Mi 14-12-22 Das vierzehnte Türchen …

Das Ich und der andere (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)

Vor lauter Demokratie haben wir fast vergessen zu definieren, was wir uns denn unter den Leuten, die in einer Demokratie leben, vorzustellen haben – im günstigsten Falle also den Demokraten. Ein ›Demokrat‹ ist nach landläufiger Auffassung ›ein Anhänger der Demokratie‹. So gesehen kann Bolle schon mal kein Demokrat sein – weil er ja schon Agnostiker ist und damit jeglicher Form von „Anhängerschaft“ abhold.

Probieren wir es also eine Nummer kleiner und definieren: Ein Demokrat ist ›einer, der davon überzeugt ist, daß die Demokratie die beste aller möglichen Staatsformen ist‹. Auch hier muß Bolle passen. Wie wir ja gesehen haben, läuft Demokratie – zumindest so, wie wir sie gegenwärtig erleben müssen – auf eine Staatsorganisationsform mit institutionalisiertem Partizipations-Placebo hinaus. Dummerweise ist Bolle in diesen Dingen viel zu bewandert, um diesen Köder zu schlucken – und schon gar nicht freudig. Mit ›Herrschaft der Guten‹ und ähnlichen Entgleisungen soll man Bolle natürlich ohnehin nicht kommen, of course.

Probieren wir es also noch eine Nummer kleiner: Ein ›Demokrat‹ ist ›einer, der davon überzeugt ist, daß informierte und verständige Bürger ihre Geschicke selbst bestimmen und den jeweils Herrschenden gerade eben so viel Macht einräumen sollten wie eben nötig ist, um den Laden zusammenzuhalten‹. Hier wäre Bolle schon eher dabei. Obwohl – auch das wirft Fragen auf. Ganz zuvörderst natürlich die Frage, was wir uns denn unter einem ›informierten und verständigen Bürger‹ vorstellen wollen. Versuchen wir es mit einer Abgrenzung von hinten: zumindest also jedenfalls keinen, der alles frißt, was ihm die jeweiligen Herrschenden im Laufe der Zeit so alles aufzutischen belieben.

Und schon haben wir ein nettes kleines Anschlußproblem: ›informierte und verständige Bürger‹ fallen nicht vom Himmel und wachsen auch nicht auf Bäumen. Hier gäbe es durchaus einiges zu tun – und damit meint Bolle nicht die Digitalisierung der Klassenzimmer. Nicht, daß der Demokratie demnächst womöglich noch die Demokraten ausgehen …

Volksvertreter, die das Volk mit TikTok-Clips bei Laune halten wollen – lustig, lustig, traleralera! – wollen sich jedenfalls nicht ganz so gut in Bolles Demokraten-Verständnis fügen. Ebensowenig wie die Tendenz, alles, was einem nicht perfettamente ins Weltbild paßt, nonchalant unter den Tisch zu kehren oder als „verschwörerisch“ bzw. gar „demokratiefeindlich“ abzukanzeln. Den Standpunkt des anderen verstehen zu können geht jedenfalls anders. Verstehen können heißt ja nicht einnehmen müssen. Aber für manchen ist offenbar selbst das schon „zu komplex“. Und so kommt es, daß im Namen der Einigkeit aller aufrechten Demokraten der Begriff an sich ad absurdum geführt wird.

Und überhaupt: als ob „Einigkeit“ eine originär „demokratische“ Tugend wäre. Übertriebene Einigkeit kennzeichnet wohl eher totalitäre Systeme. Und so berühren sich die Enden. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

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