Sa 14-12-24 Das 14. Türchen: Schneemann, Teppich, Meilenstein

Voll auffem Teppich – mit Meilenstein.

Zu unserem Türchen gestern gab es eine Rückmeldung: „Wieso? Das sieht man doch, ob sich der Schneemann bewegt hat oder der Teppich.“ Da wir hier, wie gestern erläutert, eine wohlverstandene relativistische Perspektive einnehmen wollen, scheint uns ein kleiner Nachtrag angebracht.

Natürlich sieht man das. Aber warum sieht man es? Weil wir – ohne uns dessen bewußt zu sein – das Blatt Papier beziehungsweise den Bildschirmausschnitt als Bezugspunkt verwenden. Einen solchen Bezugspunkt haben wir aber nicht – nicht in der Physik und erst recht nicht im wirklichen bzw. sozialen bzw. politischen Leben. Dieses völlige Fehlen eines Bezugspunktes hat übrigens die Physiker ziemlich lange Zeit ziemlich rappelig gemacht und zu so mancher Idee inspiriert, die sich letztlich als nicht soo brauchbar erwiesen hat. So etwas ist aber auch jeglicher Alltagserfahrung allzu ferne. Wir sind nun mal seit sechs Millionen Jahren – also seit der Menschwerdung im weiteren Sinne – daran gewöhnt, daß es feste Bezugspunkte gibt. Entsprechend schwer fällt es uns, sich die einfach wegzudenken – auch wenn sie wirklich mal nicht da sein sollten.

Um uns das alles besser vorstellen zu können, hilft ein kleiner Trick: Nehmen wir an, das Blatt Papier oder der Bildschirmausschnitt, auf dem sich Schneemann und Teppich befinden, sei unendlich groß – zumindest aber unüberschaubar groß. Dann gibt es wirklich keine Möglichkeit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Oder aber wir fügen, tout au contraire, einen Meilenstein in die Graphik ein – eine Wegmarke, an der wir uns orientieren können. Unter der Annahme, daß sich Schneemann und Teppich im Freien befinden – wer stellt sich schon einen Schneemann ins Wohnzimmer? – könnte das irgendein markanter Punkt in der Landschaft sein, zum Beispiel ein Baum oder Busch oder ähnliches (siehe Bildchen). Relativ zu dieser Wegmarke können wir nun eindeutig entscheiden, wer oder was sich bewegt hat – Schneemann oder Teppich?

Jetzt – aber erst jetzt – denken wir uns die Wegmarke wieder weg. Im Grunde wenden wir also die Vorgehensweise von Professor Bömmel aus der Feuerzangenbowle an: „Also, wat is en Dampfmaschin? Da stelle mehr uns janz dumm.“

In der sozialen beziehungsweise politischen Sphäre kommt allerdings erschwerend hinzu, daß es bereits an der Definition hapert: kein Mensch kann zufriedenstellend erklären, was genau das eigentlich sein soll: lechts oder rinks? (Ernst Jandl 1966). Bolle, stets bemüht, auch das Unfaßbare wenigstens anekdotisch faßbar zu machen, hält sich immer an die folgende Faustregel …

Motto „rechts“: Bevor Du dich daran machst, die Welt zu verbessern, kehre drei mal vor Deiner eigenen Tür (chinesisches Sprichwort).
Motto „links“: Wieso? Alles und jeder braucht unsere Solidarität. Immer!

… und muß dabei stante pede an Churchill denken, of course, der angeblich mal gesagt haben soll:

Wie herrlich Deine Strategie auch sein mag:
Gelegentlich solltest Du gucken, was dabei rauskommt.
(However beautiful the strategy,
you should occasionally look at the results.)

Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

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