Do 16-12-21 Das sechzehnte Türchen …

Recht so! zum zweiten …

Nachdem wir gestern mitten in den Gender Dynamics steckengeblieben sind, hier ein weiteres kleines weihnachtliches Überraschungs-Ei zum vor- und nachdenken.

Nehmen wir an, jemand (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course), den wir hier Aurelius nennen wollen, habe einen 30-Stunden-Job, der ihm 2.500 Silbermuscheln im Monat einbringt. Wer sich mit „Aurelia“ besser identifizieren kann: bitteschön. Auf die genauen Zahlen kommt es hier ebensowenig an wie auf die Währung oder das Geschlecht.

Nehmen wir weiter an, Aurelius stünde vor der Wahl,
            a) seinen Job zu behalten oder
            b) einen 60-Stunden-Job anzunehmen, der ihm 5.000 Silbermuscheln pro Monat einbringen würde.

30 / 60 / 2.500 / 5.000. Das sind die nackten Fakten.

Nun? Was tun? Den alten Job behalten oder den neuen Job annehmen? Here’s a flash: Das läßt sich aufgrund der Faktenlage nicht entscheiden – jedenfalls nicht, soweit Bolle bekannt ist. Was dann?

Nun, Aurelius muß die Fakten bewerten. Das heißt, er muß sich überlegen, ob ihm ein zusätzliches Einkommen von 2.500 Silbermuscheln einen zusätzlichen Zeitaufwand von 30 Stunden wert ist. Falls Ja, dann wechselt er den Job – falls Nein, dann nicht.

Was hat das mit uns zu tun? Nun – falls jetzt irgendein, mit Verlaub, Klugscheißer daherkommt und behauptet, 5.000 Silbermuscheln sei doch deutlich mehr als nur 2.500, dann hat er faktisch recht. Das ist in der Tat so. Wenn er aber überdies behauptet, Aurelius sei folglich unvernünftig oder, je nach Sprachregister, irrational, wenn er den neuen Job nicht annimmt, dann ist er richtig schief gewickelt – trotz aller Fakten. Falls unser Klugscheißer darüber hinaus auf die Idee verfallen sollte zu meinen, Aurelius müsse überzeugt werden oder gar „mitgenommen“ auf dem Weg zu höherem Wohlstand, dann wird es in der Tat übergriffig – und Aurelius täte gut daran, „dergleichen Strolche“, wie Wilhelm Busch das nennt, nach Möglichkeit zu meiden.

Leider ist es so, daß solche Klugscheißer in aller Regel gleichzeitig auch noch „Gutscheißer“ sind. Sie wollen doch nur helfen (!) bei Aurelius’ Weg ins Glück. Bolle meint: Get lost – schert Euch zum Teufel.

Kurzum: Was Aurelius für richtig hält und was nicht, liegt im Bereich von Schwester Ethik, der zweiten Tochter der Philosophie (vgl. dazu kurz und bündig So 24-01-21 Dreschflegel). Was dagegen wahr ist und was nicht – die „Fakten“ also –  liegen in der Domäne von Schwester Logik, der ersten Tochter. Jemanden aufgrund seiner Präferenzen, wie es oft vornehm heißt, für „unvernünftig“ bzw. „irrational“ zu erklären, ist demnach im Kern so was von absurd, daß einem glatt die Spucke wegbleiben könnte – scheint aber dem gegenwärtigen Stand der Zivilisation zu entsprechen.

Bislang hatten wir unser Beispiel so gewählt, daß es nur um eine Zeit- / Einkom­mens­abwä­gung ging. Der Stundenlohn (knapp 20 Silbermuscheln) blieb dabei unverändert. Wie wäre es, wenn Aurelius eine dritte Option hätte, nämlich

            c) einen 30-Stunden-Job, der ihm 5.000 Silbermuscheln (statt nur 2.500) einbringen würde?

Wäre es wenigstens jetzt gerechtfertigt, Aurelius „irrational“ zu schelten, wenn er ablehnt? Denkt mal drüber nach, so Ihr Zeit und Muße findet. Was hat das mit Corönchen zu tun? Auch das ist womöglich eine agnostisch-kontemplative Mußestunde wert. Ansonsten aber ist das dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Di 14-12-21 Das vierzehnte Türchen …

Banal exponential.

Bolle hat jüngst erfahren, daß sich die Ansteckungen mit Corönchen in der Spielart ›Omikron‹ im Vereinigten Königreich (UK) alle zwei bis drei Tage verdoppeln würden – versehen mit dem Zusatz: „So etwas haben wir noch nie beobachtet.“ Natürlich hat Bolle nachgerechnet.

Wenn wir seriösen Schätzungen folgen und von aktuell 1.000 bis 2.000  Corönchen-Positiven ausgehen (auf die genaue Zahl kommt es überhaupt nicht an), dann würde es bei einer Verdopplungszeit von drei Tagen nur etwa 45 Tage dauern, bis auch der letzte Brite corönchen-positiv ist – mithin also schon Ende Januar! So schnell kann kein Politiker folgen – und selbst dem Journalismus 2.0 bliebe da glatt die Spucke weg.

Dabei sind mit ›Corönchen-Positiven‹ nach Bolles jüngster Definition Leute gemeint, bei denen aus medizinischer Sicht irgendwas nachweisbar ist – was aber weder mit Symptomatik noch mit Spreader-Potential auch nur das geringste zu tun haben muß. Bolle findet nämlich, daß an dieser Stelle allmählich etwas mehr Klarheit dringend geboten ist.

Betrachten wir unsere Graphik: Auf der Abszisse (x-Achse) findet sich die Zeit und auf der Ordinate (y-Achse) der Anteil der Positiven in Prozent. Dabei beschreibt die blaue Kurve eine „echte“ Exponentialfunktion, die wir den gegenwärtigen Verhältnissen im UK nachgebildet haben: Nach 45 Tagen sind wir demnach bei 100%. Ja, und dann? Da unmöglich mehr als 100% der Briten corönchen-positiv sein können, kann die Funktion so nicht stimmen. Corönchen vermehrt sich eben nicht exponentiell – jedenfalls nicht lange.

In Bronstein’s Taschenbuch der Mathematik – der Bibel der Mathematiker – heißt es dazu lakonisch:

Prozesse mit konstanter Wachstumsgeschwindigkeit
sprengen im Laufe der Zeit jede Schranke
und führen bereits nach relativ kurzer Zeit
zu einer Katastrophe.

Kurzum: Prozesse mit konstanter Wachstumsgeschwindigkeit (Prozesse, die Exponentialfunktionen folgen), haben in der Natur keinen Bestand. Sie haben eine ausgesprochene Neigung zur Selbstzerstörung – was Bronstein mit „Katastrophe“ umschreibt.

Was dann? Die Corönchen-Positivität folgt vielmehr der grünen Kurve. Dabei handelt es sich um eine von Bolle didaktisch geschmeidig angepaßte Sigmoid- bzw. Schwanenhalsfunktion. Das Ansteckungsgeschehen geht hier laangsam, gaanz langsam los, nimmt dann richtig Fahrt auf, um sich schließlich wieder zu beruhigen und der 100%-Grenze anzunähern. Mehr als 100% ist nämlich nicht zu schaffen – auch nicht für das mieseste und fieseste Corönchen.

Heißt das, wir können uns entspannen? Natürlich nicht. Schließlich erreicht auch die grüne Kurve die 100%-Marke, nur eben auf anderem Wege. So let’s go crazy: Warum steht in der Meldung „Verdoppelung alle zwei bis drei Tage“ – und nicht zum Beispiel: „Ende Januar sind alle Briten tot“ – und dann irgendwo im laufenden Text: „ … oder zumindest infiziert oder ganz zumindest corönchen-positiv“? Vielleicht noch versehen mit dem aufmunternden Spruch aus dem Anhalter durch die Galaxis: „Don’t panic“ – in großen, freundlichen Lettern, of course (vgl. dazu auch Do 03-12-20 Das dritte Türchen …). Das wäre doch viel zeitgemäßer und würde auch aufs feinste zu anderen Überschriften passen wie etwa: „Im Kampf gegen Omikron hoffen die Briten auf das zweite Impfwunder“. „Wunder“ – das klingt doch wirklich wunderbar weihnachtlich. Fehlt nur noch der „Impfzauber zur Heiligen Nacht“. Allerdings ist das dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …

Mo 13-12-21 Das dreizehnte Türchen …

Vox populi.

Das „Trotz- und Klagelied“ ist ein Epigramm von Oscar Blumenthal und stammt aus dem Jahre 1880. Bolle findet es immer wieder faszinierend, wie sich die Bilder gleichen – auch über längere Zeiträume hinweg. Wir reden hier von immerhin 140 Jahren. Allerdings heißt es bei Blumenthal nicht „Trotz- und Klagelied eines Impfskeptikers“, sondern »Vox populi«, also „Stimme des Volkes“. Wenn da nur die Volksvertreter nicht wären …  Ganz kürzlich erst hat ein Exemplar dieser Spezies zur besten bildungsbürgerlichen Sendezeit im Rahmen der corönchen-induzierten „Meine Freiheit, Deine Freiheit“-Debatte zum wiederholten male ernstlich argumentiert, man dürfe ja schließlich auch nicht Auto fahren ohne Führerschein. Der Führerschein als legitime staatliche Freiheitseinschränkung für Autofahrer und solche, die es werden wollen. Daß das so sein muß bzw. zumindest nicht ganz unvernünftig ist, versteht schließlich jeder (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course). Aber was soll uns das sagen? Der Impfnachweis als „Bürgerschein“, ohne den man nicht mehr auf die Straße gehen darf? Mehr noch. Man dürfte sich ja – so man dem Argument folgen will – nicht mal mehr in der eigenen Wohnung aufhalten ohne Bürgerschein. Damit erhält  der Bürgerschein den Rang einer Allgemeinen Existenzberechtigungsplakette. Schließlich kann es ja wohl wirklich nicht angehen, daß Leute in dieser verhagelten Schönwetter-Demokratie einfach wild existieren. So ist ja auch etwa wild campen nicht erlaubt. Wir dürfen gespannt sein, was da noch so alles kommen mag an kreativem Überschwange. Wie meint Bolle immer? Wo ein Wille ist, da ist auch ein Argument. Oder zumindest etwas, das so tut als ob. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Mi 08-12-21 Das achte Türchen …

Bolle zu Statistik und Sterblichkeit.

Wir würden es ja wirklich gerne langsam weihnachtlicher angehen lassen. Doch die Verhältnisse, sie sind leider nicht so …  (Brecht’s Dreigroschenoper).

Nach formaler Logik (So 05-12-21 Das fünfte Türchen — der 2. Advent …) und Vorschlägen zur Verfeinerung der Verfassung (Mo 06-12-21 Das sechste Türchen — Nikolausi …) hier ein Grundsatzbeitrag zur Statistik – mit dem wir die Trilogie hoffentlich vorläufig abschließen können.

Das Risiko zu versterben liegt bei etwa 100 Prozent. Ein erfreulicheres Ergebnis hat sich Bolle, aller statistischen Raffinesse zum Trotze, nicht darstellen wollen. Umgekehrt bedeutet das: Die Chance, an dieser Stelle etwas zum besseren zu wenden, liegt ziemlich genau bei Null.

Das Risiko, als würdeloses Würmchen zu verenden, läuft derzeit in der Tendenz in exaktemente die gleiche Richtung – ein Punkt, der Bolle durchaus mit Sorge erfüllt. Die gute Nachricht: An dieser Stelle könnte man durchaus etwas reißen.

Wir haben also die Wahl: Wir könnten versuchen, ein potentiell unlösbares Problem zu lösen, oder wir können darauf hinwirken, wenn schon nicht das Leben, so doch zumindest die Würde zu retten (oder was davon in einer im Kern wenig kontemplativen Gesellschaft noch übrig sein mag) – und unsere Lieben nicht isoliert und einsam unter einem Berg von Plaste-Müll, umringt von undurchsichtigen Helfergestalten in Vollkörper-Kondomen verscheiden zu lassen. Zwar wird das nicht in jedem Fall gelingen: Rechtzeitig in Würde mit seinem Leben abzuschließen ist nun mal nicht jedem gegeben. Der sprichwörtliche Kapitalismus hält manche einfach zu sehr beschäftigt. Keine Zeit für Kontemplation – never ever. Das rächt sich natürlich irgendwann, of course. Aber zumindest ergeben sich hier die weitaus besseren Erfolgsaussichten. Größer Null geht praktisch immer. Vor allem aber dürfte sich das für die Dahinscheidenden sehr viel besser anfühlen als letztlich witzlose medizinische Rundum-Vollversorgung. Last-minute-Kontemplation auf der letzten Meile, sozusagen. Früher hat man so etwas schlicht und ergreifend „Trost spenden“ oder auch einfach „Abschied nehmen“ genannt.

Und nun? Was tun? Lasset uns besinnen. Besser spät als nie. Übrigens: gegen unnötig unangenehmes Ableben gibt es Happy Pills. Wir wollten diesen Punkt an dieser Stelle nur pointieren und zu ernstlicher Kontemplation anregen. Professor Dumbledore hat es in »Harry Potter and the Philosopher’s Stone« auf den Punkt gebracht: „After all, to the well-organised mind, death is but the next great adventure.“ (Für kontemplativ ausgerichtete Wesen ist der Tod nichts weiter als das nächste große Abenteuer). Soweit das. Alles weitere wäre dann definitiv doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mo 06-12-21 Das sechste Türchen — Nikolausi …

Bolles Verfassungsreform.

Nach seinem Ausflug in die formale Logik war Bolle zur Feier des 2. Adventssonntages der Christenmenschen (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) dann doch wieder nach etwas lebenspraktischerem zumute. Was liegt da näher als eine höchst überfällige Verfassungsreform zu skizzieren? Genau genommen handelt es sich dabei nicht einmal um eine Reform. Eher könnten und sollten wir von einer Reformulierung sprechen. Das klingt zwar ähnlich, ist aber durchaus nicht das gleiche.

Angesichts der doch sehr grundsätzlichen Bedeutung der neu aufzunehmenden Artikel ist Bolle dafür, sie mit „Art. 1 prä“ und so weiter zu beziffern und der Verfassung voranzustellen – also direkt nach der Präambel und noch vor den eigentlichen Artikel 1. Das ist schnell getan und hat den zumindest ästhetischen Vorteil, daß Artikel 1 alter Fassung nicht zu Artikel 1 d neuer Fassung werden müßte – was die dort formulierte Menschenwürde doch etwas in ihrer gewollten Erhabenheit schmälern könnte.

Hier zur Einführung eine ultra-kurze Kurzkommentierung.

Art. 1 prä: Ein würdiger Einstieg in jede Verfassung und seit spätestens 1789 („Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“) bewährt.

Art . 2 prä: Eine höchst überfällige Einbeziehung der realen Gegebenheiten. Schließlich ist unter Juristen weitestgehend anerkannt, daß sich die Verfassungswirklichkeit nicht allzuweit von der Lebenswirklichkeit entfernen sollte.

Art. 3 prä schließlich regelt dann nur noch das praktische Procedere. Gegen „in Absprache mit“ könnte man das ein oder andere Bedenken hervorbringen – Stichwort: Gewaltenteilung. Letztlich aber vermag Bolle auch an dieser Stelle keine allzu hohen Hürden zu erkennen – zumal derlei ansatzweise ohnehin bereits der Fall ist.

Für Bolle steht ganz lebenspraktisch das Ausmaß höchst sinnloser Verrenkungen, Umdeutungen, Re-Definitionen und sonstiger Kapriolen in Talkshows, Ansprachen und parlamentarischen Debatten im Vordergrund – die mit Verweis auf die reformulierte Verfassung auf einen Schlag überflüssig würden. Das aber führt für heute zu weit und wäre auch schon wieder ein ganz anderes Kapitel …

Do 02-12-21 Das zweite Türchen …

Denken schadet der Illusion.

Denken schadet der Illusion. Schöner hätte auch Bolle das nicht ausdrücken können. Fehlt nur noch der amtliche Hinweis: „Der Bundesbefundheitsminister mahnt“. Vielleicht sollten wir doch ernstlich erwägen, davon abzulassen, agnostisch-kontemplative Frühstückchen zu uns zu nehmen. Wer weiß, wer weiß …? Aber wir wollen das Kind nicht mit dem sprichwörtlichen Bade ausschütten. Erst hieß es: Laßt Euch impfen – dann wird alles gut. Wem das nicht gut genug war, dem ham se noch ne Bratwurst hinterhergeworfen. Dann hieß es: Laßt Euch auffrischen. Eins und eins, das macht zwei. Und überhaupt: „auffrischen“. Da waren wohl mal wieder exaltierte Sprachdesigner (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) am Werk. Nach zwei kommt drei. Soweit können die meisten folgen. Auch hier wurde am schicken Wording nicht gespart: „Get your Booster, Baby“. Da die Ergebnisse aber weit hinter den Illusionen zurückgeblieben sind, müssen wir eben doch weiterdenken. Was passiert, wenn wir nicht nur bis drei zählen wollen? Vier …? Fünf …? Im Grunde ist es wie bei einem Adventskalender. Aber offenbar kommt so was in der Virologen-Ausbildung gar nicht vor. Pieks und denk’ nicht dabei. Das aber ist wohl doch schon wieder ein anderes Kapitel …

Do 29-04-21 Patsch! Peng!

Hier spricht der Dichter.

Manchmal muß man bis zum Nachmittage zuwarten, bis das Leben einem was wirklich feines und erfrischendes zuspielt. So geschehen heute, als wir erfahren durften, daß, einmal mehr, das Bundesverfassungsgericht in geradezu klassischer Prägnanz klargestellt hat, was es mit Bolles Managementzirkel auf sich hat – und vor allem auch, was nicht. Wir hatten den Zirkel des öfteren schon angesprochen. Um dem geneigten Leser das Blättern zu ersparen, sei er hier noch einmal abgebildet.

Der Managementzirkel.

Wenn man, wie es beim Thema »Klima« in der Natur der Sache liegt, ein Ziel verfolgt, bei dem man erst in einigen Jahrzehnten wird beurteilen können, ob und inwiefern man was erreicht hat, dann macht es schlechterdings keinen Sinn, erst mal nur auf 2030 zu zielen beziehungsweise auch nur zu schielen und das ganze mit einer ebenso jovialen wie unausgesprochenen Fußnote zu garnieren: „Na, und denn? Denn kieken wa ma.“ Bolle sagt, aus strikt professioneller Perspektive, ausdrücklich „zielen“. Von »Planung« im Sinne des Zirkels einschließlich obligatorischem »Check der Mittel« kann bislang ja ohnehin noch keine Rede sein. Doch das nur am Rande.

Und? Was macht der Journalismus 2.0? Ausnahmsweise und wenigstens ausschnittsweise mal eine gute Figur. Zwar ist den Premium-Nachrichtensendungen mal wieder nicht mehr eingefallen als die übliche „Ohrfeige“ beziehungsweise, in der furiosen Fassung, die „schallende Ohrfeige“. Auf Phoenix allerdings wurde das Thema mit „Patsch! Peng!“ eröffnet. Total so! Bolle war entzückt.

Was aber hat das ganze mit Nash-Gleichgewichten zu tun? Wir erinnern uns: von Nash-Gleichgewichten spricht man, wenn – obwohl jeder das macht, was für ihn das beste ist – unterm Strich nur dummes Zeug bei rauskommt – was dann natürlich so niemand gewollt hat (vgl. Fr 23-04-21 Vive la France!). Auflösen lassen sich Nash-Gleichgewichte – auch dieser Hinweis findet sich an besagter Stelle – allein durch eine regelsetzende und durchsetzende Instanz. Wobei diese Rolle, zumindest was das Regelsetzen angeht, im vorliegenden Falle beim Bundesverfassungsgericht hängengeblieben ist. Und? Was macht die Politprominenz? Ergießt sich in Zustimmung. „Gebremst?  I wo. Wir doch nicht! Im Gegenteil – wir waren schon immer dafür, mehr fürs Klima zu tun. Der politische Gegner hat’s versemmelt, of course.“ Aber so ist das nun mal bei Nash-Gleichgewichten unter Rudeltieren.

Übrigens: Bolle hat den Eindruck, daß Oscar Blumenthal, der Schöpfer einer ganzen Reihe von Kurzgedichten sowie mancher Schach-Miniatur, einer von den Guten ist. Oder was sonst soll man von einem sagen, der seinen eigenen Grabstein mit einem eigenen Gedicht aus seinem selbstverfaßten »Buch der Sprüche« ziert?

Oft wehte mirs der Herbstwind her:
„Die Bahn so kurz! Der Weg so schwer!“
Doch eine ferne Stimme rief:
„Das Ziel so nah! Die Rast so tief!“

Ist das nicht ein hochfeiner Kontrapunkt in der gesamten Corönchen-Kakophonie? Letztlich aber ist das dann doch schon wieder wohl ein anderes Kapitel.

Mi 28-04-21 Schöner shoppen

Schöner shoppen.

Nach dem für manche dann doch eher etwas harschen Beitrag von gestern hier zur Entspannung was aus dem ganz normalen Leben in Corönchen-Zeiten. Als Bolle neulich „schöner shoppen“ war, wurde er gleich beim Eingang des Warenhauses gefragt, wo er denn hin wolle. Die Antwort: Lebensmittel. Bolle brauchte nämlich mal wieder Orangenmarmelade und ist dabei, was den Hersteller angeht, recht schnücksch. „By Appointment by her Majesty the Queen“ ist nun mal the real thing. „Alles klar“. Der Einlaß wurde „gewährt“. Dann allerdings, und jetzt wird es interessant, fiel Bolle ein, daß er ja auch noch einen neuen Pullover brauchen könnte – möglichst ebenfalls britischer Provenienz, weil die verstehen was von Wolle. Einen Pullover zu kaufen wäre ohne tagesaktuellen negativen Corönchen-Test allerdings voll illegal gewesen. Zwar ist Bolle aus Prinzip so was von „negativ“ – und hätte das ausnahmsweise mal auch tagesaktuell belegen können. Allerdings wollte das dann überhaupt niemand mehr wissen. Einmal drin im Warenhaus – immer drin. Da zudem fast niemand sonst zugegen war, wurde das dann zum Einkaufserlebnis ganz eigener Art. Wann hat man schon mal ein ganzes Warenhaus für sich alleine? Ob das auf die Dauer wirtschaftlich wirklich Sinn macht, kann Bolle auch nicht sagen. Allerdings ist und bleibt er diesbezüglich eher skeptisch. Übrigens: bereits um 18 Uhr war Ladenschluß – so wie früher. Bolle findet ja, das reicht. Das aber ist dann doch schon wieder ein ganz anderes Kapitel.

Mo 26-04-21 Corönchen 2.0 — oder 2:0 für Corönchen?

Sich regen bringt nicht immer Segen.

Hinterher ist man immer schlauer. Der kluge Prophet wartet die Ereignisse ab. Im Volksmund wimmelt es nur so vor einschlägigen Weisheiten. Selbst die Pythia in Delphi hat es regelmäßig vorgezogen, mit ihren Orakelsprüchen lieber kuschelig im Ungefähren zu verbleiben. Man kann ja nie wissen. Allein Kassandra mußte immer gleich mit allem rausplatzen – und hatte dabei auch noch regelmäßig Recht. Allerdings war hier auch göttliche Magie in Gestalt des Apollon im Spiel.

Bolle jedenfalls kann sich noch sehr gut erinnern, wie vor etwa einem Jahr ein Medienschaffender berichtete, die Chinesen hätten ganz Wuhan, immerhin eine Stadt mit 8 Millionen Einwohnern, abgesperrt. Eine Maßnahme, die in westlich-freiheitlichen Ländern selbstredend völlig ausgeschlossen sei. So kann man danebenliegen als Prophet.

Kurzum: Seitdem ist einiges passiert. Man staunt, was alles möglich ist. Und man staunt, worüber sich alles staunen läßt. Rein medizinisch gesehen, und völlig frei von möglicher unzureichender Empathie mit den schwer Betroffenen, ist Corönchen ja wohl wirklich nicht die schlimmste aller möglichen Malaisen. Immerhin bemerkt der Löwenanteil der Infizierten (beider- bzw. allerlei Geschlechts, of course) nicht mal, daß er sich infiziert hat.

Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen dagegen reichen, wie wir alle wissen, sehr viel weiter – und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Noch hat Corönchen deutlich die Nase vorn: „2:0“ sozusagen, oder schlimmer. Zwar gibt es manche, die meinen, man müsse demnächst erst mal alle testen, um dann – Betonung auf „dann“ – wieder „Freiheit leben“ zu können. Bolle meint: „Freiheit leben“, das klingt ziemlich grün – und so war es denn ja auch.

So verständlich der Wunsch nach „back to normal“ auch sein mag: Ein wirklich tragfähiges Konzept ist das noch nicht. Da nützt es auch nichts, wenn man diesbezüglich die Anstrengungen verdoppelt. Wie spricht er gleich, der Dichter Wilhelm Busch? „Ist Leidenschaft das Wesen der Welt, so werden Schläge wohl mehr wirken als Worte. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.

Do 22-04-21 Das Volk der Dichter und Diener

Dienen nützt.

Zugegeben: Heinrich Heine versteht »dienen« hier in einem eher weiteren Sinne. Weit genug, daß ein jeder Esel sich einschlägig nützlich machen kann – und sei es auch nur im Kontrast. Andererseits – auch das müssen wir einräumen – war es mit Madame de Staëls [sprich: Stahl, mit norddeutscher Aussprache] Beschreibung der Deutschen als ›Volk der Dichter und Denker‹ auch nicht sehr viel weiter her. Madame de Staël galt, im Lande eines Molière oder auch Voltaire, als eher mäßig begabte Schriftstellerin – und so wurde ihr 1810 frisch verlegter Reisebericht »Über Deutschland« in Frankreich auch gleich wieder verbrannt und die Autorin zwecks Besserung erst mal des Landes verwiesen. Und? Was hat sie so gemeint? Sie hatte von einer „eigentümlichen Stille und Verschlossenheit“ der Leute berichtet und meinte, sie hockten des Abends bei Kerzenlichte in ihren engen Stuben und warteten darauf, daß es Zeit werde, schlafen zu gehen. Dichter und Denker, eben. Die Deutschen indessen fühlten sich durchaus geschmeichelt – und sind bis heute dabei geblieben.

Seit das, siehe nicht zuletzt Corönchen, mit dem Denken aber nicht mehr ganz so gut klappen will, muß eine frische Komplementärtugend her. Und da scheinen die Deutschen das Dienen wiederzuentdecken. Alle wollen dienen. Und wenn die Job Description das nicht hergibt – wir reden hier schließlich von Dienen auf höchstem Niveau, wie weiland Friedrich Zwo –, dann doch zumindest helfen, schützen oder retten, oder ganz zumindest fördern. Ein ganzes Volk hilfreicher Helfer. Kennen wa ja. Doch das führt hier zu weit.

Den aktuellen Vogel abgeschossen hat dabei mal wieder der Chef-Philosoph der Grünen. Er hätte, so läßt er verlauten, der Republik so gerne doch als Kanzler dienen wollen. Seine Ladies-First-Galanterie (vgl. dazu den Beitrag von vorgestern, Di 20-04-21 Na, nu wird’s Tach!) sei für ihn, allen Ernstes, der schmerzhafteste Tag seiner politischen Laufbahn gewesen. Bolle meint: Och Mensch. Mir is jottsjämmerlich zumute. Das aber ist dann doch schon wieder ein anderes Kapitel.