
Ach herrje! Neulich hieß es aus Kreisen der politischen Pädagogik doch glatt, daß so etwas an und für sich Harmloses wie etwa ein Bierchen zu trinken künftig erst ab einem vergleichsweise hohen Alter von 18 Jahren erlaubt sein sollte. Zur Zeit ist es ja noch so, daß selbiges mit 16 Jahren in Ordnung geht und in Begleitung eines schon erwachsenen Säufers bereits mit 14. Nun könnte man derlei durchaus als typisches Sommerlochthema durchgehen lassen – ähnlich wie etwa Nessie aus Loch Ness oder Killerwelse beziehungsweise gar Killer-Krokodile in Bade- und Baggerseen. Könnte man. Man könnte hier aber auch – einen gewissen Grundpessimismus vorausgesetzt –Spuren einer gewissen Regelmäßigkeit erahnen.
Dieser Tage ist Bolle in den unendlichen Weiten des Internetzes das Folgende untergekommen:

Die Aufzählung ist natürlich rein exemplarisch und bei weitem nicht vollständig. So fehlt zum Beispiel Bier. Ob und inwiefern sich jemand (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) dabei an seine eigene Kindheit erinnert fühlt, dürfte in erster Linie vom jeweiligen Lebensalter abhängen: Man wächst nun mal einfach rein in die Verhältnisse und hat kaum eine andere Wahl als das jeweils Vorgefundene nolens volens als das „Normale“ anzusehen. Bolle jedenfalls fühlt sich diesbezüglich mittlerweile durchaus ein wenig „vintage“ – um nicht zu sagen regressiv (von lat. regredi ›zurückgehen‹) im wörtlichen Sinne. Im übrigen fühlt er sich, einmal mehr, an Faust erinnert:
Was Ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist der Leute eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
Nun ist es ja wohl so, daß die Befindlichkeit, mit der jemand durchs Leben geht, sehr viel weniger davon abhängt, wie die Verhältnisse sind, als vielmehr davon, wie die Dinge sich gefühlt entwickeln. Zeitgeist als Vektor, sozusagen. Und hier kommt Bolle aus seiner Perspektive heraus kaum umhin zu meinen, daß sich die Dinge seit, sagen wir, 1990 in eine ganz grundsätzlich ungute Richtung entwickelt haben. Man könne hier geradezu von Kriegsfolgeschäden sprechen.
Was die jüngere Zeitgeschichte angeht, stellt sich der Trend in etwa wie folgt dar: Zunächst haben unsere Vorväter (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) einen Weltkrieg versemmelt – den zweiten in Folge. So etwas ist natürlich unverzeihlich und hat in der Konsequenz zu einer Kriegskinder-Generation geführt, die man pi mal Daumen auf die Jahrgänge 1945 ± 5 datieren könnte, und die ihrem Unmut dann in der 1968er-Bewegung Luft verschafft hat. Möglich war das, weil deren Elterngeneration derart schuld- und schamzerfressen war, daß sie sich völlig unberufen fühlte, ihren Sprößlingen auch nur irgendwelche Vorschriften machen zu können – Stichwort ›permissive Gesellschaft‹.
Die wiederum haben ihre Kinder – die Kriegsenkel also, die wir ähnlich grob auf 1975 ± 5 datieren können – dann so richtig gründlich versaubeutelt. Herausgekommen ist dabei so etwas wie die von Florian Illies so trefflich beschriebene ›Generation Golf‹ (2000).
Von den Kriegsurenkeln (2005 ± 5) – der vorläufig sprichwörtlich letzten Generation –, aufgewachsen in einer Welt, in der es nur so wimmelt vor kleineren und größeren Katastrophen, mit denen offenbar, wie’s scheint, niemand so recht umzugehen weiß, soll hier noch gar nicht die Rede sein. Bolle meint nur: Kieken wa ma.
Alles in allem: Leben wir nun, verglichen mit „früher“ – um es mal mit Voltaires ›Candide ou l’optimisme‹ (1759) zu fassen –, in einer besseren aller möglichen Welten? Bolle jedenfalls meint, da sei – mit Bier oder ohne Bier– durchaus so mancher Zweifel angebracht, und fühlt sich doch sehr an den hinduistischen ›Tanz des Shiva‹ erinnert – der sich in der agnostisch-kontemplativen Form ja in etwa wie folgt fassen läßt:
Manchmal rauf und manchmal runter,
manchmal über, manchmal unter,
manchmal kunter, manchmal bunter.
Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.