So 17-11-24 Und niemals wieder landen

Signale hör ick wohl, allein …

Manchmal will es Bolle ja so scheinen, als gäbe es eine Clique von unverdient Hochgestellten, die eine regelrechte Freude daran haben, brave Bürgersleut zu drangsalieren. Das machen sie natürlich nicht mit Absicht. Gleichwohl aber mit Absichten – und zwar mit guten, versteht sich, of course. Im Kern ist es wohl so, wie Diedrich Dörner das 1989 schon in seiner ›Logik des Mißlingens‹ so trefflich formuliert hat. Wir werden ja nicht müde, es immer wieder zu erwähnen (vgl. dazu etwa Fr 23-04-21 Vive la France! – ein Beitrag, der immerhin schon 3½ Jahre alt ist).

Meines Erachtens ist die Frage offen,
ob ›gute Absichten + Dummheit‹
oder ›schlechte Absichten + Intelligenz‹
mehr Unheil in die Welt gebracht haben.
Denn Leute mit guten Absichten
haben gewöhnlich nur geringe Hemmungen,
die Realisierung ihrer Ziele in Angriff zu nehmen.

Nun – momentan scheinen wir von ›gute Absichten + Dummheit‹ regelrecht überschwemmt zu werden. Dabei wollen wir unter ›Dummheit‹, wie stets, nicht mehr verstehen als das kognitive Unvermögen, Gegebenheiten bzw. Zusammenhänge erkennen zu können. Mit anderen Worten: unzureichende prognostische Kompetenz (vgl. dazu auch So 27-10-24 Vorausschauend fahren! Können vor Lachen).

Anlaß zu diesem Beitrag war folgendes: Da hatte ein ansonsten völlig braver Bürger einen der unverdient Hochgestellten als „Schwachkopf“ bezeichnet. Genau genommen hatte er selbst ihn gar nicht bezeichnet. Vielmehr hatte er einfach ein ziemlich süßes TwitteX-Bildchen mit einigem an Witz „geliked“. Die Folge: Strafanzeige wegen Majestätsbeleidigung, § 188 StGB. Bemerkenswert ist also, daß unser braver Bürger den „Schwachkopf“ nicht einmal selbst in den Mund genommen hat. Er fand das einfach nur niedlich. Wir kennen das von früher, als das reine Weitererzählen von politischen Witzen strafbar war – wenn auch nicht unbedingt unter dem Slogan „wehrhafte Demokratie“, dessen sich die unverdient Hochgestellten so gerne befleißigen.

Auch ist es interessant, wie solche Strafanzeigen überhaupt zustandekommen. Hat sich da unser „Schwachkopf“ persönlich beleidigt gefühlt und zum Schutze seiner Ehre Strafanzeige erstattet? Mitnichten. Mittlerweile wird von darauf spezialisierten Firmen das Netz mittels KI auf möglicherweise unbotmäßige Äußerungen durchforstet und die Strafanzeigen in einem automatisierten Prozeß an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, die sich – so viel Rechtsstaat muß sein – dann eben darum zu kümmern hat.

Doch das ist noch nicht alles. So hat ein offenbar höchst ambitionierter Staatsanwalt nebst einem wohl nicht minder ambitionierten Richter eine Hausdurchsuchung bei unserem ansonsten braven Bürger angeordnet. Man muß sich das vorstellen: Eine Hausdurchsuchung! Wegen eines Likes!

Bolle hält es ja eher mit der gewohnheitsrechtlichen britischen Regel ›My home is my castle‹. Eine Burg, in der der Staat, von Verfehlungen der krasseren Art einmal abgesehen, rein gar nichts zu suchen hat. Eben dies war in den vergangenen Jahrzehnten auch durchgängig gute juristische Praxis.

Von Winston Churchills Milchmann-Parabel jedenfalls entfernen wir uns zur Zeit geradezu im Sauseschritt:

Wenn es morgens klingelt an der Tür
und ich weiß, daß es der Milchmann ist,
dann merke ich, daß ich in einer Demokratie lebe.

Eher läuft es wohl auf Bolles Dystopie hinaus:

Wenn es morgens klingelt an der Tür
und ich denk‘, das könnt‘ der Staatsschutz sein,
dann war’s das erstmal mit der Demokratie.

Das alles ist ohne den Journalismus 2.0 natürlich völlig undenkbar, of course. Aber was erfährt der geneigte Durchschnitts-Medien-Konsument? Werfen wir einen Blick auf ein Original:

Journalismus 2.0

Der Beitrag läuft unter der doch recht verqueren Dachzeile ›Start-up‹, nennt ein edles Motiv („gegen Hass“) und erwähnt die erfolgreiche Akquisition „prominenter Mandanten“. Der Kern vons Janze, der nucleus granuli also, wird den Autoren offenkundig nicht helle. Bolle meint, da wundere ihn rein gar nichts mehr. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

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