So 25-04-21 Des Menschen Wille ist sein Himmelreich

Wer nicht will, der hat schon.

Es gibt Dinge, die kann man gar nicht oft genug betonen. Dazu gehört, wenn wir Bolles Sinn fürs Grundsätzliche nicht völlig ignorabel finden wollen, nicht zuletzt die seit der griechischen Antike eingeführte Darstellung der Philosophie als Mutter der Töchter Logik, Ethik und Ästhetik. Zwar hat es im Laufe der Philosophiegeschichte mannigfaltige Versuche gegeben, das alles zu verfeinern. Vergeblich. Alles wurde nur immer komplizierter, aber mitnichten wahrer (Logik), brauchbarer (Ethik) oder auch nur gefälliger (Ästhetik). Besser also, wir belassen es dabei.

Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Zumindest nach Karl May’s Einschätzung (der Karl May) handelt es sich dabei um „eines der bekanntesten und gebräuchlichsten unserer Sprüchwörter“ (damals noch mit „ü“ – doch das nur am Rande). Auch sind durchaus derbere, wenn auch seltenere Versionen im Umlauf. So findet sich bei Eiselein (1840) etwa die Fassung: „Was ich will, das will ich, und damit gut!“ Das klingt schon sehr nach Kanzler Schröders „Basta!“ seinerzeit (2000). Aber auch differenziertere Varianten sind dem Volke geläufig. So finden wir, ebenfalls in Eiselein’s »Sprichwörtern und Sinnreden« (1840), auch die folgende Fassung: „Wer tut, was er will, tut oft, was er nicht soll.“

Und damit sind wir im Grunde mitten im Thema. Individuelles Wollen deckt sich offenbar nicht immer mit kollektivem Sollen. Technisch gesehen haben wir es hier mit einer „Soll/Ist-Diskrepanz mit momentaner Transformationsbarriere“ zu tun – also einem Problem (vgl. dazu etwa Mo 22-03-21 Plan, Prognose, Plausibilität). Dem läßt sich begegnen, indem entweder die einen von ihrem Wollen abrücken (oder sich damit zumindest tunlichst bedeckt halten) oder die anderen – in der Regel ist das die Mehrheit – von ihrer Sollen-Vorgabe. Ersteres nennt man gemeinhin „Sozialisation“ – was „normalerweise“ ja auch recht prächtig funktioniert. Umgekehrt – wenn also die Mehrheit sich zu missionieren anschickt – wird es deutlich komplizierter. So manche, und das sind oft nicht mal die Schlechtesten, denken nämlich gar nicht daran zu wollen, was sie wollen sollen.

Na, und denn – ? (Tucholsky, vgl. dazu Mi 17-02-21 Na, und denn — ?). Denn versucht es die Mehrheit erst mit Schimpfen, und dann womöglich gar mit Argumenten. Ersteres ist schlechter Stil / 3. Tochter), letzteres konfundiert Logik und Ethik aufs sträflichste. Als ob Sollen beziehungsweise Wollen (Ethik / 2. Tochter) irgendwas mit Sein (Logik / 1. Tochter) zu tun hätte. Hat es nicht. Das ist spätestens seit David Hume (1711–1776) klar, also seit mindestens 300 Jahren. Wie also spricht der Dichter – in diesem Falle Wilhelm Busch? „Vergebens predigt Salomo. // Die Leute machen’s doch nicht so.“ Manche indessen – das soll hier nicht unerwähnt bleiben – probieren es auch mit Vermessung der Koordinaten des sozialen Raumes – gewissermaßen Sollen über Bande: „Das spielt den Rechten in die Hände“, heißt es dann zum Beispiel. „Wie kann man sich erfrechen, was zu wollen, was schon andere nicht wollen sollen?“

Alles, was man dazu sonst noch wissen muß, findet sich auf den einschlägigen Seiten zur #allesdichtmachen-Aktion, mit der Jan Josef Liefers, der Professor aus dem Münster-Tatort, nebst 50 weiterer Künstler-Kollegen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) dieser Tage so manchem recht unangenehm aufgefallen sind. Shitstorm und Appeasement – alles inklusive und in schönster dramaturgischer Verdichtung. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Sa 24-04-21 Von das kommt das

Herr und Knecht.

Beziehungen, genauer gesagt die Rollenverteilungen in einer Beziehung, gestalten sich nach allem, was wir wissen, strikt komplementär. Der eine schlägt, der andere duckt sich weg. Das klingt erst mal sehr vernünftig. Lassen sich doch so, zumindest für den Moment, weitere Schläge vermeiden. Dumm nur, daß sich auf diese Weise das komplementäre Verhalten habitualisiert. Man gewöhnt sich dran – beide gewöhnen sich daran –, daß das so ist. Und schon haben wir die schönste Rollenverteilung.

Natürlich muß man das mit den Schlägen nicht immer ganz wörtlich nehmen. Arma et verba vulnerant – Waffen und auch Worte können verletzen. Oder auch Abmahnungen. Bolle zum Beispiel hatte mal einen Vorgesetzten, der seine Freude daran hatte, seinen Unterworfenen – auch wenn man solche Leute heute für gewöhnlich meist „Mitarbeiter“ nennt – hin und wieder mal eine Abmahnung zukommen zu lassen. Gerecht? Mitnichten. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Was dann? Es ging einfach nur darum, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wer hier der Herr ist und wer der Knecht. Und gemeinhin funktioniert das auch recht prächtig: der Mitarbeiter (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) duckt sich weg, um, zumindest für den Moment, weitere Schläge zu vermeiden. Daß er damit seine eigene Unterworfenheit zementiert, scheint für den Augenblick erst mal egal.

Aber ist es denn immer so einfach? Prügelnder Chef, geduckter Mitarbeiter? Natürlich nicht. Das gibt dem ganzen ja erst seinen Pfiff. Hier ein Beispiel aus einem Konfliktbereinigungsgespräch, wie es Bolle kürzlich erst erlebt hat. In seiner Rolle als Mediator hatte er es mit einem Medianten zu tun, der sich, rein zivilrechtlich gesehen, durchaus ein wenig danebenbenommen hatte, sich dabei aber keiner Schuld bewußt sein wollte. Im Gegenteil. Seine Haltung – also die Rolle, die er für sich selber vorgesehen hatte – war in etwa die folgende: Du bist hier der Mediator, also klär das mal. Schließlich wirst Du dafür bezahlt. Aber halt mich da raus. Wenn – Betonung auf wenn – Bolle sich darauf, etwa durch übertrieben freundliches Entgegenkommen, eingelassen hätte: die Mediation wäre mausetot gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Also mußte Bolle zuschlagen – hart, aber gerecht – und seinen Medianten erst mal so richtig auf den Topf setzen. Gewissermaßen als Arbeitsgrundlage. Und? Das Ende vom Lied? Die Mediation hat zu einem für alle Beteiligten zufriedenstellenden Ergebnis geführt. So soll es ja auch sein. Im Nachgespräch übrigens meinte besagter Mediant, anfangs habe er sich schon etwas hart angegangen gefühlt. Im Ergebnis sei das aber okay gewesen. Sein Schmunzeln behielt Bolle strikt für sich.

Was hat das mit hier und heute und mit uns zu tun? Wir müssen uns fürs erste mit einem zarten Hinweis begnügen: Die einschlägigen Stichwörter – zwei der einschlägigen Stichwörter – lauten „Identitätspolitik“ und „cancel culture“. Da reißen interessierte und vor allem auch entschlossene Kreise so richtig die Klappe auf und der Rest – duckt sich weg. Kann man machen. Nur muß man sich dann nicht wundern, wohin das führen wird. Zu einer „gerechteren“ Gesellschaft, da ist sich Bolle sicher, sicher nicht. Zu einer „einigeren“ übrigens auch nicht. Aber das ist, jedenfalls für heute, dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Fr 23-04-21 Vive la France!

Die Guten und der Schiet.

Bolle hält dieses Statement von Dörner für geradezu zenmäßig kryptisch und meint, es lohne, es ab und an und immer mal wieder zum Gegenstand seiner (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)  kontemplativen Bestrebungen zu machen. Es findet sich gleich in der Einleitung der »Logik des Mißlingens«. Im folgenden heißt es dort: … und am Ende steht dann der erstaunt-verzweifelte Ausruf: ›Das haben wir nicht gewollt.‹ Bolle meint: Aber getan! Immerhin hat es, wie es scheint, ein gütiger Gott oder wer auch immer so eingerichtet, daß das, was Dörner ›Dummheit‹ nennt, so weit reicht, daß sich den „Veranstaltern“ der Zusammenhang zwischen gutgemeintem Tun und zweifelhaftem Ergebnis oft gar nicht erst erhellen wird. Am Ende heißt es dann eher: „Verstehen wir auch nicht, warum das nicht funktioniert. Ist aber auch furchtbar komplex, das alles.“

Was hat das mit uns und hier und heute zu tun? Nun, Friedrich Merz, ausgerechnet, soll sich gegen Gender-Gaga ausgesprochen und darauf verwiesen haben, daß die Franzosen das schließlich auch nicht machen würden. Nun muß man, von Rotwein vielleicht einmal abgesehen, weiß Gott nicht alles gut finden, nur weil die Franzosen das so machen. Indes, und das war Bolle neu, haben die Franzosen ihren staatlichen Einrichtungen das Gender-Gackern schlicht und ergreifend verboten. Zwar hält Bolle nicht allzu viel von übertriebener „Verbotskultur“ – schon deshalb nicht, weil er hierin keine sonderliche kulturelle Leistung zu erblicken vermag. Allein sein Wissen um Existenz und Wirkungsweise von Nash-Gleichgewichten zwingt ihn zu der Einsicht, daß es mitunter einfach nicht anders gehen kann. Von Nash-Gleichgewichten spricht man, wenn, obwohl jeder das macht, was für ihn das beste ist, unterm Strich nur dummes Zeug bei rauskommt – was natürlich so niemand gewollt hat. Auflösen lassen sich Nash-Gleichgewichte – und das ist hier der wichtige Punkt – allein durch eine regelsetzende und durchsetzende Instanz. Vulgo: Verbote von oben, falls nötig. Komplizierter ist es an dieser Stelle nicht. Wir erwähnen es auch nur, weil es sich beim unzureichenden Verständnis von Nash-Gleichgewichten (neben dem unzureichenden Verständnis von Exponentialfunktionen) um eine der beiden hauptsächlichen kognitiven Dysfunktionen handelt, unter denen die Verständigeren unter uns nun mal schwer zu leiden haben. Soweit zu Dörners Dummchen. Ausführlicher zum Gender-Gackern vgl. etwa So 06-09-20 Laber Rhabarber.

Das Thema wird uns absehbar noch viel Freude bereiten. So rüsten sich interessierte Kreise namentlich in den USA für die als gut und gerecht empfundene „Identitätspolitik“ im Filmgeschäft. Dabei sollen, wenn’s nach diesen Kreisen geht, zum Beispiel Schwule nur noch von Schwulen gespielt werden dürfen und Autisten nur noch von Autisten. Schwarze nur noch von Schwarzen sowieso. What comes next? Irre nur noch von Irren? Iren nur noch von Iren? Kinderschänder nur noch von Kinderschändern? Massenmörder nur noch von Massenmördern? Alles andere wäre schließlich „kulturelle Aneignung“ – und das geht in den Augen der Dörner’schen Dummchen ja gar nicht. Bolle meint, da hat jemand glatt den eigentlichen Kern der Schauspielkunst verpeilt. Warten wir’s ab. Schließlich wäre das ja auch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 11-04-21 Laschet gegen Goliath

Mancher auf Stelzen …

Während heute um die Mittagszeit in einem Journalisten-Talk noch fleißig spekuliert, gerätselt und gemutmaßt wurde, ob und wann und wie und wer denn nun, war doch im Grunde längst alles klar: Willste gelten, mach Dir selten. Bolle meinte seit Wochen schon: Wenn der Goliath aus Bayern, oder sei es auch nur aus Franken, sein Ja-Wort gibt und sein stand by erklärt, dann ist der Käse gegessen.

Ist das fair? Natürlich nicht. Aber so funktioniert nun mal Demokratie. Das Volk liest mehrheitlich keine Parteiprogramme – das sowieso nicht. Es wartet auch nicht auf die mit den besten Ideen. Was dann? Das Volk schart sich in aller Regel hinter jene, denen es am ehesten Leadership zutraut. Und dabei ist nicht jeder kleine Hobbit gleich der Herr der Dinge.

Warum zum Beispiel regieren die Grünen in Baden-Württemberg? Weil sie so grün sind? Weil sie das beste Parteiprogramm haben? Die besten Ideen gar? Oder weil sie, womöglich eher zufällig und vielleicht auch nur ungern, eine Galionsfigur  hervorgebracht haben, die mit jeder Faser ein souveränes Yes, I can ausstrahlt. Im übrigen scheint es zwischen Landesfürstentum und Bundesliga so eine Art gläserne Decke zu geben. Nicht zuletzt die CDU kann mit ihrer mißglückten Ex-Vorsitzenden da ja wohl ein Lied von singen.

Vorläufig geht es für die Kandidaten nur darum, wem Partei-Prominenz und Parlamentarier zutrauen, im Herbst mehr Volk hinter sich scharen zu können. Denn davon hängt nicht zuletzt das eigene politische Wohlergehen ab – und da ist einem das Hemd dann doch schon mal näher als kleinlicher Streit unter Schwestern. Der Trick mit dem Volk geht übrigens immer ähnlich:

Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen,
Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.

Das ist demokratisch. Das ist sogar egalitär. Das ist original der Theaterdirektor in Goethes Faust. Nur können muß man den Trick halt. Die Grünen etwa haben das zur Zeit ja recht gut drauf. Der fränkische Bayer natürlich auch.

Kurzum: Es kann nur einen geben (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course). Namentlich die Grünen haben ihr Skylla und Charybdis ja noch vor sich – falls sie uns nicht eine fröhliche Kanzler-Doppelspitze servieren wollen. Das aber wäre dann doch gegen die Verfassung (Art. 62 GG) und im übrigen auch schon wieder ein anderes Kapitel.

Ostermontag 05-04-21 Auferstanden aus Vakzinen …

Alles ans Licht gebracht.

… „und der Zukunft zugewandt“ möchte man fast hinzufügen. Aber eben nur fast. Bleiben wir also bei Faust. Faust hatte, wie er selber erklärt, Philosophie, Juristerei und Medizin „und leider auch Theologie“ durchaus studiert – und kam sich trotz allem Bemühn im Grunde nach wie vor dumm vor. So ist das bei manchen Agnostikern: Sie glauben wirklich nichts – nicht mal, daß sie groß was wissen. Umgekehrt: sie glauben allenfalls, daß sie nichts wissen. Da war Sokrates (469–399 v. Chr.) übrigens schon weiter. Der glaubte nicht nur, daß er nichts weiß – nein, er wußte es sogar. Zumindest glaubte er es zu wissen. Doch zurück zu Faust. Seine Agnostik hatte ihn, ganz im Gegensatz zu seinem Famulus, dem in seinen Augen „trocknen Schleicher“, davor bewahrt, trotz seines Hochgelehrtentums übermäßig abzuheben. Und so konnte es ihm gelingen, im Gespräch mit Wagner den Bogen zu spannen von der himmelhohen Auferstehung des Herrn bis hin zur österlichen, kleinen Auferstehung des einfachen Volkes aus der Straßen quetschender Enge und der Kirchen ehrwürdiger Nacht.

Natürlich soll das nicht heißen, Wissenschaften in Bausch und Bogen verwerfen zu wollen. Wenn aber die Erwartung an die Wissenschaft schneller wächst als diese selbst bei „heißem Bemühn“ possibly mithalten kann, dann ist die Kacke am dampfen – rein sozialpsychologisch gesehen. Und ein ganz klein wenig sieht es Bolle zur Zeit danach aus.

Kästner erwähnt im Vorwort zu »Kurz und bündig«, einem 1950 erschienenen Bändchen voller kunstvoller Epigramme eines, das in seinen Augen vortrefflich ist. Es stammt vermutlich von einem Arbeitskollegen eines tödlich verunglückten „Holzknechtes“ und geht wie folgt:

Es ist nicht weit
zur Ewigkeit …
Um acht ging Martin fort,
um zehn Uhr war er dort.

Memento mori – bedenke, daß du sterblich bist. Die Tatsache an sich ist der Wissenschaft längst klar. Für Einsicht und Erwartung gilt das offenbar weit weniger. Aber das ist dann wohl doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Mi 31-03-21 Pieks!

Die Nadel und das Ei.

Eins, zwei, drei! Im Sauseschritt // Ostern naht; wir eilen mit. Natürlich nur, soweit sich das mit unseren Kontemplationsbestrebungen in Einklang bringen läßt, of course. Das mit dem Sauseschritt stammt natürlich aus Wilhelm Buschs »Julchen«. Wir haben es nur der Jahreszeit entsprechend angepaßt.

Gestern haben wir uns, eher am Rande, gefragt, was Ostern mit Osterhasen zu tun haben mag. Die Antwort steht noch aus. Grundlegender ist die Frage: Was hat Ostern mit Eiern zu tun? Nun, das Osterfest wurde, wie übrigens so ziemlich alle anderen Feste auch, von der aufstrebenden Christenheit rein zeitlich auf heidnische Feste aufgepfropft, um die Heiden daran zu hindern, ihre traditionellen Feste weiter feiern zu können. Schließlich kann niemand auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Nun sind Eier einfach nur ein heidnisches frühlingsgemäßes Fruchtbarkeitssymbol, das von den Christenmenschen gleich mit adaptiert wurde.  Dabei wurden ursprünglich sämtliche Eier angeblich rot eingefärbt, um das Blut Christi zu symbolisieren. Etwas eklig ist das schon, meint Bolle, aber bitteschön. Wenn’s dem religiösen Fortschritt dient …

Eier-Piekser schließlich sind, zusammen mit einer ganzen Reihe „fortschrittlicher“, bei Lichte betrachtet vielleicht aber doch eher überflüssiger Haushaltsgerätschaften, wohl erst in den 1970er Jahren aufgekommen. Bolle jedenfalls piekst traditionell mit einer schlichten Nadel (siehe Bildchen). Indes: kaum eine Idee ist so daneben, daß sich daraus nicht doch noch etwas sinnvolles ergeben könnte.

Und schon sind wir bei Corönchen im allgemeinen bzw. der noch immer völlig unzureichenden medizinischen Vollversorgung des Volkes mit den ersehnten Vakzinen im speziellen. Warum, so Bolle, das Prinzip Eier-Piekser nicht einer wirklich lebenspraktischen Anwendung zuführen? Selbst ist der Mann (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)!

Kurzum: Die ganze Distributions-Logistik ließe sich dramatisch vereinfachen. Pieksen kann schließlich jeder. Eine „Durchimpfung“ des Volkes sollte sich so in wenigen Tagen bewerkstelligen lassen. Hinzu kommt, und hier wird es sozialpsychologisch, daß das den „Impflingen“ ein gesteigertes Gefühl von wiedererworbener Situationskontrolle vermitteln würde – statt sich rein passiv den professionellen Pieksern hingeben zu müssen. Das könnte die Stimmung im Volke deutlich aufhellen. Schließlich haben wir es hier mit einem veritablen kognitiven Grundbedürfnis zu tun. Auch wiederholte Impfungen, die, etwa aufgrund neuer, fieser Virus-Varianten notwendig werden könnten, wären fürderhin kein Problem mehr. Alles Unsinn? Möglich. Vor dem gegebenen Hintergrund macht das den Kohl aber auch nicht mehr fett. Also: Nur Mut! Avanti dilettanti.

Was aber, wenn es zu Anwendungsfehlern kommt? Wenn also, nur zum Beispiel, jemand seinen Arm grob verfehlt und mit dem Piekser ausgerechnet mitten ins Herz trifft und stante pedes von hinnen scheidet? Seien wir ehrlich: No risk, no fun. Außerdem, da weiß sich Bolle mit den Virologen dieser Welt völlig einig: Keine Anwendung ohne mögliche Nebenwirkung. Im übrigen könnte man den Betroffenen einen, dann ja wohl auch hochverdienten, Darwin Award zusprechen. Ehre, wem Ehre gebührt. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

So 21-03-21 Die Entdeckung der Minderheit

Freiheit, die ich meine.

Solange es Menschen gibt, gibt es auch Entdeckungen. Denken wir nur zum Beispiel an das Feuer oder das Rad. Und schon wird es kompliziert. Das Feuer wurde ja nicht etwa „entdeckt“. Im Gegenteil: Es war schon immer da. Es wurde lediglich „gezähmt“ und in den Dienst menschlicher Bedürfnisse gestellt. Und auch das Rad macht erst dann Sinn, wenn man zusätzlich die Achse erfindet und einigermaßen befestigte Wege.

Ähnlich verworren verhält es sich mit jenen „Entdeckungen“, die bei Lichte betrachtet eigentlich eher Ideen sind, wie zum Beispiel Luthers „Freiheit eines Christenmenschen“ (1520) oder die grundlegende Idee der Französischen Revolution (1789), die in der Losung „Egalité, Liberté, Fraternité“ ihren knackigen Ausdruck fand. Die Übersetzung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ meint das gleiche, klingt aber weniger musisch. Aber darauf soll es uns hier nicht ankommen.

Auch wollen wir nicht vertiefen, daß es bislang niemandem gelungen ist, auch nur einigermaßen bündig klarzulegen, was genau wir uns denn unter »Freiheit« vorzustellen haben. Thomas Hobbes (1588–1679) etwa hat darunter „das Fehlen jeglicher Bewegungsbehinderung“ verstanden, was Bertrand Russell (1872–1970) spöttisch als „wunderbar präzise Definition“ eingestuft hat. Das Problem: Wenn jeder (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) auf „ungehinderte Bewegung“ bestehen würde, wäre absehbar Hauen und Stechen angesagt. Auch hauptamtlichen Denkern wie etwa Kant (1724–1804) oder Hegel (1770–1831) ist hierzu nicht allzuviel eingefallen – außer „Was Du nicht willst, das man Dir tu …“ (Kant) bzw. „Einsicht in die Notwendigkeit“ (Hegel) als begrenzendes Prinzip. Kurzum: Freiheit im Hobbes’schen Sinne mag zwar „wunderbar präzise“ definiert sein, ist aber leider praktisch völlig unbrauchbar. Warum?

Den ultimativen Grund liefert, einmal mehr, die Mathematik – genauer gesagt die formale Logik. Man nennt es dort Polylemma. Egal, was man macht: Man kann es nicht allen rechtmachen. Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist vielleicht die »Vater/Esel/Sohn«-Allegorie: Ein Vater ist mit seinem Sohn und einem frisch erworbenen Esel unterwegs. Anfangs gehen alle drei zu Fuß und werden von einem entgegenkommenden Wanderer ausgelacht: „Warum geht Ihr denn beide zu Fuß, so Ihr doch einen Esel habt zum reiten?“ Als dann der Vater aufsitzt, kommt der nächste Wanderer des Weges und bezichtigt den Vater der Kinderschänderei. Also läßt der Vater den Sohn aufsitzen – was von einem weiteren Wanderer dem Sohn als mangelnder Respekt vor dem Alter ausgelegt wird. Also sitzen beide auf – nur um sich den Vorwurf der Tierquälerei einzuhandeln. Schließlich nehmen die beiden ihre ganze Kraft zusammen und tragen den Esel nach Hause …

Kurzum: Wir haben es hier mit fünf Möglichkeiten zu tun, den Weg vom Markt nach Hause zurückzulegen – und keine davon bleibt unbekrittelt. Eine allgemein anerkannte Lösung (i.S.v. ›von allen anerkannt‹) ist nicht in Sicht. Game over.

Wir können das Thema an dieser Stelle nicht ausleuchten. Nur so viel: Die „Entdeckung der Minderheit“ führt mit mathematischer Notwendigkeit dazu, daß sich immer irgendwer in seinem höchstpersönlichen „Für-richtig-halten“ (im weiteren Sinne also in seiner „Freiheit“) eingeschränkt fühlen wird. Immer, immer, immer. Und – das kommt erschwerend hinzu: Je mehr Minderheiten wir als solche anerkennen, desto krasser wird es werden mit der gefühlten Einschränkung der Freiheit. Sind wir nicht letztlich alle „Andersdenkende“?

Schon aus diesem Grunde hält Bolle die Idee für noch nicht ganz zuende gedacht. Was dann? Begnügen wir uns an dieser Stelle mit einem Verweis auf Do 28-01-21 Sozialisation. Wird schon? Oder Hohn? Ansonsten ist das dann wohl doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Do 18-03-21 Empörend verstörend

Stoa 1808.

Es ist aber auch verstörend – empörend verstörend. Klären wir zunächst die Begriffe: »verstören« meint svw. ›aus der Fassung bringen‹, aus dem „seelischen Gleichgewicht“ gar.  »Sich empören« ist dabei kaum mehr als die affektive Reaktion auf eine kognizierte Verstörung. Kurzum: das Weltbild wackelt.

Und? Wer ist schuld? Die wahrgenommene Wirklichkeit? Oder das Weltbild? Eigentlich sollte man ja meinen, daß sich das Weltbild, mit dem einer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) durch sein Leben rennt, im Laufe der Zeit an der wahrgenommenen Wirklichkeit ausrichtet – von jugendlichen Flausen einmal abgesehen. Warum so rum, und nicht umgekehrt? Nun, es ist sehr viel naheliegender (und auch sehr viel aussichtsreicher), das Weltbild anzupassen. Die Wirklichkeit ist einfach zu tough für ein einzelnes „Köpfchen“, wie Mephistopheles das nennt.

Wenn da nur der belief in a just world (Lerner 1980) nicht wäre, der durch nichts zu rechtfertigende und jeder Empirie spottende Glaube, daß es im großen und ganzen „gerecht“ zugehe auf der Welt. Bolle meint: Den Zahn laß dir man ziehn.

Hier und heute ist es so, daß ausgerechnet Joe Biden, der 46. Präsident der Vereinigten Staaten, als Verstörungs-Trigger wirkt. Nach seiner „America first“-Ansage (vgl. dazu Fr 12-03-21 America first!) ballert er zur Zeit nach bester Cowboy-Manier gleichzeitig in Richtung Iran, China – und natürlich auch Richtung Russen. Kostprobe: Ein Journalist fragt: „So you know Vladimir Putin. You think he’s a killer?“ Von der Suggestiv-Frage mal abgesehen: „Sleepy Joe“ soll kurz und knackig, dabei aber alles andere als staatstragend oder auch nur diplomatisch, und überhaupt nicht schläfrig, schlicht mit: „I do.“ geantwortet haben. Mr Biden als upgrade von Mr Trump? Bolle meint: Den hamse woll als Kind zu heiß jebadet.

Immerhin: Die Empörung zur Verstörung, die affektive Reaktion also, ist bislang noch ausgeblieben. Warum? Nach allem und trotz allem sind die Amis doch die Guten – von wegen Weltbild. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Di 16-03-21 Null Toleranz!

Das optimale Leben.

An der Corönchen-Front ist mal wieder der Bär los. Es ist aber auch ärgerlich. Erst macht man das Volk über Monate jeden, wirklich jeden Tag mit den jeweils auf die Einerstelle genauen Inzidenz- und Todesfällen so richtig rappelig, um sie dann gezielt auf die nahende Rettung einzustimmen. Wahrlich, wir sagen Euch: Gehet hin und lasset Euch pieksen. Und Ihr werdet eingehen in das ewige Leben auf Erden. Bolle meint: Geht’s noch?

Und dann so was. „AstraZeneca tötet.“ Zwar hat das keiner so gesagt – aber so kommt es rüber. Wir hatten ja schon öfters mal angedeutet, daß es sich bei Corönchen zu einem guten Teil um ein sozialpsychologisches Phänomen handeln dürfte und weniger um ein virologisches. Aktuell scheint es so zu sein, daß sich beim Volk eine Art Frustrations-Reaktion einstellt. »Frustration« meint fachsprachlich die affektive Reaktion auf das Ausbleiben einer erwarteten Belohnung. Damit sind wir beim passenden Stichwort. Was erwarten die Leute? Sie erwarten offenbar, daß alles gut wird. So wie früher. Gelegentlich shoppen gehen, ab und an mal in ein Café, abends in die Kneipe oder ins Kino. Die Kinder morgens in die Schule schicken, damit man wenigstens den halben Tag lang seine Ruhe hat. Ins Büro dürfen – aus den gleichen Gründen. Gern auch mal ins Museum oder in ein Konzert. Unbeschwert reisen dürfen. Und so weiter, und so fort. Und all diese Erwartungen wurden an einem einzigen Punkt festgemacht: den „segenbringenden“ Vakzinen.

Und nun stellt sich, Wunder über Wunder, heraus, daß Vakzine eben nicht nur „segensreich“ wirken können, sondern gelegentlich, eher selten, höchst selten, auch Komplikationen mit sich bringen. Wir reden hier von zur Zeit 14 (in Worten: vierzehn) Fällen unter 10 Millionen. Mikro-Peanuts, im Grunde. Für eine ausgeprägte kollektive Frustrations-Reaktion aber anscheinend völlig ausreichend. Die Leute wünschen sich halt gerne „Das optimale Leben // Mit TÜV und Garantie“. Bolle meint: Habt Ihr mal einen Blick auf einen x-beliebigen Beipackzettel geworfen? Da bleibt wenig Raum für „Null Toleranz“. Keine Wirkung ohne mögliche Nebenwirkung – es sei denn, Ihr werft Euch wirklich nur noch Placebos ein. Und selbst da hätte Bolle so seine Bedenken. Indes: die Leute lesen ja nicht mal die Inhaltsstoffe beim Lebensmittel-Einkauf. Statt dessen begrüßen sie, wohl aus Gründen der kognitiven Sparsamkeit, den „Nutri-Score“. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

So 14-03-21 Licht am Ende der Trasse?

Licht am Ende der Trasse.

Dieser Tage wurde uns von höchster wissenschaftlicher Stelle verkündet, wir befänden uns, was Corönchen angeht, im letzten Drittel eines Marathons, und das sei bekanntlich das schwerste. Bolle meint: Na denn. Der Mann ist Wissenschaftler. Der muß es ja wissen.

Rechnen wir mal nach und gehen dabei davon aus, daß der „Marathon“ der Einfachheit halber ziemlich genau heute vor einem Jahr angefangen hat. Und nehmen wir an, daß das „letzte Drittel“ gerade eben erst begonnen habe. Sich „im letzten Drittel“ zu befinden, könnte ja durchaus auch heißen, daß man unmittelbar vor der Ziellinie steht. Aber das war sicherlich nicht gemeint von höchster Stelle. Demnach hätten wir also weitere sechs Monate „Marathon“ vor uns und würden die Ziellinie Mitte September erreichen. Na toll!

Dumm nur, daß Mitte September in unseren Breiten üblicherweise der Herbst beginnt: Grippezeit! Bolle findet es eher unwahrscheinlich, daß sich Corönchen ausgerechnet dann geschlagen geben wird. Aber wenn wir bis dahin doch alle „durchgeimpft“ sein werden? Vermutlich ist das gemeint. Von möglichen Mutanten, die nach dem „Hase und Igel“-Prinzip durchaus schneller sein könnten als die noch zu entwickelnden Vakzine, wollen wir hier einmal absehen. Reine Spekulation!

Schwerer wiegt folgendes: Es gibt Sportarten, die werden auf Zeit gespielt. So dauert ein Fußballspiel 90 Minuten, plus meist ein wenig Verlängerung und ggf. Nachspielzeit. Hier läßt sich also durchaus abschätzen, ob man sich „im letzten Drittel“ befindet oder nicht. Bei anderen Wettkampfarten, wie etwa Tennis, ist das aber nicht der Fall. Hier wird ergebnisorientiert gespielt – man braucht, um zu gewinnen, soundso viele Sätze Vorsprung vor dem Gegner. Das hat Konsequenzen. Das kürzeste offizielle Match, das Bolle bekannt ist, hat zum Erstaunen der Fachwelt nicht einmal eine halbe Stunde gedauert, das längste in einem Grand-Slam-Finale der Herren über 11 Stunden. Hier von irgendwelchen „Dritteln“ zu reden, in denen man sich befinden mag, ist demnach völlig sinnlos. Es dauert, solange es dauert.

Und? Wie ist es bei einem Marathon-Lauf? Hier wird sozusagen „auf Raum“ gespielt. Wir haben es weder  mit einer Spielzeit zu tun wie beim Fußball noch mit einem Spielstand wie beim Tennis. Es geht schlicht und ergreifend darum, die 42.195 Meter hinter sich zu bringen – und das möglichst schnell.

Und? Was hat Corönchen mit einem Marathonlauf zu tun? Nach allem rein gar nüscht. Es gibt keine Ziellinie – so sehr sich mancher die auch wünschen mag. Corönchen gleicht eher einem Tennismatch – und kann dabei, um im Bild zu bleiben, ein halbes Jahr dauern oder eben auch 11 Jahre. Aber laßt uns nicht hysterisch werden.

Was richtig schwer wiegt: Wir kennen aus der Sozialpsychologie den sogenannten »Halo-Effekt« als eine von mehreren möglichen Formen von Wahrnehmungsverzerrung. Der unmittelbare Eindruck, den eine Person (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) auf uns macht, umgibt die Person wie ein sozialpsychologisches „Kraftfeld“. Wer beim ersten Eindruck attraktiv wirkt, charmant ist und auch redegewandt, hat bei uns üblicherweise schon mal einen Stein im Brett und gute Chancen, mit allem, was er sonst so bringen mag, auf sprichwörtlich offene Ohren zu stoßen. Im Grunde ist das die Kernkompetenz aller Blender und Betrüger – was umgekehrt natürlich nicht heißen muß, daß jeder, der charmant rüberkommt, ein Blender oder Betrüger ist. Wichtiger ist die Feststellung, daß das „Kraftfeld“ auch nach hinten losgehen kann: Wer at first glance mit Unsinn um die Ecke kommt, hat’s schwer.

Wenn also einer herkommt und Corönchen mit einem Marathonlauf vergleicht statt mit einem Tennismatch, so führt das, zumindest bei Bolle, sofort und unmittelbar zu schwerem Punktabzug. Bolle glaubt so einem erst mal gar nichts mehr und wittert allenthalben Unrat. Das mag bei vertiefter Betrachtung unhaltbar sein und ungerecht, ist aber erst mal so – und letztlich auch schon wieder ein anderes Kapitel.