Und so will es Bolle scheinen, daß den Mehltau abzustreifen ein veritabler Job für Superhelden sein dürfte – eine Mischung aus Herkules‘ Aufräumarbeiten im Augiasstall und Alexanders Gordischem Knoten. Mit rein sozialisationsbedingt doch eher recht abgehalfterten, in der politischen Wolle gefärbten Partei-Apparatschiks wird da wenig auszurichten sein. Bolle wäre wohl der letzte, der die Yanks vorbehaltslos klasse findet. Eines aber muß man ihnen lassen: Als Volk sind sie spektakulär pragmatisch. Sie probieren was aus – und wenn’s nicht funktioniert, probieren sie halt was anderes. Wenn‘s sein muß, wählen sie auch Trump. Und tun dabei so, als wär nichts gewesen. Namentlich gegen Mehltau ist das wohl nicht das schlechteste Rezept.

Nächsten Sonntag übrigens sind Wahlen. Bolle meint: Wählt weise – zumindest aber wohlbedacht. Und laßt Euch bloß nicht kirre machen. Bolle hat natürlich gut reden. Soweit wir wissen, war er als Kind schon ausgesprochen gruppendruck-resistent. Man kann ihm hundertmal sagen, dieser oder jener (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) sei pöse, pöse, pöse oder, je nachdem, voll lieb und ganz doll fürsorglich. Die Worte hört er wohl – allein ihm fehlt der Glaube. Auch ist steter Tropfen das letzte, was ihm imponiert. Und so perlt derlei an ihm ab wie klare Kloßbrühe am Lotus. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 26-01-25 Das Elend der Wōkness

Das Elend der Wōkness.

Falls Bolle das richtig überblickt, haben wir schon längere Zeit keine 4-Felder-Tafel mehr bemüht. Die letzte ist wohl vom August 2024 (vgl. So 04-08-24 Fast fashion / Slow fashion). Das ist immerhin ein halbes Jahr her. Wohlan, denn.

Nehmen wir an, wir befänden uns in einem Zustand, der alles andere als wünschenswert ist – und im übrigen nicht einmal funktioniert. In unserer 4-Felder-Tafel entspricht das dem Feld „Grrr!“ (rötlich eingefärbt). Zeit also, den sprichwörtlichen Arsch zu bewegen und nach Möglichkeit den Zustand „Fein!“ anzustreben – einen Zustand also, der nicht nur wünschenswert wäre, sondern auch noch funktionieren würde (lindgrün eingefärbt).

Dabei ergeben sich – zumindest in einer 4-Felder-Tafel ist das so – zwei prinzipielle Möglichkeiten der Transformation. a) Wir stellen zunächst einmal einen Zustand her, der zwar womöglich noch zu wünschen übrigläßt – dafür aber immerhin schon mal funktioniert (Pfeil a). Ein Schritt in die richtige Richtung, also. Den entsprechenden Zustand haben wir hier ›square‹ genannt – was man durchaus mit ›spießig‹ übersetzen könnte.

Oder aber, Pfeil b), wir stellen einen Zustand her, der höchst wünschenswert sein mag, dabei aber leider eben nicht funktioniert. Den entsprechenden Zustand haben wir hier ›wōk‹ genannt – was für ›wolkenkuckucksheimelig‹ stehen mag. Der Überstrich (Makron) soll uns sagen, daß das ›o‹ langgesprochen sein will.

Aber kann das überhaupt sein? Kann ein Zustand, der annahmegemäß nicht funktioniert (siehe Tafel), irgendwie doch funktionieren? Aber Ja doch. Hier die Lösungsmöglichkeiten in der üblichen Reihenfolge: Zunächst einmal könnte man stramm behaupten, daß die Lösung eben doch funktioniert. Eine Weile mag man damit sogar durchkommen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Medien der gleichen Hypnose anheimgefallen sind (vox populi – vox mediorum) und selber ganz dolle daran glauben. Flankierend verpackt man den Zustand in wohltönende Worte. Ein veritables Problem als „Herausforderung“ zu verniedlichen ist dabei wohl noch eine der harmloseren Varianten. Womögliche Kritiker werden derweil als Querdenker abgekanzelt oder, falls sie allzu frech werden, gar als Verfassungsfeinde und „mit der ganzen Härte des Rechtsstaates“ in ihre Schranken verwiesen: Wenn das jeder machen wollte – wo kämen wir denn da hin? Falls das alles nichts nützt, erklärt man mit frecher Stirn, die Lösung müsse schließlich funktionieren, da alles andere ja mit geltendem Recht nicht vereinbar sei. In Bolles Kreisen nennt man das die Palmström-Variante: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Falls auch das nicht reicht, hat es sich bewährt, den Zustand erst einmal mit Geld, mit gaanz viel Geld, zu ersäufen. Prominente Stichworte an dieser Stelle wären etwa „Doppelwumms“ und „Sondervermögen“. Natürlich wird auch das auf Dauer nicht funktionieren, of course.

Der springende Punkt ist folgender: Bolle kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß das ›wōke‹ Feld die Hülsenfrüchtchen dieser Welt anzieht wie die sprichwörtliche Scheiße die Fliegen. Und das ist durchaus auch verständlich. Um von ›Grrr!‹ nach ›wōk‹ zu kommen, braucht man lediglich ein heißes Herz. Von ›Grrr!‹ nach ›square‹ zu kommen ist sehr viel anspruchsvoller – und dabei auch weniger herzerfrischend.

Falls Bolle das richtig beobachtet hat, ist die Ampel ja daran zerbrochen, daß der Kanzler mal eben noch ein paar weitere Milliärdchen (sagt man so?) in die Ukraine pumpen wollte, die er zwar mitnichten hatte, sie gleichwohl aber pumpen zu können hoffen durfte. Allein: da war sein Minister vor. Nach Kanzlers Bekunden (und um es in der Diktion von Professor Crey aus Spoerls ›Feuerzangenbowle‹ zu sagen): „Lindner, Sä send albern. Ehnen fählt die settliche Reife.“ Kurzum: Der Kanzler wollte, wie seit Jahren gang und gäbe, einmal mehr den wōken Weg (funktioniert zwar nicht wirklich, ist aber doch ’ne dolle Sache) gehen, während sein Minister, wohl nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Verfassung, den squaren Weg (wäre zwar schön – ist aber leider nicht möglich) als „alternativlos“ angesehen hat.

Das Ende vom Lied ist, rein historisch gesehen, immer das gleiche. Wenn endlich klar ist, daß das alles dann eben doch nicht und wirklich nicht funktioniert: Betreten gucken, lange Gesichter machen – und im wind of change verkünden, daß man schließlich selber auch schon immer dagegen war. Dann nämlich schlägt die Stunde der Widerstandskämpfer, die alsdann wie Pilze aus dem Boden schießen. Neue Runde, altes Spiel. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 05-01-25 Lieb Herzelein, magst stille sein

Herzelein, magst stille sein.

Es tut sich was auf der Welt. Schleichend zwar – im Zeitraffer aber doch recht deutlich. Und wann, wenn nicht um diese Jahreszeit, könnte man besser kurz innehalten und ein wenig Abstand nehmen, um sich Rechenschaft zu geben, wie man zu den Dingen stehen mag? Ist es nicht gerade das junge, das taufrische Jahr? Und wohnt nicht jedem Zauber auch ein Anfang inne?

Es ist fast auf den Tag genau 6 Jahre her, daß Greta Thunberg beim Weltwirtschaftsforum in Davos unter dem Beifall der Weltöffentlichkeit – vor allem aber natürlich der Medien dieser Welt (vgl. dazu Mi 18-12-24 Das 18. Türchen: Vox populi – vox quojus?) – verkündete, sie wolle, daß wir Panik schieben: I want you to panic!

Bolle war damals schon nicht wohl dabei. Steht das doch in krassem Gegensatz zur Grundaussage des Anhalters durch die Galaxis, wo es spätestens seit 1978 schon auf dem Buchdeckel geschrieben steht, und zwar in großen, freundlichen Lettern: Bloß keine Panik! Bolle kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß da mächtig was untergegangen ist im Laufe von nur gut einer Generation – auch, wenn es möglicherweise die letzte sein mag.

Vor allem will Bolle nicht einleuchten, daß man ein Problem – irgendein x-beliebiges Problem – besser, schneller, leichter oder überhaupt lösen kann, indem man Panik schiebt. Bolle war, vor Jahren schon, einmal Zeuge einer dieser Wie-nicht-bestellt-und-doch-abgeholt-Lektionen, mit denen das Universum nicht oft, aber doch gelegentlich, aus heiterem Himmel aufzuwarten beliebt. Bolle befand sich auf einer Party im kleinen Kreise in einem der sozialistischen Plattenbauten – die mit der herkömmlichen Berliner Traufhöhe (22 Meter) wenig am Hut hatten, und zwar in einem der obersten Stockwerke. Direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite, gab es plötzlich einen Wohnungsbrand: Lodernde Flammen und mächtig viel Rauch. Im Grunde war es wie im Kino: unverstellte, aber sichere Sicht auf das Malheur vis-à-vis. – Lalülala, of course. Und? Was haben die Feuerwehrleute (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) gemacht? Sie haben seelenruhig und gemessenen Schrittes die Lage gepeilt, ihre Ausrüstung ausgerollt und das Nötige in die Wege geleitet. Von Hektik – oder Panik gar – nicht die Spur. Bolle hatte fast den Eindruck, daß man eher schlendert als hetzt oder hechelt. Es gibt Momente im Leben, da bleibt es nicht aus, an den Anhalter durch die Galaxis samt seiner Buchdeckel-Weisheit denken zu müssen.

Auch war das wohl kein Ausnahme-Phänomen. Jahre später hat Bolle mal eine Doku über einen dieser Katastrophen-Helfer/Retter/Schützer-Vorabend-Filme gesehen. Da waren sowohl der Schauspieler als auch der „echte“ Retter im Gespräch – und man war sich völlig einig, daß es in real life eher so läuft wie in Bolles Beobachtung. Panik völlig fehl am Platze. Da man den Zuschauern aber ein gehöriges Maß an Action bieten will, werden solche Filme dann eben panisch aufgepeppt. Nun, denn.

Kurzum: Jedem, der beruflich mit sowas zu tun hat, ist klar, daß Panik das letzte ist, was hilft. Daß sich jemand wie Greta Thunberg gleichwohl ein gehöriges Maß selbiger wünscht, mag ihrer jugendlichen und auch ihrer professionellen Unerfahrenheit geschuldet sein. Daß aber die Medien dieser Welt derlei Unsinn hysterisch hochgehyped haben – und selbiges noch immer tun, und zwar unvermindert – egal, ob es ums Klima geht, um Kriege oder Katastrophen aller Art, mag da schon bedenklicher stimmen. Und so kommt Bolle nicht umhin, sich zu wünschen, daß mehr gedacht werden möge. Gedacht – und dann gemacht. Das Herzelein mag derweil stille schweigen. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 29-12-24 Ladespaß

Ladespaß.

Dieses Jahr ist das erste Jahr, in dem es sowohl den agnostisch-kontemplativen Adventskalender als auch unsere Sonntagsfrühstückchen gibt. Warum? Weil letztere erst seit Mitte Mai dieses Jahres (nein, nicht „diesen“ Jahres) eingeführt sind. Dafür – das sei nicht unerwähnt – aber mit schönster Regelmäßigkeit.

Was den Adventskalender angeht, haben wir uns, den Wünschen unserer geneigten Leserschaft Rechnung tragend, überwiegend um Human-Touch-Themen gekümmert und schnöden Polit-Zirkus ein wenig außen vor gelassen. Schließlich war Weihnachtszeit und außerdem läuft uns das nicht weg.

Heute wollen wir – halb Human Touch, halb harte Welt (Goethe 1779) – einen Blick auf Bolles Ladespaß werfen. Wie? Ladespaß? Ist es nicht furchtbar lästig, die ganzen Gerätschaften, die man so braucht (oder zumindest zu brauchen meint), pausenlos mit frischem Saft zu füttern, als habe man es mit einem halben Dutzend Tamagotchis zu tun? Das durchaus. Allein – immer, wenn Bolle mal wieder eines seiner Geräte mit der nötigen Energie versorgen muß, kann er nicht umhin, sich zu freuen, daß es sich ja nur um Kleingeräte handelt, die zu füttern soo viel Aufwand dann ja auch wieder nicht ist. Unser Bildchen zeigt Bolles Ladestation – die sich wohl noch in durchaus vertretbaren Grenzen hält. Und so bleibt es nicht aus, daß Bolle beim Anstöpseln seiner Gadgets gelegentlich nach der Melodie eines uralten Karneval-Schunkelliedes vor sich hersummt: 🎵 Am liebsten aber laden wir // was handlich ist und klein. 🎵 Im Original heißt es: 🎵 Am liebsten aber baden wir // im Bier und auch im Wein. 🎵

Um den Kontrast zu verstärken, wollen wir uns vorstellen, daß Bolle ein Elektro-Auto hätte – eine Gerätschaft also, die wirklich richtig viel Energie braucht und sich durchaus nicht gemütlich vom Schreibtisch aus aufladen ließe. Da sei Gott vor, of course – sprach der Agnostiker.

Vor Jahrzehnten schon hatte Bolle von seinem damals besten Freund, einem angehenden Elektro-Ingenieur, gelernt, daß man in Fachkreisen zwischen Nachrichtentechnik und Energie­technik unterscheidet. Dabei ist Nachrichtentechnik alles, wo elektrische Energie der Speicherung und Verbreitung von Informationen dient. Energietechnik dagegen ist das, wo Strom ernstlich Arbeit verrichten muß – also zum Beispiel Maschinen antreiben, zu denen nicht zuletzt auch die E-Autos gehören, of course.

Nun – für Nachrichtentechnik braucht man vergleichsweise wenig elektrische Energie, für Energietechnik vergleichsweise viel. Das aber ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht. So gibt es zum Beispiel Unkenrufer (ein höchst seltenes Wort, übrigens), die rausgefunden haben wollen, daß Lithium – also der Rohstoff für die gleichnamigen Akkus – auf diesem Planeten nur in sehr viel geringeren Mengen vorhanden ist, als das für eine extensive Energietechnik wünschenswert oder gar erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang läßt der Ukraine-Krieg aufs Heftigste grüßen. Da nämlich geht es nicht zuletzt um – Lithium.

Nach allem ist E-Autos aufzuladen also womöglich ähnlich abenteuerlich wie Gänse am Heiligen Abend zu braten (vgl. dazu Sa 07-12-24 Das 7. Türchen: Wollense Toast …?) – nur halt eben ganzjährig. Entsprechend halten sich die Leute auch zurück. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Natürlich mag es sein, daß das alles doch noch ein gutes – oder zumindest weniger schlechtes – Ende nimmt. Noch ist schließlich nicht aller Tage Abend. Ob da aber was gelingen kann, wenn man den technischen Fortschritt in die Hände von, ausgerechnet, Berufspolitikern legt, scheint Bolle mehr als fraglich. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.