So 22-12-24 Das 22. Türchen – der 4. Advent: Lange Schlange

Lange Schlange.

Na also – wer sagt’s denn? Nach immerhin drei Wochen und einem Tag ist es nun doch soweit: Der vierte und letzte Advent! In diesem Jahr bedeutet das, daß übermorgen schon das Weihnachtsfest der Christenmenschen da ist.

Die Türchen der Adventskalender der Kleinen (und der vielen nicht ganz so Kleinen mehr) stehen fast alle sperrangelweit offen, die letzten Vorbereitungen sind, wie Bolle doch mal schwer hoffen will, dann doch erledigt, und auch der letzte Hektiker (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) darf sich auf eine hoffentlich ruhig und besinnlich auslaufende Zielgerade einstellen.

Aus rein kalendarischen Gründen ist es in diesem Jahr ja nicht anders als in Rilkes ›Herbsttag‹ (1902):

Wer jetzt kein‘ Plan hat, macht sich keinen mehr.
Wer hinterdrein ist, wird’s für diesmal bleiben,
wird … (und so fort …).

Zwar könnten höchst optimistische Frohnaturen morgen noch versuchen, sich in eine der letzten Schlangen einzureihen, um ihre Last-Minute-Präsenterl dann doch noch zur Post zu geben – und die frecheren unter den Frohnaturen können sich dann – natürlich nur post festum, of course, darüber beschweren, daß ihre Päckchen nicht rechtzeitig angekommen sind. Scheiß Post!

Mit all dem hat unsere geneigte Leserschaft kontemplations-gestählt aber hoffentlich wenig zu tun. Gleichwohl wollen wir die diesjährige Adventszeit nicht ausklingen lassen, ohne noch Bolles jüngste Entdeckung – sozusagen als immaterielle Weihnachtsgabe – den Menschen auf Erden allgemein zu verkünden.

Wer sich auf das sachlich und sittlich notwendige beschränkt, allen möglichen Tüddelkram beiseite läßt und dabei darauf achtet, daß das Präsenterl nicht dicker ausfällt als maximal 5 Zentimeter – und dabei ein wenig Ausrüstung im Hause hat, also Zollstock, Waage, Briefmarken und nur weniges mehr –, kann Weihnachtsgeschenke sehr gut als Brief versenden. Zwar entgeht einem auf diese Weise die Freude an der Sendungsverfolgung – aber man kann nun mal nicht alles haben. Bolle hat in diesem Jahr den Praxistest gemacht. Funktioniert! Den Weg zur Post kann man sich allerdings gleichwohl nicht ersparen, da normale Briefkästen auf der Straße einen zu schmalen Einwurfschlitz haben. Aber egal: Auf dem Bildchen oben sehen wir am linken Bildrand einen Postbriefkasten mit breit genugem Schlitz. Für Bolle war es ein herrliches Gefühl, ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk geradezu – nach der Devise: Ich kam, sah und staunte. Wie leicht doch Schlangen umgangen werden können. Man soll ja nicht schadenfroh sein. Sich aber über entgangenen Schaden – der niemandem sonst ein Leides tut – zu freuen wird man ja wohl dürfen.

Ansonsten ist in Bolles Konsumtempel heute verkaufsoffener Sonntag. Auf daß bloß niemand zur Ruhe kommen möge – die Verkäufer nicht und auch die Kundschaft nicht. Ein dreifach Hoch auf das vita activa, das bewegte Leben. Wer nur denkt sich sowas aus? Vielleicht wird Bolle nachher mal durchschlurfen – Hände in den Manteltaschen, of course. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Di 17-12-24 Das 17. Türchen: Cowboy-Kaffee

Hart, aber gerecht.

Bolle meint, zu unserem 2. Türchen (siehe Mo 02-12-24 Das 2. Türchen: Wie handgefiltert) sei wohl noch dringend ein kleiner Nachtrag nötig. Nicht, daß das noch untergeht im Weihnachtstrubel.

Vor einigen Jahren mal war Bolle – ausdrücklich nicht zur Weihnachtszeit, doch das spielt hier keine Rolle – auf einer Hochzeitsfeier zu Gast. Am Tag der Hochzeit selbst war alles soweit fein. Es gab reichlich Wein und alles, was man sonst so braucht, um Leib und Seele zusammenzuhalten.

Kritisch wurde es am nächsten Morgen. Die Hochzeitsgäste – etwa ein Dutzend an der Zahl – standen, nachdem sie sich aus ihren Betten geschält beziehungsweise gequält hatten, mit dem frisch vermählten Paar alle zusammen in der Küche. Selbstversorgung war angesagt. Kaffee, vor allem! Die Küche war groß und erlesen und es gab natürlich auch Kaffee, of course. Den allerdings mußte man mit einem der in gewissen Kreisen so beliebten schicken italienischen Espresso-Kochern zubereiten. Bolle – der frühe Vogel fängt den Wurm –, hatte seinen ersten Kaffee schon intus. Der nächste bitte! Und so weiter.

Bolles Hintergrundroutinen fingen, frisch coffein-gestärkt, sofort an zu rattern: Zubereitungszeit etwa 10 Minuten pro Kaffee – macht bei 12 Personen circa 2 Stunden. Weia! Bolle schwante nichts Gutes.

Um dem Jammer ein Ende zu bereiten, schnappte sich Bolle einen stinknormalen Topf und tat Wasser und tüchtig Kaffeemehl dazu. Nach etwa 10 Minuten war Kaffee für alle da. Zwar kein schicker Espresso, sondern halt Cowboy-Kaffee, den man mit einer herkömmlichen Schöpfkelle vorsichtig entnehmen mußte. Aber das war allen, ausnahmslos allen Anwesenden dann auch egal.

Und die Moral von der Geschicht? Wer zu doof ist, der kriegt keinen Kaffee. Jedenfalls nicht in (gefühlt) endlicher Zeit. Und – was nützt die schickste Küche mit der schicksten Espressomaschine, wenn man dabei – übertragen gesagt – die Kunst, ein Motorrad zu warten (Pirsig 1974) völlig aus den Augen verliert? Das Prinzip, meint Bolle, läßt sich auf so manches übertragen. Man muß nur Geist und Augen offenhalten. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 15-12-24 Das 15. Türchen – der 3. Advent

Weia!

Nach zwei Tagen relativistischer Betrachtungen in Folge fand Bolle, daß es wieder Zeit wird für was wirklich Weihnachtliches. Zumal die Christenmenschen dieser Welt ja finden, daß heute bereits der 3. Advent ist. Danach kommt nicht mehr allzu viel – und schon ist es wieder soweit.

Unser Bildchen für heute hat Bolle beim Bummeln durchs Dörfchen im Schaufenster einer Sparkasse gefunden. Man hätte es glatt ahnen können – ist ein Begriff wie ›Stresstest‹ doch recht bankenaffin. Um was es bei der Werbung überhaupt ging, ist Bolle übrigens glatt entgangen.

Allerdings – das war Bolle neu – kommt ›Stresstest‹ gar nicht originär aus dem Bankenwesen, sondern aus der Medizin – hat sich dann aber, weil so hübsch vielfältig verwendbar, in alle möglichen Lebensbereiche ausgebreitet, nicht zuletzt eben auch in den Bankensektor. 2011 hat es der Streßtest sogar zum ›Wort des Jahres‹ gebracht.

Ron Kurtz übrigens hat mit seiner ›Hakomi-Methode‹ 1983 – also vor nunmehr 40 Jahren  schon – eine psychotherapeutische Richtung entwickelt, die Charaktere allein dadurch unterscheidet, wie sie unter Streß reagieren. Manche arbeiten halt härter, wenn’s eng wird. Andere holen Hilfe, und wieder andere fahren erst mal in Urlaub. Bolle war seinerzeit schon fasziniert davon, auf was für Ideen man kommen kann. In Urlaub fahren, wenn die Bude brennt. Krass!

Manche meinen ja, sie bräuchten ihren Streß. Vermutlich fühlen sie sich sonst nicht lebendig genug beziehungsweise „spüren“ sich zuwenig. Falls man das aber nicht so sieht, sollte man wohl besser darauf achten, sich seinen Streß für Ausnahmesituationen vorzubehalten (akuten Streß). Dafür hat ihn die Natur wohl auch vorgesehen. Streß als Normalzustand dagegen (chronischer Streß) haut auf Dauer glatt den stärksten Yogi (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) um.

Wie steht es nun mit Streß zum Fest? Man mag ja von Weihnachten halten, was man will. Eines allerdings sollte klar sein: Weihnachten ist absolut absehbar – und läßt daher im Grunde wenig Spielraum für chronischen Streß. Falls manch Christenmensch das anders sehen sollte, liegt der Verdacht nahe, daß er nach dem Motto „Alles ist möglich.“ durchs Leben rennt – und muß sich dann womöglich Bolles „Denkste. Ist es nicht.“ anhören.

In unserem Problemlösungszirkel (vgl. So 13-10-24 Die beste Lösung) findet sich die Antwort übrigens im Feld ›Plan/Check der Mittel) und lautet, als Frage formuliert: „Kann ich mir mein Problem überhaupt leisten?“ Falls Nein, gilt Bolles eiserne Regel: Probleme, die man nicht lösen kann, muß man loswerden. Total so.

Bolle jedenfalls war – wie so oft zur Weihnachtszeit – mit den Händen in den Taschen unterwegs. Und das wird – zumindest als kontemplative Grundausrichtung – bis auf weiteres wohl auch so bleiben. Mancher wird hier einwenden, daß man sich derlei nur leisten kann, wenn man sich’s leisten kann, oder so. Bolle aber meint, tout au contraire, daß man doch bitteschön nicht immer Ursache und Wirkung verwechseln möge – wenn’s auch schwerfallen mag. Lieber leben nach dem (leicht angepaßten) Motto: Geh auf, mein Herz, und suche Freud // In dieser schönen Weihnachtszeit (Paul Gerhardt 1653) – und schon kann der Streß sehen, wo er bleibt. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

So 27-10-24 Vorausschauend fahren! Können vor Lachen

Warum? // Ist die Banane krumm?

Manchmal ist eine Allegorie wirklich nicht das schlechteste, um sich selber die eine oder andere Einsicht noch deutlicher vor Augen zu führen. Und hat nicht auch der Erlöser der Christenmenschen stets in Gleichnissen gesprochen?

Neulich mußte Bolle an seine Fahrschulzeit denken. Das ist zwar schon ein Weilchen her – aber manches bleibt halt hängen. Insbesondere die folgende Szene steht Bolle heute noch klar vor Augen. Feierabendverkehr, die Straße vier- bis sechsspurig, eine topographisch etwas barocke Gabelung in Sicht.

„Vorausschauend fahren!“ mahnte der Fahrlehrer. „Sehen Sie denn nicht das Schild da vorne?“

In vielleicht 100 m Entfernung befand sich in der Tat ein riesiges blau-weißes Schild, quer über die Fahrbahnen gespannt. Auf dem Schild stand haargenau, wie die Spuren sich verteilen, welche Spur wohin führen wird – was also zu tun ist, um sich rechtzeitig richtig einzuordnen.

Bolle, seinerzeit schon durchaus faust-gestählt, meinte nur: „Das Schild da seh‘ ich wohl. Allein ich kann’s nicht lesen.“ In der Tat konnte Bolle das Schild an sich deutlich sehen. Auch konnte er Sinn und Zweck des ganzen klar erahnen. Die Feinheiten aber – also die eigentliche Beschriftung – wollte sich Bolle auf diese Entfernung durchaus noch nicht erschließen.

Was ist nun das Allegorische? Nun, vorausschauend zu fahren setzt voraus, daß einer hinreichend gut vorausschauen kann. Wenn einer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) genau das aber eben nicht kann – und sei es aus dem schlichten Grunde, daß seine Äuglein nicht so scharf sind wie etwa die des Fahrlehrers, dann ist es Essig mit dem vorausschauenden Fahren.

Wir haben ›Dummheit‹ verschiedentlich umschrieben als ›unzureichende prognostische Kompetenz‹, also zum Beispiel das kognitive Unvermögen, die Konsequenzen seiner eigenen Entscheidungen gut genug überblicken zu können.

So etwas gilt natürlich als per se selbstwertbeschädigend. Erkläre jemandem, daß er dumm ist, oder erkläre ihm auch nur, daß Du an seiner prognostischen Kompetenz zweifelst, und er wird Dich hassen.

Aber wo, bitteschön, soll hier ein Unterschied sein, der einen Unterschied macht? Die einen können ihr Fahrzeug nicht so geschmeidig steuern, wie das aus der Sicht anderer wünschenswert wäre. Und zwar einfach deshalb nicht, weil sie nicht weit genug gucken können. Und manch andere können keine geschmeidigen Entscheidungen treffen – einfach deshalb nicht, weil sie die Konsequenzen nicht weit genug überblicken können.

Aus der Sicht der Talente – egal, ob wir hier von Sehkraft reden oder von so etwas wie Geisteskraft – mag derlei auf Unverständnis stoßen: „Das sieht man doch!“ Tut man ja auch – wenn man entsprechend scharfsichtig ist beziehungsweise scharfsinnig. Ansonsten aber eben nicht.

Und? Die Moral von der Geschicht? Erstens: Ihr Talente, laßt Milde walten. Die Luschen können schließlich nichts dafür, daß sie – in dieser Hinsicht (!) – relativ zu Euch minderbemittelt sind. Zweitens, und vor allem aber: Ihr – wiederum nur in dieser Hinsicht – relativen Luschen: Versucht nicht, Dinge zu tun, die andere nun mal besser oder sehr viel besser können als Ihr selbst. Ihr sollt nicht Rennfahrer werden wollen, wenn Ihr nicht scharfsichtig genug seid, und ihr sollt nicht Staaten lenken wollen, wenn Ihr nicht scharfsinnig genug seid.

Irgendwo wird wohl jeder ein gewisses relatives Talent haben – also etwas, das er besser kann als die Leute um ihn herum. Das gilt es zu pflegen und auszubauen. Versucht, umgekehrt, nach Möglichkeit zu vermeiden, Euch auf Gebieten zu tummeln, auf denen Ihr bestenfalls Mittelmaß seid. Das alles aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …

So 13-10-24 Die beste Lösung

Der Problemlösungszirkel oder De arte solvendi.

Nun streiten sie wieder. Oder noch. Oder immer noch. Was kann es Schöneres geben als in einer Schnatterrunde (Neudeutsch: Talkshow) hinter einem süffigen Schlückchen Wasser zu sitzen und – zu streiten? Streiten ist nachgerade und überhaupt das Wesensmerkmal „unserer Demokratie“, möchte man meinen. Und? Um was streitet man? Um die beste Lösung, of course. Da ist man rührig bestrebt, den jeweiligen politischen Gegner mit dem jeweils „besseren Argument“ zu „stellen“ und – so womöglich die Idee – eines Besseren zu belehren bzw. gar zu bekehren.

Allein, es will nicht wirklich fruchten. Der jeweilige politische Gegner neigt nämlich dazu, das Bessere am vermeintlich besseren Argument einfach nicht einsehen zu wollen. In der Folge verhärten sich regelmäßig zusehends die Fronten – die Gesellschaft ist, wie es immer so schön heißt, „gespalten“. Da hilft wohl nur unterhaken – beziehungsweise ein Aufstand der Anständigen gar. Das Argument indes, erst recht das bessere, bleibt derweil auf der Strecke.

Und? Wo bleibt das Positive? Sagen wir so: Bolle findet es immer wieder höchst erfreulich, wieviel Unsinn bzw. wieviel Belangloses von einem abfällt, wenn man sich nur befleißigt, ein geeignetes Modell zu bemühen. Nun – haben vor lachen. Aber daran soll es weiß Gott nicht scheitern. Nehmen wir unser Modell aus dem Schildchen oben. Es beschreibt direktemang den Weg von einem gegebenen, im Zweifel unerfreulichen Ist-Zustand zu einem angestrebten Soll-Zustand. Wir wollen es hier nicht weiter durchkauen. Nur so viel:

Wenn ich nicht weiß, wo ich stehe – Ist-Analyse –, wird es schwierig zu wissen, in welche Richtung ich mich bewegen muß, um ein angestrebtes Ziel zu erreichen. Man kann sich das ganz praktisch klarmachen: Nehmen wir an, wir wollten nach Berlin Mitte. Wenn wir uns zum Beispiel in Prenzlauer Berg befinden, sollten wir uns tunlichst Richtung Süden bewegen. Wenn wir uns dagegen in Kreuzberg befinden, wäre, tout au contraire, der Norden die richtige Richtung. Es gibt also keinen unter allen Umständen richtigen Weg. Selbst so etwas muß man, wie’s scheint, so manchem Wassersüffler (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) in so mancher Schnatterrunde erst mühsam erklären.

Sehr viel dramatischer noch verhält es sich mit der Ziel-Definition. In Bolles Kreisen heißt es oft scherzhaft: Wenn Du nicht weißt, wo Du hinwillst, mußt Du dich nicht wundern, wo Du ankommst.

Begnügen wir uns mit einem einzigen, dafür aber strikt kontradiktorischen Beispiel: Die einen wollen mehr Zugereiste – egal ob Einwanderer, Asylberechtigte oder Flüchtlinge –, die anderen weniger. Was will man da „argumentieren“? Sie wollen es einfach. Und was jemand will, hat mit Argumenten nichts, aber auch rein gar nichts zu tun – so wahr Schwester Logik und Schwester Ethik in verschiedenen Universen leben (vgl. dazu etwa unser Frühstückchen letzte Woche: So 06-10-24 Propaganda). Ersatzweise wirft man sich dann wechselseitig vor, schlechte Menschen zu sein, für die man sich zu schämen habe, Nazis oder gar Verfassungsfeinde – oder eben Wolkenkuckucksheimer. Na toll! Die Schnatterrunden sind voll davon.

Ist das denn alles völlig aussichtslos? Nicht ganz. Bevor ich aber mit dem besseren Argument aufwarten kann, muß ich zwingend erst einmal dafür sorgen, daß der andere das will, was ich selber auch will. Zum Beispiel könnte ich versuchen, ihn zu überzeugen, daß seine Rente – die er ja auch will – ohne Zugereiste in Gefahr gerät. Seine Krankenhausversorgung (Ärzte, Pflegekräfte) nicht minder. Daß es dann nur noch Schweinsbraten mit Kartoffelknödel und Sauerkraut gibt – und keine Pizza mehr und auch keinen Döner. Falls das alles aber nicht überzeugen sollte, komme ich gar nicht erst bis zum Feld ›Plan / Check der Mittel‹ und kann mir jedes weitere Argument ersparen.

Dann nämlich erst, und wirklich erst dann, macht es Sinn, sich über einen möglichen Plan (im Modell das grüne Feld) Gedanken zu machen. Hier, und wirklich erst hier, käme das bessere Argument zum Tragen. Allerdings würde an dieser Stelle auch klar, was absehbar geht und was eben nicht. Aber macht das mal einem rechten Glühwürmchen (heißes Herz, hinkendes Hirn) klar. Schließlich gilt, wie’s scheint, in jenen Kreisen offenbar das heimliche und wohl mangels kognitiver Kapazität durchaus nicht mitgedachte Motto:

Wir glühen, bis die ganze Welt
an der Wirklichkeit zerschellt
und in sich zusammenfällt.

Möglicherweise sind wir – allem Optimismus eines überzeugten Agnostikers zum Trotze – gar nicht mehr allzu weit entfernt davon. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Do 15-12-22 Das fünfzehnte Türchen …

Dicht vorbei ist auch daneben …

Im Bestreben, es etwas gemütlicher angehen zu lassen, hatten wir gestern (Mi 14-12-22 Das vierzehnte Türchen …) Henry Ford, Automobilhersteller und Aphoristiker, zu Wort kommen lassen. Daß wir gegenwärtig in einer Welt leben, in der ein Begriff wie „Versteher“ bis in höchste Partei- und Pressekreise nachgerade zum Schmähwort mutieren konnte, hatten wir dabei nur am Rande erwähnt.

Hier noch ein kleiner Nachtrag zu Henry Ford. Nach einem Anekdötchen soll sich seinerzeit folgendes zugetragen haben. Eine von Fords Maschinen lief nicht rund und er ließ einen externen Mechaniker kommen. Der warf einen fachkundigen Blick auf das Problem und löste es binnen weniger Minuten. Auf der Rechnung stand: „Schraube anziehen: 20 Dollar“. Waas? 20 Dollar für Schraube anziehen? Henry Ford war entsetzt und wollte nicht zahlen. (Dazu muß man wissen, daß 2 Dollar in etwa dem Tageslohn eines Arbeiters entsprochen haben.) Woraufhin der Mechaniker – offenbar nicht nur der Mechanik kundig – eine neue Rechnung ausgestellt hat: „Schraube anziehen: 50 Cent. Wissen, welche Schraube: 19 Dollar 50 Cent.“ Ford soll anstandslos gezahlt haben.

Was will uns das sagen? Nun – wäre Henry Ford ein Spitzenpolitiker kontemporärer Prägung gewesen, hätte er den Mechaniker wohl unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt, die Rechnung wegen Annahmeverzuges (so heißt das zumindest im deutschen Recht) wohl trotzdem bezahlen müssen und überdies laut und vernehmlich „Mit dem Geschäfte machen? Nie wieder!“ gebrüllt.

Und so gibt es auch im Kleinen Unterschiede, die durchaus einen Unterschied machen. Die Ford Motor Company gibt es heute noch. Ob das für weitere Kreise der aktuellen Politprominenz demnächst auch noch gelten wird – darauf würde Bolle nicht mal einen Pfifferling verwetten. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Do 29-04-21 Patsch! Peng!

Hier spricht der Dichter.

Manchmal muß man bis zum Nachmittage zuwarten, bis das Leben einem was wirklich feines und erfrischendes zuspielt. So geschehen heute, als wir erfahren durften, daß, einmal mehr, das Bundesverfassungsgericht in geradezu klassischer Prägnanz klargestellt hat, was es mit Bolles Managementzirkel auf sich hat – und vor allem auch, was nicht. Wir hatten den Zirkel des öfteren schon angesprochen. Um dem geneigten Leser das Blättern zu ersparen, sei er hier noch einmal abgebildet.

Der Managementzirkel.

Wenn man, wie es beim Thema »Klima« in der Natur der Sache liegt, ein Ziel verfolgt, bei dem man erst in einigen Jahrzehnten wird beurteilen können, ob und inwiefern man was erreicht hat, dann macht es schlechterdings keinen Sinn, erst mal nur auf 2030 zu zielen beziehungsweise auch nur zu schielen und das ganze mit einer ebenso jovialen wie unausgesprochenen Fußnote zu garnieren: „Na, und denn? Denn kieken wa ma.“ Bolle sagt, aus strikt professioneller Perspektive, ausdrücklich „zielen“. Von »Planung« im Sinne des Zirkels einschließlich obligatorischem »Check der Mittel« kann bislang ja ohnehin noch keine Rede sein. Doch das nur am Rande.

Und? Was macht der Journalismus 2.0? Ausnahmsweise und wenigstens ausschnittsweise mal eine gute Figur. Zwar ist den Premium-Nachrichtensendungen mal wieder nicht mehr eingefallen als die übliche „Ohrfeige“ beziehungsweise, in der furiosen Fassung, die „schallende Ohrfeige“. Auf Phoenix allerdings wurde das Thema mit „Patsch! Peng!“ eröffnet. Total so! Bolle war entzückt.

Was aber hat das ganze mit Nash-Gleichgewichten zu tun? Wir erinnern uns: von Nash-Gleichgewichten spricht man, wenn – obwohl jeder das macht, was für ihn das beste ist – unterm Strich nur dummes Zeug bei rauskommt – was dann natürlich so niemand gewollt hat (vgl. Fr 23-04-21 Vive la France!). Auflösen lassen sich Nash-Gleichgewichte – auch dieser Hinweis findet sich an besagter Stelle – allein durch eine regelsetzende und durchsetzende Instanz. Wobei diese Rolle, zumindest was das Regelsetzen angeht, im vorliegenden Falle beim Bundesverfassungsgericht hängengeblieben ist. Und? Was macht die Politprominenz? Ergießt sich in Zustimmung. „Gebremst?  I wo. Wir doch nicht! Im Gegenteil – wir waren schon immer dafür, mehr fürs Klima zu tun. Der politische Gegner hat’s versemmelt, of course.“ Aber so ist das nun mal bei Nash-Gleichgewichten unter Rudeltieren.

Übrigens: Bolle hat den Eindruck, daß Oscar Blumenthal, der Schöpfer einer ganzen Reihe von Kurzgedichten sowie mancher Schach-Miniatur, einer von den Guten ist. Oder was sonst soll man von einem sagen, der seinen eigenen Grabstein mit einem eigenen Gedicht aus seinem selbstverfaßten »Buch der Sprüche« ziert?

Oft wehte mirs der Herbstwind her:
„Die Bahn so kurz! Der Weg so schwer!“
Doch eine ferne Stimme rief:
„Das Ziel so nah! Die Rast so tief!“

Ist das nicht ein hochfeiner Kontrapunkt in der gesamten Corönchen-Kakophonie? Letztlich aber ist das dann doch schon wieder wohl ein anderes Kapitel.

So 28-03-21 Die Osterruhe vor dem Sturm

Wer hätte das gedacht?

Unser letzter Eintrag war ja, zugegeben, etwas knapp gehalten. Auch haben wir uns ein paar Tage kontemplativer Distanz gönnen müssen. Es war aber auch zu gruselig. Da kam die Regierung – genauer gesagt: die sogenannte Bund/Länder-Konferenz – nach durchdachter Nacht auf die grandiose Idee, mal eben die Osterlogistik zu zerschießen und das ganze, so viel Nudging muß sein, euphemistisch „Osterruhe“ zu nennen. Osterruhe – das klingt nachgerade kontemplativ. Wünschen wir uns nicht alle etwas mehr Ruhe um die Feiertage rum?

Nach der angesagten Ruhe kam der Sturm. Das geht schon damit los, daß es so etwas wie „Bund/Länder-Konferenzen“ in der Verfassung gar nicht gibt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man das Baby „Bund/Länder-Gespräche“ nennt. Allerdings ist das, weder in der Politik noch im Journalismus 2.0, irgend jemandem groß aufgefallen. Was dann?

Nach dem Bundesstaatsprinzip (Art. 20 I GG) ist die Bundesrepublik zweigliedrig organisiert. Das bedeutet im wesentlichen, daß die Länder eigene Staaten sind – mit eigener, und nicht etwa vom Bund abgeleiteter staatlicher Hoheitsmacht. Erschwerend kommt hinzu, daß die Ausübung staatlicher Befugnisse im Zweifel Sache der Länder ist (Art. 30 GG). Fazit: In Deutschland haben die Länder richtig was zu sagen (vgl. dazu auch Fr 05-03-21 Und ewig schläft das Murmeltier). Wenn sich nun die Kanzlerin hinstellt und in einer „Asche über mein Haupt“-Ansprache erklärt, daß ihr „qua Amtes“ die letztendliche und alleinige Verantwortung für den ganzen Schlamassel zufalle, so irrt sie sich. Nein, die Kanzlerin ist nicht die Cheffin der Bund/Länder-Konferenz – zumal es die ja ohnehin nicht gibt. Aber wenn man schon mal einen Lauf hat: Warum dann nicht noch einen draufsetzen?

Kurzum: Bolle hätte es fein gefunden, wenn die Länderchefs wie ein Mann (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) aufgestanden wären und ihrerseits und jeder für sich ein fröhliches „Mea culpa, dito“ unters Volk gestreut hätten: „Ich bin schuld. – Nein, ich. – Nein, ich.“ Sind wir nicht letztlich alle Sünder vor dem Herrn (wiederum beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)?

Noch feiner hätte Bolle es indes gefunden, wenn solche kapitalen „handwerklichen Fehler“, wie es wiederum höchst euphemistisch heißt, gar nicht erst passieren würden. Immerhin: Dieses mal hat das Volk gefühlt, daß das so nicht angehen kann.

Und nun? Noch ein Lock-Downchen, und noch eins, und vielleicht ein allerletztes zu Weihnachten? Oder Ostern nächstes Jahr? Bolle meint: Plan geht anders. Vor allem geht Plan mit Anerkennung der Gegebenheiten los. Krisen-PR, falls nötig, übrigens auch. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Mo 22-03-21 Plan, Prognose, Plausibilität

Von Plänen, Prognosen, und Plausibilitäten.

Im Grunde ist alles ganz einfach – wie immer auf der grundsätzlichen Ebene. Ein Problem ist einfach nur eine Soll/Ist-Diskrepanz: Etwas ist nicht so, wie es sein soll, wobei es nicht ohne weiteres möglich ist, den gegebenen Ist-Zustand in den gewünschten Soll-Zustand zu überführen („Transformationsbarriere“). Beispiel: Einer (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course)  hat Hunger (Ist-Zustand), wäre aber lieber wohlgesättigt (Soll-Zustand). Der Kühlschrank ist bis oben hin voll. Also keine „momentane Transformationsbarriere“ und damit auch kein Problem. Nun ist es so, daß man sich den Blick auf selbst so einfache Zusammenhänge mühelos verstellen kann, allein indem man jegliches mögliche Problem zur „Herausforderung“ hochzwiebelt. Im Grunde sind wir damit wieder bei Gertrude Stein: Ein Problem ist ein Problem ist ein Problem. Ob es nun „als Herausforderung angenommen“ wird oder als „Mimimi-Matrize“ ist dagegen eine Frage der Haltung – und hat mit Soll/Ist-Diskrepanzen bzw. irgendwelchen Transformationsbarrieren wirklich wenig zu tun. Soviel zur begrifflichen Klarheit.

Wie löst man nun ein Problem, wenn die Dinge etwas komplizierter liegen als nur „Habe Hunger“? Nun, erstens muß man sich klar machen, wo man steht (Ist-Analyse), zweitens wo man hin will (Ziel-Definition), und drittens braucht man einen Plan, wie man den Weg von Ist nach Soll zu beschreiten gedenkt. Oft genug tut sich an dieser Stelle im Rahmen eines ›Checks der Mittel‹ ein Folge-Problem auf. Um im Beispiel zu bleiben: Einer hat Hunger, der Kühlschrank ist leer – und das Portemonnaie leider auch. Die Scheckkarte übrigens ist gesperrt. Jetzt hätten wir es in der Tat mit einem Problem zu tun – und jetzt erst geht es um  „Herausforderung vs. Mimimi“.

Und? Wie geht man in der Politik mit so was um? Gestern hat Bolle erfahren, daß die Grünen zur Zeit deshalb so erfolgreich seien, weil sie sich einfach nicht festlegen lassen. In unserer Sprache bedeutet das: Der Soll-Zustand ist und wird nicht definiert – und damit jede potentielle Problemlösung im Keim erstickt. Wenn’s aber doch der Wähler wünscht? Das allerdings wollten die Grünen dann doch nicht auf sich sitzen lassen und ließen verlauten, daß man, ganz im Gegenteil und im Gegensatz zur SPD etwa, nicht nur Ziele definiere, sondern sogar sage, wie man dort hinzukommen gedenke. Bolle meint: Na, nu wird’s Tach. Da staunste Bauklötzer.

Allein, worin besteht der Plan? Vorläufig anscheinend nur in einer Vorstellung, in welcher Höhe man Mittel für die Erreichung seiner Ziele aufzuwenden gedenkt. Einen echten Plan, so richtig mit Substanz, stellt sich Bolle anders vor und trägt sich ernstlich mit dem Gedanken, ins Plan/Prognose/Plausibilitäts-Biz einzusteigen. Irgendwas muß da doch gehen – bei den Beraterhonoraren. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Fr 12-03-21 America first!

Von festen Punkten und weichen Stellen.

„Erst wird die Bevölkerung der USA geimpft. Wenn wir dann noch was übrig haben, teilen wir es gerne mit anderen.“ So hat es der 46. Präsident der Vereinigten Staaten, Mr Joe Biden, gestern zur besten Sendezeit verlauten lassen. Deutlicher geht’s kaum. Und? Wie haben die Medien das aufgefaßt? Betröppeltes Schulterzucken. Keine Spur von Aufschrei. Bolle meint: Das hätte sich der 45. Präsident, Mr Donald Trump, mal trauen sollen. Dann wäre, einmal mehr, so richtig der Teufel losgewesen.

Was Bolle wirklich ein wenig irritiert: Wir reden hier von Selbstverständlichkeiten. So lautet etwa der Amtseid, den der Bundespräsident, der Kanzler und sämtliche Minister (jeweils beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) zu leisten haben: „Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden …“, und so weiter (Art. 64 II, 56 GG). Dem Wohle des deutschen Volkes – nicht etwa dem Wohle der ganzen Welt. Entsprechendes gilt selbstredend für die Amtseide anderer Länder. Auch sind sich die Verfassungsrechtler völlig darin einig, daß die sogenannte Eidesformel nur Pflichten bekräftigt, „die ohnehin als selbstverständlich mit dem Präsidentenamt und überhaupt jedem staatlich-politischen Führungsamt verbunden anzusehen sind.“

Grundsätzlich scheint es so zu sein: Je mehr Probleme man gleichzeitig lösen will, desto unwahrscheinlicher wird es, daß man überhaupt irgendwas gebacken kriegt. Ziele brauchen Raum! Damit wären wir wieder beim Thema »Wunsch und Wirklichkeit« (vgl. dazu Mo 08-03-21 Wunsch und Wirklichkeit). Kurzum: „Bevor Du Dich daranmachst, die Welt zu verbessern: Kehre dreimal vor Deiner eigenen Tür.“ Und so paßt es aufs feinste ins Bild, daß genau die Staaten bzw. die Staatenlenker (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) , die diese kleine chinesische Weisheit beherzigen, im Cöronchen-Management zur Zeit die mit Abstand beste Figur machen. Und? Was macht der Journalismus 2.0? Schweiget stille und wundert sich.

Auch hatten wir diesen Punkt vor einigen Wochen schon mal angesprochen und dabei festgehalten: „Bolles vorläufige Prognose: Wir werden noch ein Weilchen weiterwurschteln – und zwar so lange, bis die Maschinen soweit sind, daß man ihnen einfach nur Ziel- und Aktionsparameter eingeben muß und sie uns dann mit kühler Logik mitteilen, was zu tun ist – bzw. daß wir die Zielparameter (also das, was wir erreichen wollen) gründlich abspecken müssen oder aber die Aktionsparameter (also das, was wir possibly überhaupt tun können) gründlich aufstocken, da die Gleichungssysteme ansonsten schlechterdings unlösbar sind. Bolles altes Credo: Was mathematisch nicht funktioniert, funktioniert nicht mal im Kapitalismus – und übrigens auch nicht im Sozialismus.“ (vgl. Mo 18-01-21 So sein — oder so sein …?). Das aber ist dann letztlich doch schon wieder ein anderes Kapitel.