Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Bolles ›Polit-PR-Offensiv-Plan‹ ist natürlich nur eine finstere Phantasie – um nicht zu sagen: Dystopie. Ganz im Gegenteil: Bolle ist schwer davon überzeugt, daß eine Gesellschaft – noch dazu eine Gesellschaft, die über kaum natürliche Rohstoffe verfügt – ohne Humankapital ziemlich dumm dastehen würde. Humankapital aber hat doch einiges mit Denken können zu tun. Was, bitteschön, denn sonst?
In diesem Zusammenhang will Bolle das Beispiel von Pol Pots Roten Khmer (1975–1979) nicht aus dem Sinn. Seinerzeit war man der herrschenden Partei schon dann verdächtig und im Zweifel füsilierungswürdig, wenn man – als Indiz für seine Intellektualität – zum Beispiel so etwas Verdächtiges wie eine Brille trug.
So weit sind wir hier bei weitem noch nicht. Allerdings: die Richtung stimmt. Spötter befürchten ja, daß eines nicht allzu fernen Tages das Denken an sich verboten werden könnte, damit die Dummen sich – wohl im Rahmen einer Inklusivitäts-Offensive – nicht zurückgesetzt fühlen mögen.
Diesmal hat es Udo Lindenberg erwischt. In seinem ›Sonderzug nach Pankow‹ (1983) nämlich kommt ein „Oberindianer“ vor. Grund genug für manches Hülsenfrüchtchen, hier „rassistische Diskriminierung“ zu wittern und das Wort auf den Index zu setzen.
Den Index? Gibt es denn einen? Und, falls Ja, wer hat den mit welcher Legitimation wo hinterlegt? Bolle mußte mehrere Tage warten, bis sich die Nebel der Empörung langsam lichteten und herauskam, daß es die ›Stiftung Humboldt-Forum im Berliner Schloss‹ war, die angesichts einer geplanten Sangesdarbietung auf das Lied an sich nicht verzichten wollte – aber doch bitteschön ohne den „Oberindianer“. Statt dessen solle man besser „Ober-I-I-I-I …“ singen – oder was auch immer.
Auch ist das alles keinesfalls neu. Allerdings wird es dadurch nicht besser. So gab es vor einigen Jahren schon Bestrebungen, PURs ›Wo sind all die Indianer hin‹ (1983) entsprechend anzumeckern. Seinen Kindern Cowboy und Indianer spielen zu erlauben – vor allem Indianer – geht ohnehin nur noch, wenn man eine lange und schmutzige Auseinandersetzung mit der jeweiligen Kita-Leitung nicht scheut und Wert darauf legt, wahrhaft resiliente Kinder großzuziehen.
Bolle – das müssen wir einräumen – fällt es wirklich nicht leicht, sich in Hülsenfrüchtchens Horizont reinzudenken. Allein das Motiv scheint klar: Es geht, wie’s scheint, um eine bessere Welt. Was aber soll das sein? Eine Welt ohne Indianer? Oder doch eine Welt mit Indianern – die dann allerdings nicht mehr so heißen dürfen?
Bolle wird das alles erst dann glauben wollen, wenn die Indianer vollständig rehabilitiert sind. Das aber würde neben einer allfälligen „Entschuldigung“ die Rückgabe sämtlicher besetzter Gebiete bedeuten sowie den vollständigen Rückzug der Bleichgesichter vom amerikanischen Kontinent. So ginge Glaubwürdigkeit! Konsequenz statt verquaster Sprachkosmetik! Das aber steht bis auf weiteres wohl kaum zur Disposition und wäre im übrigen auch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.
Das ist alles nur ein böser Albtraum, oder? Was sagt Udo dazu? Gibt es einen Kommentar? Sollte er sich darauf einlassen, ist er die längste Zeit mein Held gewesen? Nich mal ignorieren!!!
Sagen wa so: Schlimmer geht immer 🙂 Udo (bzw sein Management) hält sich bislang noch vornehm zurück. Kieken wa ma … Im übrigen hält’s Bolle mit Astrid Lindgren: „Finger weg von meinen Texten.“ Erst die kleenen Erbschleicher waren dafür, „Negerkönig“ mit „Südseekönig“ zu klittern. Als ob se das was anginge und als ob’s in der Südsee Neger gäbe 🙂