So 12-12-21 Das zwölfte Türchen — der dritte Advent …

Weniger ist mehr.

Neulich hat Bolle in einem der vielen Berater-Heftchen geblättert. Dort war zu lesen, wie wichtig doch gesunde Ernährung für den Klimaschutz sei. Folglich müsse gesundes Essen billiger werden – etwa durch die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse.

Bolles Befürchtung: Nach der „Friß Dich gesund“-Welle könnte nun eine „Friß die Welt gesund“-Welle über uns hereinschwappen. Als ob der Wellen nicht bereits genug gewoget wären – namentlich in Corönchen-Zeiten.

Bolles lieber guter alter Großpapa hat das noch ganz anders gesehen: FDH – so sein Motto. Friß die Hälfte. Die alten Ägypter waren da noch konsequenter – mit Lebensweisheiten wie etwa: „Ein fünftel essen wir für uns – vier fünftel für die Ärzte.“

Nun ist es aber so – und nicht etwa erst seit entwickelteren Formen des Kapitalismus – daß man „weniger“ weniger gut verkaufen kann. Also bleibt es erst mal beim manischen Mehr. Die Frage ist nur, wie lange noch der Globus so weiterquietscht und ächzet, bis ihm vielleicht dann doch der Geduldsfaden reißen könnte.

Daß dieses „Gib mir mehr, gib mir mehr, gib mir mehr davon“-Konzept in the long run nicht aufgehen kann und wird, ist letztlich natürlich jedem klar. Spätestens seit Ciceros »De officiis« („Von den Pflichten“ / 44 v. Chr.) gilt „Mäßigung“ manchem als regelrechte Kardinaltugend. Nur – wie die Kurve kriegen im entwickelten Kapitalismus? Zumal ja nie die Unternehmen „schuld“ sind, sondern immer nur das Volk (in diesem Falle also die Konsumenten, die den ganzen, mit Verlaub, Scheiß ja schließlich haben wollen).

Soll uns das jetzt den Weihnachtskeks vergällen? Natürlich nicht. Ein Keks zur Kontemplation hat noch niemandem geschadet – auch nicht dem Globus oder dem Klima. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Sa 11-12-21 Das elfte Türchen …

Sand alle.

So die Losung, die der Herr (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) sehr frühzeitig an seine Schäfchen ausgegeben hatte (1. Mose 1, 28). Heute wissen wir: Das war damals schon alles andere als „nachhaltig“. Zwar hatten die Schäfchen sich vermehrt, waren aber bei weitem nicht so wohlgeraten, wie der Herr in seiner Allmacht sich das vorgestellt hatte. Und so sah er sich veranlaßt, so eine Art Welt-Notbremse zu ziehen, seine Schöpfung mit Mann und Maus zu ersäufen und mit Noah und allerlei lebendigem Getier eine Schöpfung 2.0 (wie wir das heute nennen würden) zu initiieren. Die Losung indessen war unverändert geblieben – und die Schäfchen vermehrten sich plangemäß fort und fort. Und so sah Bolle sich veranlaßt, in einer Art Beipackzettel auf Risiken und Nebenwirkungen hinzuweisen. Im Grunde erinnert das an einen alten Kapitalisten-Witz:

– Was passiert, wenn die Wüste sozialistisch wird?
– Dann passiert erst mal fünf Jahre lang nüscht …  Und dann wird der Sand knapp.

Vor wenigen Jahrzehnten war das in der Tat noch witzig. Heute wird es zunehmend Realität: der Sand wird knapp. Während also der Erlöser der Christenmenschen, dessen Ankunft manche dieser Tage ja feiern, gegen Ende seiner Bergpredigt noch davor warnen wollte, sein Haus auf Sand zu bauen (Matth. 7, 24 ff.), stellt sich das Problem heute in völlig neuer Form. Wir laufen zunehmend Gefahr, nicht mal mehr genug Sand zu haben, auf den wir bauen könnten – von Wasser und Luft mal ganz zu schweigen. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Fr 10-12-21 Das zehnte Türchen …

Glauben und Wissen.

Heute wollen wir nicht mehr tun als uns mit einem kleinen agnostisch-kontemplativen Verwirrspiel vertraut zu machen. Sinn vons janze ist natürlich, wie immer, ein Lichtlein anzuzünden, statt über die Finsternis zu klagen. Und das paßt doch aufs feinste zur Adventszeit der Christenmenschen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course).

Hier unser Spielbrett:

Wirklich wahr?

Ein kleiner Hinweis: Wir ersetzen »Glauben« durch ›subjektiv wahr‹ und »Wissen« durch ›objektiv wahr‹ und gehen davon aus, daß es jeweils nur zwei Möglichkeiten gibt: ›Ist so‹ oder ›ist nicht so‹, also „true“ oder „false“, was den Glauben angeht, bzw. „pos“ oder „neg“, was das Wissen angeht. Und schon sind wir einen Schritt weiter.

Dabei ergeben sich zunächst genau vier Möglichkeiten: Wir können richtig liegen (konsistent), „true / pos“ bzw. „false / neg“, oder wir können falsch liegen (fehlerhaft), „true / neg“ bzw. „false / pos“.

Wem das noch nicht reicht, der mag das Spielfeld erweitern um die Möglichkeiten „me“ bzw. „mu“. Dabei steht „me“ für individuelle Agnostik: „Wer bin ich, diese Frage zu beantworten?“, und „mu“ steht für universelle Agnostik: Das Universum höchstselbst traut sich nicht so recht eine Antwort zu.

Kann sowas sein? Aber ja doch. Bei Schrödingers Katze, zum Beispiel. Aber das ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …

Do 09-12-21 Das neunte Türchen …

Hört auf die alten Meister …

Hier also, wie versprochen – oder wie zumindest angedeutet –, ein deutlicher Schritt Richtung weihnachtlich. Das gilt zumindest dann, wenn wir uns nicht unbedingt auf ein doch etwas hochtrabendes „Fest der Liebe“ kaprizieren wollen und uns dafür mit einem ebenso schlichten wie agnostisch-kontemplativen „Memento an das Mitgefühl“ bescheiden. That’s a start, isn’t it?

Und? Wer hat’s gesagt? Adam Smith, of course, der uns neben seinen „ethischen Gefühlen“ auch noch den „Wohlstand der Nationen“ hinterlassen hat – und damit vornehmlich die Zunft der Ökonomen in höhere Sphären der Verwirrung katapultiert hat. Wie kann man denn erst über Mitgefühl schreiben und kurz darauf einen Catch-as-Catch-Can-Kapitalismus propagieren? Die ebenso schlichte wie ergreifende Antwort: Hat er gar nicht. Seine „unsichtbare Hand“ als durchschlagende Metapher für die angeblich sensationelle Überlegenheit des freigelassenen Marktes liest sich bei ihm wie folgt:

Alle, die jemals vorgaben, ihre Geschäfte dienten dem Wohl der Allgemeinheit, haben meines Wissens niemals etwas Gutes getan.

Das klingt doch gleich ganz anders – wenn nicht gar umgekehrt …

Und? Wie geht es weiter mit unserem Zitat?

Man mag den Menschen für noch so egoistisch halten, es liegen doch offenbar gewisse Prinzipien in seiner Natur, die ihn dazu bestimmen, an dem Schicksal anderer Anteil zu nehmen, und die ihm selbst die Glückseligkeit dieser anderen zum Bedürfnis machen, obgleich er keinen anderen Vorteil daraus zieht, als das Vergnügen, Zeuge davon zu sein.

So heißt es gleich im allerersten Satz. Wie kommen wir darauf? Kürzlich hat Joachim Bauer, seines Zeichens Arzt, Neurowissenschaftler und Psychotherapeut und überdies gleich zweifach habilitiert, ein Buch vorgelegt mit dem Titel: »Das empathische Gen« sowie dem Untertitel »Humanität, das Gute und die Bestimmung des Menschen«. Darin heißt es unter anderem, daß Gutes tun schon nach kurzer Zeit den Cocktail der Körpersäfte einmal gründlich aufmischt. Frech gefaßt und wohl doch nicht ganz daneben könnte man vielleicht sagen: „Tu Gutes und profitiere davon.“ Das Netz tobt – jedenfalls auf den hinteren Rängen.

Wirklich überraschend ist das natürlich nicht. Denken wir nur an Ebenezer Scrooge in Charles Dickens’ »A Christmas Carol« (1843), der sein Wohlbefinden buchstäblich von heute auf morgen dramatisch steigern konnte, nachdem er – nach gehöriger Heimsuchung gleich dreier Geister in einer einzigen Nacht – seine harsche Haltung gegenüber seinen Mitmenschen ad acta gelegt und sich zum fröhlichen Erdenbürger gemausert hatte.

Bauers Verdienst besteht vor allem darin, daß uns die Vorzüge einer gewissen Empathie nicht länger einfach nur einleuchten müssen. Nein – jetzt haben wir es strikt biochemisch schwarz auf weiß. Fragt die Wissenschaft! Wem das hilft, der mag es für sich nutzen.

Übrigens: Dickens’ Weihnachtsgeschichte gibt es für Einsteiger in einer sehr niedlichen Fassung mit den Muppets (USA 1992 / Regie: Brian Henson / mit Michael Caine in der Hauptrolle). Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Mi 08-12-21 Das achte Türchen …

Bolle zu Statistik und Sterblichkeit.

Wir würden es ja wirklich gerne langsam weihnachtlicher angehen lassen. Doch die Verhältnisse, sie sind leider nicht so …  (Brecht’s Dreigroschenoper).

Nach formaler Logik (So 05-12-21 Das fünfte Türchen — der 2. Advent …) und Vorschlägen zur Verfeinerung der Verfassung (Mo 06-12-21 Das sechste Türchen — Nikolausi …) hier ein Grundsatzbeitrag zur Statistik – mit dem wir die Trilogie hoffentlich vorläufig abschließen können.

Das Risiko zu versterben liegt bei etwa 100 Prozent. Ein erfreulicheres Ergebnis hat sich Bolle, aller statistischen Raffinesse zum Trotze, nicht darstellen wollen. Umgekehrt bedeutet das: Die Chance, an dieser Stelle etwas zum besseren zu wenden, liegt ziemlich genau bei Null.

Das Risiko, als würdeloses Würmchen zu verenden, läuft derzeit in der Tendenz in exaktemente die gleiche Richtung – ein Punkt, der Bolle durchaus mit Sorge erfüllt. Die gute Nachricht: An dieser Stelle könnte man durchaus etwas reißen.

Wir haben also die Wahl: Wir könnten versuchen, ein potentiell unlösbares Problem zu lösen, oder wir können darauf hinwirken, wenn schon nicht das Leben, so doch zumindest die Würde zu retten (oder was davon in einer im Kern wenig kontemplativen Gesellschaft noch übrig sein mag) – und unsere Lieben nicht isoliert und einsam unter einem Berg von Plaste-Müll, umringt von undurchsichtigen Helfergestalten in Vollkörper-Kondomen verscheiden zu lassen. Zwar wird das nicht in jedem Fall gelingen: Rechtzeitig in Würde mit seinem Leben abzuschließen ist nun mal nicht jedem gegeben. Der sprichwörtliche Kapitalismus hält manche einfach zu sehr beschäftigt. Keine Zeit für Kontemplation – never ever. Das rächt sich natürlich irgendwann, of course. Aber zumindest ergeben sich hier die weitaus besseren Erfolgsaussichten. Größer Null geht praktisch immer. Vor allem aber dürfte sich das für die Dahinscheidenden sehr viel besser anfühlen als letztlich witzlose medizinische Rundum-Vollversorgung. Last-minute-Kontemplation auf der letzten Meile, sozusagen. Früher hat man so etwas schlicht und ergreifend „Trost spenden“ oder auch einfach „Abschied nehmen“ genannt.

Und nun? Was tun? Lasset uns besinnen. Besser spät als nie. Übrigens: gegen unnötig unangenehmes Ableben gibt es Happy Pills. Wir wollten diesen Punkt an dieser Stelle nur pointieren und zu ernstlicher Kontemplation anregen. Professor Dumbledore hat es in »Harry Potter and the Philosopher’s Stone« auf den Punkt gebracht: „After all, to the well-organised mind, death is but the next great adventure.“ (Für kontemplativ ausgerichtete Wesen ist der Tod nichts weiter als das nächste große Abenteuer). Soweit das. Alles weitere wäre dann definitiv doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Di 07-12-21 Das siebte Türchen …

Schwester Ethik in Hochform.

Heute wollen wir uns zur Abwechslung und zur Entspannung mit einem „kleineren“ Schildchen begnügen. Hart genug, aber nicht zu hart, wie wir mal schwer hoffen wollen. Es geht, einmal mehr, um die Drei Töchter der Philosophie (vgl. dazu etwa So 24-01-21 Dreschflegel).

Gibt es auch einen tagesaktuellen Bezug? Aber ja doch. Justamente hier und heute erklärt uns einer der führenden Wirtschaftswissenschaftler, ein „Zurückdrehen“ von Hartz IV sei „problematisch“, weil wir damit „hinter die Reformen von Gerhard Schröder zurückspringen“ würden. Bolle ist immer wieder fasziniert, mit welcher Klarheit und Überzeugung die Leute wissen, wo „vorne“ ist und wo „hinten“. Erkläre das einer mal dem Kanarienvogel, daß er einen wertvollen Beitrag zu Katzens Frühstück leistet.

Kurzum: Wo „vorne“ ist und wo „hinten“, hängt schwer von der Perspektive ab. Wo aber bleibt die Wahrheit? Spielt hier keine Rolle. Schwester Ethik hat mit „Wahrheit“ nichts, aber wirklich rein gar nichts am Hut – und auch noch nie gehabt.

Übrigens läßt sich das alles bei allem Respekt nahtlos auf eine Regierung übertragen, die „mehr Fortschritt wagen“ will. Klingt erst mal gut. Wir werden sehen. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Mo 06-12-21 Das sechste Türchen — Nikolausi …

Bolles Verfassungsreform.

Nach seinem Ausflug in die formale Logik war Bolle zur Feier des 2. Adventssonntages der Christenmenschen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) dann doch wieder nach etwas lebenspraktischerem zumute. Was liegt da näher als eine höchst überfällige Verfassungsreform zu skizzieren? Genau genommen handelt es sich dabei nicht einmal um eine Reform. Eher könnten und sollten wir von einer Reformulierung sprechen. Das klingt zwar ähnlich, ist aber durchaus nicht das gleiche.

Angesichts der doch sehr grundsätzlichen Bedeutung der neu aufzunehmenden Artikel ist Bolle dafür, sie mit „Art. 1 prä“ und so weiter zu beziffern und der Verfassung voranzustellen – also direkt nach der Präambel und noch vor den eigentlichen Artikel 1. Das ist schnell getan und hat den zumindest ästhetischen Vorteil, daß Artikel 1 alter Fassung nicht zu Artikel 1 d neuer Fassung werden müßte – was die dort formulierte Menschenwürde doch etwas in ihrer gewollten Erhabenheit schmälern könnte.

Hier zur Einführung eine ultra-kurze Kurzkommentierung.

Art. 1 prä: Ein würdiger Einstieg in jede Verfassung und seit spätestens 1789 („Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“) bewährt.

Art . 2 prä: Eine höchst überfällige Einbeziehung der realen Gegebenheiten. Schließlich ist unter Juristen weitestgehend anerkannt, daß sich die Verfassungswirklichkeit nicht allzuweit von der Lebenswirklichkeit entfernen sollte.

Art. 3 prä schließlich regelt dann nur noch das praktische Procedere. Gegen „in Absprache mit“ könnte man das ein oder andere Bedenken hervorbringen – Stichwort: Gewaltenteilung. Letztlich aber vermag Bolle auch an dieser Stelle keine allzu hohen Hürden zu erkennen – zumal derlei ansatzweise ohnehin bereits der Fall ist.

Für Bolle steht ganz lebenspraktisch das Ausmaß höchst sinnloser Verrenkungen, Umdeutungen, Re-Definitionen und sonstiger Kapriolen in Talkshows, Ansprachen und parlamentarischen Debatten im Vordergrund – die mit Verweis auf die reformulierte Verfassung auf einen Schlag überflüssig würden. Das aber führt für heute zu weit und wäre auch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …

So 05-12-21 Das fünfte Türchen — der 2. Advent …

Überraschung …

Gestern war Bolle vorweihnachtlich den halben Tag damit beschäftigt, einige Elementaria formaler Logik didaktisch geschmeidig aufzubereiten. Dabei sind Sachen herausgekommen – etwa wie folgt:

Wenn 13 keine Primzahl wär, dann wären Giraffen Elephanten. Oder Löwen …  Oder sonstwas …  „Intuitiv“ würden die meisten Leute (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) sagen: Quatsch das. Ist aber logisch „wahr“. Gewöhnungsbedürftig zwar, aber wahr.

In Bolles Kreisen nennt man so etwas vornehm „ex falso quodlibet“. Frei paraphrasiert könnte man sagen: „Aus Quatsch folgt Quatsch.“ Und damit wären wir unversehens mitten im real existierenden Demokratismus. Allein: mit derlei wollen wir uns hier und heute nicht weiter befassen – schon gar nicht nach dem dann doch eher etwas „harten“ Türchen von gestern.

Begnügen wir uns also mit einer agnostischen Kontemplation über das Schildchen von heute – vielleicht unter dem Motto „Logik und Leute“ – und knabbern den ein oder anderen Weihnachtskeks. Morgen schon ist Nikolausi. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Sa 04-12-21 Das vierte Türchen …

Very strange.

Immer wieder erweist es sich, daß es ausgerechnet die Künstler sind, die den meisten Weitblick an den Tag legen. Die Wissenschaften sind da weit, weit abgeschlagen. Aber übersetzen wir das erst mal:

Ein seltsames Spiel.
Die einzige Möglichkeit zu gewinnen
ist, nicht zu spielen.

Die Aussage stammt von WOPR. WOPR ist das Akronym für »War Operation Plan Response« – eine künstliche Intelligenz zur automatisierten Kriegsführung – und stammt aus dem Film WarGames (USA 1983 / Regie: John Badham). In dem Film geht es darum, daß sich das amerikanische Verteidigungsministerium entschlossen hatte, einen möglichen atomaren Gegenschlag einer Maschine zu überlassen, da sich Soldaten aus Fleisch und Blut als zu unzuverlässig erwiesen hatten. Nun war es so, daß WOPR zwar irriger-, dafür aber um so zuverlässigerweise auf atomaren Ernstfall erkannt hatte und nun im Interesse der gesamten Menschheit irgendwie gestoppt werden mußte – was bei einem vollautomatischen System ohne Not-Ausschalter nicht eben einfach ist. Gleichwohl gelang das den Helden in letzter Minute, indem sie WOPR in eine Partie Tic-Tac-Toe verstrickt hatten. Tic-Tac-Toe ist ein Brettspiel mit gerade mal 9 Feldern und nur gut 250.000 überhaupt möglichen Spielverläufen – für eine KI also höchst „überschaubar“, um nicht zu sagen: eine regelrechte Lachnummer. Das besondere daran ist, daß es mathematisch unmöglich ist zu gewinnen, solange der Gegner keinen Fehler macht – was WOPR nach wenigen Minuten helle war und zu besagtem Statement nebst Abbruch des atomaren Gegenschlages führte.

Was hat das mit uns zu tun? Nun, es ist eine schöne und darüber hinaus mathematisch unanfechtbare Allegorie auf menschliche Hybris – hier verstanden als den tiefsitzenden Widerwillen anzuerkennen, daß es manchmal Dinge gibt, die man leider nicht ändern kann – egal, wie sehr man sich das wünschen mag.

In der »Fibel zur Schreibwerkstatt«, einem in Entstehung begriffenen kleinen Vademecum für ambitionierte Autoren (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) heißt es dazu:

Alles ist möglich? Denkste!
Laß Dir das bloß nicht einreden.

Zugegeben: Das Thema ist nicht wirklich weihnachtlich – dafür aber um so agnostisch-kontemplativer. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Fr 03-12-21 Das dritte Türchen …

Hammer und Nagel.

Im Grunde sollte das ja der Ausnahmefall sein. Wer nur einen Hammer hat, sollte sich tunlichst darum kümmern, seinen Werkzeugkoffer zu vervollständigen, statt auf alles draufzukloppen in der Hoffnung und Erwartung, es werde sich dabei ja wohl um einen Nagel handeln. Der Nagel dieser Tage sind, wie’s scheint, die armen unverständigen Ungeimpften. In Old-Fashioned-Western hieß es noch: „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.“ Das soll man heute so nicht mehr sagen. Heute spricht man vorzugsweise von ›Angehörigen eines indigenen Volkes in Amerika‹ – möglichst ohne zu versäumen hinzuzufügen: beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course. Auch dürfen wir das nicht Eins-zu-Eins auf heutige Verhältnisse übertragen. Etwas zivilisierter sind wir dann ja doch. Obwohl, eine Fassung wie etwa: „Nur ein geimpfter Ungeimpfter ist ein guter Ungeimpfter“ dürfte den kontemporären Befindlichkeiten doch recht nahe kommen. Also immer feste druff. Ist das jetzt übertrieben? Mitnichten, leider. Erst gestern war zu hören, es müsse einen „Impfknall“ geben in Deutschland. Dabei hat Bolle schon vor Jahr und Tag bei so manchem einen mehr oder weniger ausgeprägten Impfknall ausmachen können. Allerdings hat Bolle mutatis mutandis auch weit mehr als nur einen Hammer in seiner Werkzeugkiste. Seien wir also nicht zu streng, wenn wir von der „Lizenz zum Impfen“ (etwa für Apotheker oder Zahnärzte) hören, von „Akten der nationalen Solidarität“ oder gar von „Generälen“ mit ihren „schnellen Eingreiftruppen“. Aber so ist das wohl, wenn man nur einen Hammer hat. Bolle fragt sich nur: Was machen die eigentlich mit ihrer Schönwetter-Demokratie, wenn die mal ein richtiges Problem haben – so richtig existentialistisch? Aber das ist wohl doch schon wieder ein anderes Kapitel …