Di 01-12-20 Das erste Türchen …

Hier das 1. virtuelle Türchen …

Wir wollen — und zwar gleich zu Beginn der Adventszeit — nicht vergessen, daß Jesus, der Heiland der Christenmenschen, mitnichten der einzige ist, der versucht hat, ein wenig Licht (oder zumindest ein wenig bessere Laune) in dieses Jammertal zu bringen.

PS: In „Corönchen-Zeiten“ wäre es vielleicht nicht ganz unangebracht, die letzte Zeile dem Zeitgeist anzupassen:

Hört Ihr? Er hustet.

Das würde dem ganzen sowohl sprachlich als auch inhaltlich zusätzlichen Schwung verleihen — und das ist ja schließlich Sinn und Zweck von Aphorismen. Das aber soll jeder (beider- bzw. vielerlei Geschlechts, of course) mit sich selber ausmachen …

Di 20-10-20 Corönchen-Dimensiönchen

Die gute Nachricht vorab: Ein „exponentieller Anstieg“ der „Pandemie“ (rote Kurve) ist rein mathematisch unmöglich — jedenfalls auf längere Sicht. Ob das ganze in eine „Katastrophe“ münden wird oder ob es sich nicht eher um ein Auslaufmodell handelt (blaue Kurve), sei dahingestellt. Vorläufig spricht alles für ein Auslaufmodell.

Fr 25-09-20 Wortglöckchen und Donnerhall

Wie sich die Rolle von Führungskräften in einer hybriden Arbeitswelt ändert, erklärt Telekom-Personalchefin Birgit Bohle im Interview mit dem Handelsblatt. Ihr Credo: „Empathie und Vertrauen werden noch wichtiger.“

Gefunden im Handelsblatt Morning-Briefing von heute. Was, bitteschön, ist eine „hybride Arbeitswelt“?, fragt Bolle stumpf. »Hybride« sind „durch Kreuzung entstandene Wesen“. Wer, bitteschön, hat da was „gekreuzt“ in der Arbeitswelt? Darf der das? Im übrigen leiten sich Hybride ab von gr. hybris – was soviel wie „Frevel“ oder „Schändung“ bedeutet. Nomen est omen. Aber zurück auf den Teppich: Mit „hybrider Arbeitswelt“ soll wohl im Grunde „heute hier, morgen dort“ gemeint sein: Ab und an mal im „Office“ reinschneien und ansonsten gemütlich vorm heimischen PC hängen (wenn nur die Kinder nicht wären, die oft genug so rein gar kein Verständnis für moderne Arbeitswelten aufbringen) und … – Ja, was eigentlich? In Bolles Augen kann es sich dabei nur um eine Zwischenstufe handeln zu der Einsicht, daß man eigentlich ohnehin nicht groß was zu tun hat – weder „at home“ noch „im Office“. Bis allerdings diese Einsicht zu voller Reife gelangt, könnte es noch ein wenig dauern – wenn auch wohl nicht mehr allzu lange.

Man muss sich darauf verlassen können, dass Mitarbeiter selbständig Entscheidungen treffen und die Bälle nach vorne treiben.

Wortglöckchen, wohin das Öhrlein lauschet. Klingt erst mal gar nicht schlecht. Aber klingelt auch ein wenig – zumindest in empfindlicheren Ohren. Abermals zurück auf den Teppich: Entscheider sind dazu da – und werden im übrigen meist auch recht gut dafür bezahlt –, daß sie Entscheidungen treffen. Mitarbeiter dagegen sind dafür da, daß sie mitarbeiten. Das ergibt sich bereits aus der Definition. »Führen« bedeutet zu veranlassen, daß das „richtige“ getan wird – wobei das, was „richtig“ ist, von den Führenden bestimmt wird. Kurz und knapp: Führen bedeutet, zu veranlassen, daß das getan wird, was der Führende für richtig hält. „Selbständig Entscheidungen treffen“ kommt in diesem Konzept nicht vor – jedenfalls nicht in der Realität. Im übrigen: Woher sollen die Mitarbeiter wissen, wo „vorne“ ist – wo also sie die „Bälle hintreiben“ sollen? Für einen Mitarbeiter, der das weiß – und sich entsprechend verhält – gibt es genau zwei Möglichkeiten: a) er wird selber Entscheider, oder b) er fliegt raus. Die Erfahrung lehrt uns, daß regelmäßig b) der Fall sein wird. Weiter heißt es:

Sie müssen über Ziele und Ergebnisse führen können und regelmäßig Feedback geben.

Wie das? Die Mitarbeiter müssen führen können? Wortglöckchen im Quadrat. Hier paßt ja wirklich rein gar nichts mehr zusammen. Bolle meint: Wenn ditte der Führungsstil der Telekom sein soll, dann wundert mir jar nüscht mehr. Abschließend heißt es:

„Jetzt Artikel lesen …“

Och Nö, meint Bolle. Sapienti sat – bin schon bedient. Die Reizwörter „Empathie“ und „Vertrauen“ sparen wir uns unter diesen Umständen. Genug geklingelt. Das Gegengift zu ›Wortglöckchen‹ heißt übrigens ›Donnerhall‹. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Fr 18-09-20 Panne-Prozente

Wenn etwas um 50 Prozent zurückgegangen ist, dann muss es um 100 Prozent steigen, um dort hinzukommen, wo man vorher war.

Gefunden in Steingarts Morning-Briefing von heute. Wer hat’s verkündet? Der BDI-Präsident Dieter Kempf. Ach was, meint Bolle, kiek ma eener an. Ist das jetzt auch wahr? Oder spielt uns hier die Mathematik einen Streich?

Wie wäre es, wenn wir „Prozent“ beispielsweise durch „Äpfel“ ersetzen? „Wenn etwas um 50 Äpfel zurückgegangen ist, dann muß es um 100 Äpfel steigen, um dort hinzukommen, wo man vorher war.“ Das ist offenkundiger Unsinn: Wenn etwas um 50 Äpfel zurückgegangen ist, dann muß es (auch nur) um 50 Äpfel steigen, um dort hinzukommen, wo man vorher war. Oder ersetzen wir die Prozente durch Prozentpunkte. Wenn etwas um 50 Prozentpunkte zurückgegangen ist, dann muß es (auch nur) um 50 Prozentpunkte steigen, „um dort hinzukommen, wo man vorher war“. Kurzum: die Prozente tanzen unbotmäßig aus der Reihe. Dürfen die das? Oder „spalten“ sie damit gar die Mathematik? Weiter heißt es dort:

Das scheinen manche in der aktuellen Diskussion zu vergessen.

Was bitteschön hat das mit „vergessen“ zu tun? Kann man Mathematik (eigentlich ja eher Arithmetik, also „Rechenkunst“) einfach so „vergessen“? Oder ist es nicht doch eher so, daß man derlei immer schon verdrängt und noch nie ernstlich gewußt hat? Zu verwirrend, das alles? Brauchen wir eine Rechen-Reform – als konsequente Fortsetzung der Rechtschreib-Reform von 1996? Damals ging es darum, mit einer aufwändigen (mit „ä“, wegen „Aufwand“) Reform Sein (üble orthographische Kenntnisse der Schüler) und Sollen (bessere Noten in Deutsch-Diktaten) wieder besser zusammen zu bringen (oder nicht doch besser „zusammenzubringen“?). Dürfen wir zulassen, daß jetzt die Prozente derart kontraintuitiv aus der Reihe tanzen?

Was Herr Kempf uns sagen will, ist möglicherweise folgendes: „Wehret den Abstiegen. Denn der Aufstieg ist aufwendiger.“ Zumindest in Prozent gemessen ist das so. Was er allerdings zu übersehen scheint, ist die erfreuliche Kehrseite der Medaille: Jede Firma, die einen Rückgang von (nur) 50 Prozent erfahren mußte, kann sich, falls sie wieder „dort hinkommt, wo sie vorher war“, eines Zuwachses von spektakulären 100 Prozent rühmen. Und das ist doch auch was wert. Also sollten wir uns das mit der Rechen-Reform doch noch mal gut überlegen – zumal die Mathematik längst nicht so duldsam ist wie die Philologie. Philolog non calculat – aus gutem Grunde wohl.

Was Herr Kempf übrigens völlig außen vor läßt: Warum in alles in der Welt will er denn unbedingt wieder „dort hinkommen, wo er vorher war“? Soo toll war das weiß Gott ja wohl auch wieder nicht. Die einzige Linie, die Bolle einleuchten würde: (1) die „nachhaltige“ Steigerung der Arbeitsproduktivität (das passiert sowieso) nebst (2) eines Verteilungsverfahrens, das dafür sorgt, daß das allen – und nicht nur einigen – zugute kommt. Die damit verbundenen Probleme sind übrigens längst gelöst – man müßte nur noch zur Tat schreiten. Die Umstände sind, Corönchen sei Dank, alles in allem recht günstig. Ein doch eher uninspiriertes back to the past scheint Bolle nach allem ein wenig aus der Zeit gefallen. Aber das ist ein anderes Kapitel.